Leverkusener EnsembleL'Arte Del Mondo spielt einen ziemlich modernen „Perseus“

Dirigent Werner Erhardt und sein Ensemble taten sich unter anderem mit Poetry Slammerin Leticia Wahl (links) zusammen.
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Leverkusen – Salopp gesprochen: Diese Sache mit altertümlichen Texten kennt jeder aus der Schule – und nicht alle Erinnerungen daran sind schön. Zu häufig ging es um seltsam gestochene Sprache, verschwurbelte Dialoge – und eine Handlung, die manchmal hanebüchener als so manch überzogener Hollywood-Blockbuster ist.
In diese Kategorie der aus der Zeit gefallenen Texte gehört nun auch die melodramatische Sage „Andromeda und Perseus“, geht es darin doch um Andromeda, die auf Order der Götter für die Egozentrik und Selbstverliebtheit ihrer Mutter Kassiopeia getötet werden soll. Das Seeungeheuer Keto wird geschickt, das Urteil zu vollziehen. Perseus jedoch findet die angekettete Schönheit und rettet sie.
Die typische Erhardt-Weise
Der Komponist Anton Zimmermann (1741-1781) nahm sich dieses Stoffes einst an und überführte ihn in Musik. Und wahrscheinlich wäre es das auch schon gewesen und der Deckel auf der Sache – wenn es da nicht den Leverkusener Dirigenten Werner Erhardt und sein Ensemble L’arte Del Mondo gäbe. Er nahm sich mit seinen Musikerinnen und Musikern für die Bayer-Kultur nämlich der Sage und der Komposition an – und tat dies auf die für ihn so typische Weise.
Erhardt ist Freund des Crossover. Einer, der keine Genregrenzen kennt und sich – sobald er die Wahl hat – immer für den abseitigeren Weg entscheiden würde. „Ich meine: Ich liebe Tschaikowskis Fünfte oder Beethovens Dritte. Aber die kennt jeder. Warum soll ich sie also immer und immer wieder spielen? Ich möchte Kunst lebendig halten und nach Neuem und Unbekanntem suchen“, sagt er.
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Und das tat er eben einmal mehr: Erhard grub Zimmermanns nahezu vergessenes Werk aus, lud sich den Poetry Slammer Sulaiman Masomi sowie die Lyrikerin Leticia Wahl hinzu – und drehte die Sache mit „Andromeda und Perseus“ einmal auf links.
Kluge und kreative Köpfe
Im Forum, wo das Stück nun vom WDR aufgenommen wurde und offenbarte, was möglich ist, wenn kluge, kreative, nicht auf Biegen und Brechen dem sattsam Bekannten verpflichtete Köpfe sich einer Sache annehmen: Wahl las die Andromeda-Worte in der ursprünglichen Version. Masomi hingegen überführte den Part des Perseus in eine Mischung aus neudeutsch-denglischem Jugendsprech: Er dichtete dem durch die Zeit reisenden Protagonisten zwischen „chillen“ und „strugglen“, „Andromeda safen“ und der Feststellung, dass die Arme „wie in der Antike üblich für die eigene Sippe den Kopf hinhalten musste“, eine krude Vita im Berlin-Neuköllner Ghetto an. Und Erhardt spielte mit seinem Ensemble dazu Zimmermanns Musik. Kurzum: Antike traf auf 18. Jahrhundert traf auf Neuzeit.
Unverschämte Nonchalance
Schief ging das bemerkenswerterweise nicht. Im Gegenteil: Es passte hervorragend. Weil man nämlich vor allem Masomi trotz der unverschämten Nonchalance jederzeit den Respekt vor dem alten Stoff und dessen literarischer wie musikalischer Größe anhörte – und abnahm.
Die Aufnahme soll im September gesendet und später auch vor Publikum aufgeführt werden.