73 AusstellungsorteSo vielfältig war die 19. Kunstnacht in Leverkusen

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Das „Rote Haus“ war mit kunstvollen Graffiti verschönert worden.

Das „Rote Haus“ war mit kunstvollen Graffiti verschönert worden.

Tausende Besucherinnen und Besucher erfreuten sich an der Leverkusener Kunstszene.

Nur ganz wenige Werke der jungen Künstlerinnen und Künstler hatten an diesem Abend noch keinen roten Punkt. Und das war ein gutes Zeichen: Denn jedes Werk, das mit einem kleinen roten Klebepunkt versehen war, hatte bereits einen Käufer oder eine Käuferin gefunden, auch wenn es vermutlich die eigenen Eltern waren. Die Jungs und Mädchen der Kita an der Stralsunder Straße in Quettingen waren zum ersten Mal bei der Leverkusen Kunstnacht dabei und konnten mit ihren Actionpaintings, Seifenblasen und „Träumereien in Acryl“ gleich überzeugen.

An insgesamt 73 Orten konnten Leverkusenerinnen und Leverkusener am Freitag Kunst in ihrer Stadt bestaunen. Zum 19. Mal hatte die „Kulturstadt Lev“ das auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Kunstevent ausgerichtet.

Die Arbeiten der Kita-Kinder gehören zum offenen Konzept der städtischen Kita, wie Erzieherin Sandra Paul erzählte. Das heißt, die Kita bietet in ihrem Betrieb immer wieder Workshops zu verschiedenen Themen an. Die Kinder können dabei immer zu einem gewissen Teil mitbestimmen. „Und zum ersten Mal war es jetzt Kunst“, sagte Sandra Paul.

Ein Innenhof, Feuertonnen brennen.

Das Haus an der Siemensstraße soll demnächst abgerissen werden.

In Workshops konnten die insgesamt 115 Kinder jeden Tag eine andere Technik ausprobieren und danach aussuchen, was sie machen wollten. Ab dann war jeder Mittwoch Kunsttag, so die Erzieherin. Herausgekommen sind bunte „Actionpaintings“, also knallige Werke, für die die Kinder mit ganz verschiedenen Farben, Techniken und Utensilien arbeiten konnten. Nachdem sie die Leinwände zweimal grundiert hatten, nutzten sie Pinsel, tupften mit mit Farbe versehenen Luftballons, bemalten Luftpolsterfolie und drückten sie auf die Leinwände und nutzten sogar Spulen, um Farbe auf den Untergrund zu bekommen.

Etwas ganz anderes konnten die Kunstnacht-Besucher an der Siemensstraße 1a bestaunen. Im Innenhof des als „Rotes Haus“ benannten Backsteingebäudes prasselte Feuer in Tonnen und versetzte das Großkunstwerk in ein besonderes Licht. Bevor das Haus demnächst abgerissen wird, sollte es noch einmal so richtig strahlen. Künstlerinnen und Künstler hatten es mit Graffiti und Street-Art-Werken in ein imposantes Kunstobjekt verwandelt.

In der Remigius-Kirche konnten die Leute Werke von Gabriele Stolz und Irene Krol bestaunen.

In der Remigius-Kirche konnten die Leute Werke von Gabriele Stolz und Irene Krol bestaunen.

Auch die Remigius-Kirche wurde zum Kunstraum. Dort waren Werke von Gabriele Stolz, mal von biblischen, mal von weltlichen Gedanken inspiriert, und Öl-, Acryl- und Aquarell-Malereien von Irene Krol ausgestellt, die sich der Schöpfung als Thema angenommen hatte.

Im Sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ) an der Karlstraße schauten die Besucherinnen und Besucher gleich am Eingang in die durchdringenden Augen von Ulrich. Sein Nachname ist nicht bekannt, trotzdem gibt er in seiner Mimik viel von sich preis, wenn er die Augen zusammenkneift und die Hände schützend vor sein Gesicht hält.

Gemälde stehen auf einem Tisch.

Die St. Remigius Kirche in Opladen wurde für die Kunstausstellung genutzt.

Ulrich ist ein Gesicht der Depression („Face of Depression“), die Manfred Jasmund fotografisch festgehalten hat. Einen Gang weiter weinte Kerstin auf einem Bild. Vor dem beklemmenden Bild einer Frau, die in Folie eingewickelt ist und sich offenbar nicht befreien kann, standen Olivia Raulf und Kiara Nengelken. Die beiden jungen Frauen waren aus Essen gekommen und angetan vom Programm der Kunstnacht und den Fotografien von Jasmund. „Es ist gut, dem Thema mal ein Gesicht zu geben“, sagte Raulf. Denn viele Menschen redeten wohl nicht gerne darüber, meinte sie. „Das ist schon krass, aber sehr schön dargestellt“, fand Kiara Nengelken.

Dass die beiden aus Essen nach Leverkusen angereist waren, hatte aber nicht nur damit zu tun, dass sie sich gerne Kunst anschauen. Olivia Raulf war als Modell selbst Teil der Kunstnacht. Sie war auf einer Fotografie quasi nebenan zu sehen. In den Räumlichkeiten der Freien evangelischen Gemeinde Opladen Im Hederichfeld hatten die Fotofreunde Leverkusen einen Querschnitt aus ihrem Schaffen aufgebaut.

Leverkusen: Fotofreunde fotografierten Schmiede

Ein Thema waren unter anderem „Schmieden im Rheinland“. Gerhard Daniels war einer der Fotografen, die daran mitgewirkt haben. „Wir haben Schmiede in ihren Werkstätten besucht“, erzählte er. Herausgekommen sind großformatige Porträts von Handwerkern, die „freundlich und kreativ sind und einfach Spaß an ihrer Arbeit haben“, so Daniels.

Sie hatten einen Schmied an der Müngstener Brücke besucht, einen Kunstschmied in Odenthal, den Schmied des Freudenthaler Sensenhammers und eine Hufschmiedin. Die hatte es Olivia Raulf besonders angetan. „Man sieht daran: Die Menschen brennen für ihre Arbeit“, sagte sie. Im Zentrum der Ausstellung der Fotofreunde stand das Thema Brücken, aber eigentlich konnte „jeder, wie er mag“, seine Werke präsentieren, erklärte Daniels, der sich der biblischen Geschichte der Susanna im Bade angenommen und verschiedene Interpretationen davon fotografiert hatte.

Alles zu sehen, war für die Besucherinnen und Besucher der Kunst schlicht nicht möglich. Aber ob sie nun im SPZ, der Remigiuskirche, der Villa Zündfunke, dem Künstlerbunker, dem Erholungshaus oder in der Stadtbibliothek waren, eins war eindeutig: Die Kunst in Leverkusen lebt.

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