GrundstückeStadt Leverkusen kauft Bayer das nächste Stück der Kippe ab

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Auch wenn hier nicht nur saubere Erde liegt, kauft die Stadtverwaltung auch diese Grundstücke von Bayer.

Auch wenn hier nicht nur saubere Erde liegt, kauft die Stadtverwaltung auch diese Grundstücke von Bayer.

Die Stadt Leverkusen kauft Land von Bayer – darunter eine Altlast.

Die Stadt Leverkusen kauft Grundstücke in Wiesdorf und Hitdorf ein. Das geht aus einer Ratsvorlage hervor. Der Kauf beinhaltet unter anderem Teile der Dhünnaue, die Stadt übernimmt also ein weiteres Stück der alten Chemiemüllkippe von Bayer. Dennoch behandelt die Stadt Grundstücksangelegenheiten nach ihren Regeln grundsätzlich nicht-öffentlich. Die Unterlagen liegen dem „Leverkusener Anzeiger“ vor. Die Redaktion ist der Ansicht, dass ein öffentliches Interesse besteht, deshalb berichten wir darüber.

Die meisten der 48 Wiesdorfer Parzellen liegen am westlichen Stadt-Ende zwischen der Niederfeldstraße und der Rheinallee und um die Wiesdorfer Bürgerhalle herum. Das sind fast 16.000 Quadratmeter, wozu die dortigen Landesgartenschau-Gärten und die vom Jobservice betriebene Minigolf-Anlage gehört. Das Land ist in eine Vielzahl Einzelparzellen zergliedert, was historische Gründe hat, dort hat es ausweislich alter Karten Gartenland gegeben, ab 1923 wurden dort auch städtische Abfälle und solche aus dem Bayerwerk angeschüttet.

Leverkusen: Gebiet im Frühjahr 1991 untersucht

In dem Bereich liegt der älteste Teil der Ablagerung, genannt „Dhünnaue-Süd“. Im Zuge der „Entdeckung“ des giftigen Bayer-Erbes im vergangenen Jahrtausend hat man das Gebiet im Frühjahr 1991 untersucht. Im Gegensatz zu den anderen Teilbereichen der Dhünnaue soll es dort keine Grundwasserbeeinträchtigungen geben. Den Sanierungsexperten reichten 40 Zentimeter Bodenabdeckung als Sicherung an der Oberfläche aus, eine Folie baute man dort nicht ein.

Der Kämmerer Michael Molitor sagt, die Altlasten dort seien nicht vergleichbar zum Beispiel mit der Deponie Petersberg am Willy-Brandt-Ring. Diese geschlossene Schlebuscher Müllkippe wollte die Stadtverwaltung von Dynamit Nobel kaufen, musste aber von dem Plan vorerst zurücktreten, nachdem er im „Leverkusener Anzeiger“ öffentlich geworden war.

Warum kauft die Stadt Leverkusen eine Altlast?

Legendär ist eine Geschichte, als die Besetzer des Hauses Niederfeldstraße 8 hinterm Haus gruben und seltsame Chemieabfälle ausbuddelten. Der ehemalige Bewohner Detlev Stoller erinnert sich, dass dort eine wilde Kippe gewesen sein müsse. Blei und Cadmium habe man festgestellt. Auch diese Parzelle, die einen Eintrag im Altlastenkataster hat, kauft die Stadt. Der Kauf sei eine Maßnahme der Flächenkonsolidierung, sagt Molitor, ein Grundstückstausch, der diese Flächen beinhaltet, sei schon länger geplant und im Prozess.

Was will die Stadt mit diesem Land? Die Fläche solle dauerhaft als Grünfläche erhalten bleiben, sagt Molitor. Etwas anderes lässt sich dort auch kaum machen, das Grundstück liegt komplett in der heißen inneren Seveso-Zone und kommt deshalb praktisch als Bauland, etwa für Wohnungen, nicht infrage. Bestehende Häuser an der Niederfeldstraße genießen Bestandsschutz. Der Kaufpreis für die Kipp-Fläche aus den frühen Bayer-Jahren: immerhin 15 Euro für den Quadratmeter.

Ein Plan für das „Kreativquartier“

Ein Plan für das „Kreativquartier“

Zuletzt war immer wieder von der Entwicklung eines „Kreativquartiers“ zwischen der Kirche und der Niederfeldstraße die Rede; damit es damit weitergehen kann, kauft man die Grundstücke neben der Bürgerhalle, wo das „Kreativquartier“ entstehen soll. Zum Paket gehören Flächen an der Dönhoffstraße: die frühere FDP-Zentrale und ein Stück vor dem von der Tafel genutzten Bunker. Wozu? Molitor: „Wir brauchen Flächen zum Entsiegeln.“

Auch dazu gehört eine weitere Grünfläche mit Bäumen an der Fontanestraße in einer ganz anderen Ecke Wiesdorfs am Fuß der Fußgängerbrücke über den Willy–Brandt-Ring, die man heute nur über eine Treppe nutzen kann. Platz für eine künftige Radweg-Rampe?

Ein dritter Bestandteil des Handels sind 15 Hektar Felder in Hitdorf. Die braucht man, weil sie sich für Windräder eignen. Leverkusen und Monheim wollen gemeinsam einen kleinen Windpark bauen. Diese Felder liegen neben dem Naturschutzgebiet Buschbergsee, weshalb Naturschutzverbände wegen des Vogelschutzes das Energieprojekt ablehnen – an dieser Stelle.

Dass die Stadt Grundstücke kauft, war nicht immer so. Unter dem vorherigen Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn galt genau das Gegenteil. Der damalige Oberbürgermeister griff noch nicht einmal zu, als die Familie von Diergardt den für die Stadt wichtigen Bürgerbusch verkaufte. Ein Porzer Immobilienhändler kaufte den Wald schließlich.

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