Etwa 200 Wohnungslose gibt es derzeit in Leverkusen.
Kapazitäten werden knappWie die Stadt Leverkusen der Wohnungslosigkeit begegnet

Der Eingang zur Notschlafstelle der Caritas an der Schießbergstraße
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Knapp 200 wohnungslose Menschen gibt es derzeit im Leverkusener Stadtgebiet. Das geht aus einer Mitteilung der Stadtverwaltung an die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Senioren hervor. Unter dem Betreff „Weiterentwicklung der Betreuung und Unterbringung im Rahmen der Wohnunungslosenhilfe“ soll die Verwaltung beauftragt werden, in Kooperation mit Institutionen wie Caritas und Suchthilfe das derzeitige Personal- und Betriebskonzept für die Unterbringung von Wohnungslosen weiterzuentwickeln.
195 Menschen sind derzeit in Einrichtungen der Stadt und des Caritasverbandes Leverkusen untergebracht. Die Notschlafstelle der Caritas ist derzeit mit 17 Personen belegt, das Hotel Atrium mit 18 Personen voll und im Haus Gezelinus ist noch ein Platz frei. 16 Personen sind derzeit an der Manforter Straße untergekommen, 17 an der Hermann-Löns-Straße, 61 im Altbau an der Sandstraße und 17 in Containern dort.
Erste Anlaufstelle ist die Notschlafstelle in Wiesdorf
Erste Anlaufstelle für alleinstehende Erwachsene, die wohnungslos geworden seien, soll die Notschlafstelle der Caritas in Wiesdorf sein. Sie ist jeden Tag von 20 bis 8 Uhr geöffnet und soll den Menschen erst einmal ein Dach über dem Kopf bieten. Ausgelegt sei der Aufenthalt dort eigentlich nur für einen kurzen Zeitraum, allerdings dauere der in der Realität häufig doch länger. Das hat Folgen: „Aufgrund der Räumlichkeiten und der äußeren Rahmenbedingungen ist die Situation für die Betroffenen in der Notschlafstelle häufig konfliktbeladen“, schreibt die Stadt. An der Notschlafstelle gibt es eineinhalb Stellen für pädagogische Fachkräfte, zweieinhalb Betreuungskräfte sowie Reinigungskräfte.
Die Situation ist für die Betroffenen in der Notschlafstelle häufig konfliktbeladen
Duschen, sich waschen oder aufwärmen können Wohnungslose von 8 bis 20 Uhr im Tagestreff in der Nähe der Notschlafstelle. Der Tagestreff biete keinen Wohnersatz, so die Verwaltung. Um langfristige Lösungen zu finden, bietet die Caritas Hilfe im Orientierungshaus Atrium und im Haus Gezelinus. Im Haus Gezelinus finden unter anderem Menschen Unterschlupf, die psychisch und physisch krank oder alkoholabhängig sind. Eineinhalb sozialpädagogische Fachkräfte, eine Ergotherapeutin und die Einrichtungsleitung sollen ein „weitgehend eigenständiges und selbstbestimmtes Leben“ ermöglichen.
Leverkusen: Die Kapazitäten reiche nicht mehr
In den städtischen Unterkünften an der Sand-, der Heinrich-Claes-, der Hermann-Löns und der Manforter Straße werden unter anderem körperlich eingeschränkte Menschen, Menschen mit Pflegebedarf, psychisch erkrankte und suchtkranke Menschen untergebracht.
Nicht sicher in diesen Einrichtungen fühlen sich nach den Auskünften der Stadt allerdings alleinstehende Frauen. Auch zwischen Familien in der Unterkunft und anderen Bewohnern träten Konflikte auf. Häufig auch mit dem Sicherheitsdienst. Und die Kapazitäten für Wohnungslose reichten bald nicht mehr aus. Ein Problem: Diese Gruppe ist aus medizinischer Sicht nicht heterogen, die Krankheitsbilder sind verschieden. Bei einigen Krankheitsbildern oder Suchtproblematiken seien manche Menschen nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen und mit anderen sozialverträglich zusammenzuleben, „es mehren sich die Zahlen von Gewaltandrohungen bis hin zu Gewaltdelikten an Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern und dem Betreuungspersonal“.
Einen Hausmeister und je eine halbe Stelle für Einrichtungs- und Sozialbetreuung sieht der derzeitige Personalschlüssel für eine Unterkunft mit 80 bis 100 Plätzen vor, dazu einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr. Die Hälfte für eine Unterkunft zwischen 55 und 79 Plätzen und eine stundenweise Betreuung bis 55 Plätze. Dieser Schlüssel gilt nur, wenn sich die dort untergebrachten Personen selbst versorgen und ihren Alltag bewältigen können. Um auch die Unterbringung von Geflüchteten dort zu gewährleisten, arbeiten dort auch Heilerziehungspflege- und Erziehungskräfte. „In der ersten Erprobungsphase konnte festgestellt werden, dass diese engmaschige Begleitung von Personen mit vielfältigen sozialpsychiatrischen Problemlagen sowie Suchtproblemen zu einer deutlichen Stabilisierung geführt hat“, teilt die Stadt mit.
Die Verwaltung kündigt nun an, ein „Konzept zur niederschwelligen Betreuung von Einzelpersonen mit schweren psychosozialen Problemlagen und/oder Suchtproblematiken mit einem gestärkten Personalschlüssel erarbeiten“. Heißt: Die Stadt braucht mehr Personal.
Außerdem soll ein Pilotprojekt auf die Beine gestellt werden, in dem Wohnungslose, die in der Lage sind, einen Mietvertrag abzuschließen, die Möglichkeit erhalten, „begleitet wieder in den eigenen vier Wänden ein Zuhause zu finden“. Dafür müssten Verwaltung, Hilfeträger und private Investoren zusammenarbeiten. Die verschiedenen Akteure sollen sich demnächst zudem an einem „Runden Tisch“ zusammenfinden.
Wohnungslos ist nicht gleich obdachlos
Wohnung- und Obdachlosigkeit werden häufig verwechselt. Wohnungslos sind Menschen, die keine Mietwohnung oder eigenen Wohnraum haben, und vorübergehend bei Bekannten, Verwandten, oder in Einrichtungen unterkommen. Obdachlose Menschen sind solche, die im öffentlichen Raum übernachten, zum Beispiel in Parks, Gärten, U-Bahnhöfen. (nip)