Alba Berlin hat 2021 „Sport vernetzt“ gegründet, um Kinder zum Sport zu bringen. Leverkusen ist jetzt einer von 57 Standorten deutschlandweit.
Start in SteinbüchelLeverkusen wird Teil von bundesweitem Sport-Netzwerk

„Sport vernetzt“-Stunde mit Kita-Kindern und Grundschülern in Mathildenhof
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Uwe Pulsfort gibt einen kleinen Einblick in die Kabine der Bayer Giants. Genauer gesagt, in die Tür: Über der hängt eine Scheibe, die jeder der Basketballspieler auf dem Weg zum Spielfeld einmal abklatscht. „I’m logged in“ – Ich bin da, körperlich und geistig voll fokussiert auf die Aufgabe, bedeutet das. „Das wünsche ich mir auch, dass wir hier am Ende rausgehen und jeder sich einloggt in dieses Projekt – sie müssen auch nicht gegen den Türrahmen hauen“, sagt Sprecher der Bayer Giants und des TSV Bayer Leverkusen.
Das Projekt heißt „Sport vernetzt“ und ist 2021 aus den Reihen von Alba Berlin entstanden. Die Hauptstadt-Basketballer sind deutschlandweit als Förderer des Kindersports bekannt, spätestens, seit sie in der Corona-Pandemie mit dem Videoangebot „Albas Sportstunde“ Tausende Kinder und Jugendliche im Wohnzimmer bewegt und begeistert haben.

Projektleiter Igor Ryabinin erklärt, dass es nicht darum geht, Spitzensportler zu finden, sondern alle Kinder zu „Sportbürgern“ zu machen.
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Auf Initiative von Omar Rahim, Vertriebsleiter der Giants, ist nun auch Leverkusen einer von bundesweit 57 Standorten von „Sport vernetzt“. Der hat bei dem Berliner Projektleiter Igor Ryabinin angerufen – wenige Monate später steht Ryabinin auf einer kleinen Bühne in der Astrid-Lindgren-Grundschule in Mathildenhof und erklärt, worum es bei „Sport vernetzt“ geht. Etwa ein Drittel aller Kinder werde über das Elternhaus zum Sport gebracht. Ein weiteres Drittel, zu dem er sich auch zählt, über „glückliche Zufälle“. „Wenn den kleinen Igor nicht in der zweiten Klasse ein Sportlehrer angesprochen hätte und gesagt hätte, geh doch mal zu dem Basketballverein, hätte er das vermutlich nie gemacht“, berichtet Ryabinin aus eigener Erfahrung. Und ein weiteres Drittel kommt durch unglückliche Umstände nie zum Sport.
Wenn sie ein Kind kennen, das aus finanziellen Gründen nicht zum Sport geht, rufen sie mich an, ich bin mir sicher, dass jeder Verein in Leverkusen eine Lösung finden wird.
Schulleiterin Doris Hartlep kennt diese Umstände: „Fehlende Angebote im direkten Wohnumfeld, die Eltern sind zeitlich stark eingebunden, finanzielle Hürden und fehlende Motivation“, listet sie auf. Da grätscht TSV-Geschäftsführerin Anne Wingchen rein: „Fehlende finanzielle Mittel dürfen nie eine Hürde sein“, appelliert sie. „Es gibt den Bildungsgutschein und andere Möglichkeiten. Wenn sie ein Kind kennen, das deswegen nicht zum Sport geht, rufen sie mich an, ich bin mir sicher, dass jeder Verein in Leverkusen eine Lösung finden wird.“ Dafür gibt es Applaus aus dem Publikum.
Aber eben jene Kinder zu erreichen, die aus verschiedensten Gründen nicht zu einem Sportverein finden, ist das Ziel von „Sport vernetzt“. Ein möglichst breites Netzwerk in einem eng begrenzten sozialen Umfeld zu schaffen, das kostenfreie Angebote dahin bringt, wo die Kinder sind: In die Schulen und Kitas, vielleicht künftig auch in Parks und auf Bolzplätze.
Als ersten Standort haben Verein und Stadt gemeinsam Mathildenhof ausgemacht. Hier profitieren die Astrid-Lindgren-Schule und die Kita Spreestraße von wöchentlich je zwei Bewegungseinheiten, die der Verein anleitet. Besonders toll für die Kita-Kinder: In einer „Übergangsgruppe“ machen die Vorschulkinder gemeinsam mit Erstklässlern Sport und lernen so bereits ihre neue Schule, Kinder und Mitarbeitende kennen. Unter einem bunten Schwungtuch werden nicht nur die Muskeln trainiert, sondern auch erste Freundschaften geknüpft.
Wichtig ist dem TSV, dass es bei der Initiative darum geht, Kinder in Bewegung zu bringen, oder wie „Sport vernetzt“ es ausdrückt: „Sportbürger und Sportbürgerinnen“ aus ihnen zu machen. Nicht speziell um Basketball und vor allem nicht um Mitgliedergewinnung. „Wir als großer Verein mit einer hauptamtlichen Führung haben die personellen Möglichkeiten, das anzuschieben“, sagt Wingchen. Es seien aber alle Leverkusener Vereine aufgerufen, sich zu melden und zu beteiligen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Auch der Stadtsportbund ist aktiv in das Projekt eingebunden.
Denn es soll nicht bei Steinbüchel bleiben. „In Abstimmung mit der Stadt werden wollen wir weitere Standorte ausfindig machen, an denen es noch nicht so viele Angebote gibt“, sagt Pulsfort.
Bis das Niveau von Berlin erreicht ist, ist allerdings noch viel zu tun: Im „Sport vernetzt“ -Modellstandort Berlin-Gropiusstadt (38.000 Einwohner) arbeiten mittlerweile 12 Trainer an acht Partnerschulen und 13 Kitas und bringen dabei 1500 Kinder pro Woche in Bewegung.