In der Friedenskirche entfacht der Kabarettist ein wohliges Gefühl der Solidarität.
SchlebuschWilfried Schmicklers triumphaler Heimsieg in Leverkusen

Bronchitis, na und? Wilfried Schmickler hat sich zwei Stunden in der Friedenskirche abgearbeitet, mit Erfolg.
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Auf ärztlichen Rat den Mund halten? Wegen einer mittelschweren Bronchitis? Für Wilfried Schmickler ist das drei Wochen vor seinem 71. Geburtstag keine Option. Erst recht nicht, wenn er sich auf seiner „allerliebsten Lieblingsrheinseite“ aufhält. Die ist für einen gebürtigen Hitdorfer selbstverständlich rechts vom Strom.
Der Auftritt am Freitagabend in Schlebusch ist auch deshalb kein Gast-, sondern ein Heimspiel für den Kabarettisten. Die Friedenskirche ist voller als bei der Weihnachtsmesse, eilends werden noch Stühle herbeigeschafft. Weil die in der Mitte im Fluchtweg stehen würden, kommen Nachzügler in die erste Reihe. Das bleibt nicht so: Diejenigen, die plötzlich doch auf ihre Hinterköpfe schauen müssten, dürfen wieder ganz nach vorn. Das ist Nächstenliebe, das ist Solidarität. Und das gehört sich so. Erst recht, wenn gleich Schmickler auftritt.
Zwei Stunden netto in Schlebusch auf der Bühne
Der ist bei allem Witz und aller Schnellsprecherei ein großer, ehrlicher Moralist. Und echter Arbeiter. Zwei Stunden netto malocht er, obwohl er anfangs tatsächlich ein bisschen angeschlagen wirkt. Man will gar nicht wissen, wie der 70-Jährige sich an diesem Abend fit gemacht hat für die Bühne.
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Jedenfalls: Je länger er sein jüngstes Programm „Herr Schmickler bitte“ variiert, desto atemloser macht er das Publikum. Manchmal vor Lachen. Oft genug aber auch, weil die Zuhörer seinen extrem schnell vorgetragenen Satzkaskaden in seinem unnachahmlichen Sprechgesang kaum folgen können. Vieles müsste man eigentlich noch einmal aufgeschrieben sehen, um zu erfassen, wie Schmickler Sinn zu Unsinn, Recht zu Unrecht und das Ganze wieder andersrum macht. Das ist frappierend, das ist ziemlich großartig.
Billiger Witz? Nur auf den ersten Blick
Wenn der Rheinländer Schmickler über die vor allem in Ostdeutschland verortete Befindlichkeit redet „schon zu kurz auf die Welt gekommen zu sein“, ist das natürlich polemisch. Aber der Witz wirkt nur auf den ersten Blick ein bisschen billig, weil: Schmickler macht ihn an seiner Tante Hilde fest. Also zeigt ein Finger auf ihn selbst zurück. So viel Feinheit muss sein.
Das gilt aber nicht immer. Ein aus Schmicklers Perspektive schlimmer Mann wie Jens Spahn kriegt genauso eins auf die Zwölf wie „der langhaarige Alleswisser“ Richard David Precht. Der „Philosoph“ ist für den Kabarettisten eine dauerschwafelnde Luftpumpe.
Sauerland ist Powerland.
Genauso wenig hat Schmickler es mit dem oft schwergewichtig daher redenden Bundeskanzler. Kabarettisten dürfen, anders als Journalisten, Witze mit Namen machen. Also ist die Rede vom „Merzias“, dem vorgeblich lebenden Beweis für „Sauerland ist Powerland“. Wenn er lässt seinen Blick nach rechts schweifen lässt, blieben Schmickler kurz bei der CSU hängen: „Und wenn du denkst, es geht nicht blöder, kommt dann doch der Markus Söder.“
Über das, was noch weiter rechts gesprochen und gedacht wird, hat sich der Kabarettist erkennbar viele Gedanken gemacht. Sie haben ihn – auch – zu der Frage geführt, wovor all diese AfD-Sympathisanten und -Wähler eigentlich Angst haben. In diesem Land voller Überfluss? In diesem Land voller Sicherheit? Antworten werden ihnen an diesem Abend an dieser Stelle nicht gegeben. Kabarett ist keine rechte Veranstaltung.
Viel mehr macht sich, je länger Wilfried Schmickler seine Botschaften sendet, ein schönes Gefühl von Solidarität und Rechtschaffenheit breit in der Friedenskirche. Um so mehr fruchtet des Kabarettisten letzter Appell: „Seien Sie zivil, aber ungehorsam.“ Sehr gerne.

