Leverkusener JazztageDikka rappt für die jungen Musikfans

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Konzert von Dikka (Rapmusik für Kinder) im Forum bei den Leverkusener Jazztagen.

Dikka und sein Kollege DJ Löwe heizen ihren jungen Fans ein.

Im Forum stand am sechsten Tag der Jazztage Rap auf dem Programm. Mit viel „Boom Schakkalakka“ und für mehrere Hundert begeisterte Kinder.

Nein: An diesem Konzert ist rein gar nichts so, wie sonst, wenn es im Terrassensaal des Forums anlässlich der Jazztage rund geht. Es geht nämlich noch viel mehr rund. Und das um fünf Uhr am Nachmittag. Was bedeutet: Drei bis vier Stunden vor der eigentlichen Musik-Prime-Time dieses Festivals. Fünf Uhr am Nachmittag: Das ist an Konzerttagen ja eigentlich das typische Musik-Niemandsland. Zu dieser Zeit kommen die Jazztage-Stars an normalen Jazztage-Tagen nach einem kleinen Mittagsschläfchen in den Katakomben gerade raus zum Soundcheck, ehe sie sich dann nochmal zum Dinieren verkrümeln und sich mit Yoga, autogenem Training, Stimm- und Fingerübungen oder was für persönlichen Marotten und Vorlieben auch immer für den Gig am Abend fit machen.

„Boom Schakkalakka“ im Saal

An diesem Tag aber ist im Terrassensaal zu dieser frühen Stunde „Boom Schakkalakka“ angesagt. Und zwar laut und schrill. Dort, wo in den Tagen zuvor Philipp Poisel mit tränenerstickter Stimme die Keule der Melancholie geschwungen und Beth Hart sich durch dreckigen Blues’n’Roll gewühlt hat, steht jetzt ein Rhinozeros auf der Bühne. Rappt zu Beats, die ein Löwe am Turntable schräg dahinter erzeugt. Und lässt sich von einigen Hundert Kindern ordentlich feiern. Um seinen dicken Hals baumelte dabei eine dicke, goldene Rap-Star-Bling-Bling-Kette mit seinem Namen: Dikka.

Dass Dikka im normalen Leben nicht Dikka heißt, sondern wahlweise Sera Finale (Künstlername) oder Simon Müller-Lerch (bürgerlich), ist klar. Und dass er kein Rhinozeros, sondern ein Rapper, Songschreiber und Produzent ist, ebenfalls. Nicht zu knapp ist er all das sogar, denn: Sera Finale schrieb schon Lieder für Andreas Bourani, Sido, Schlagersängerin Andrea Berg und die deutsche Rock-Ikone Udo Lindenberg und landete somit bereits mehrfach in den Charts.

Sera Finale alias Dikka ist bei den Kindern ein Star

Zudem widmete er sich in Bands wie Gang Starr oder Keule höchstselbst dem Sprechgesang. Aber in den vergangenen Jahren hat sich der Berliner eben vor allem als Dikka einen Namen beim Musik-Fan-Nachwuchs gemacht und generiert bei den sattsam bekannten Streaming-Diensten Millionen von Klicks mit Rap-Songs für Kinder, bei denen ihm DJ Löwe oder MC ABZebra assistieren. Und: Diese Kinder singen jede Zeile mit.  

Konzert von Dikka (Rapmusik für Kinder) im Forum bei den Leverkusener Jazztagen.

Die Bühne ist bunt geschmückt, wenn Dikka und ABZebra zum Konzert bitten.

Mitmachen, Mitwackeln, Mitklatschen

Sie fühlen sich ja angesprochen von dem, was ihr Dikka ihnen da so entgegenschleudert mit einer guten Laune, die größer und unerhörter nicht sein könnte und die zwangsläufig zum Mitmachen, Mitwackeln, Mitklatschen, Mitsingen animiert. Durchgehend. „Ich mach' heut' alles, was ich will. Ich bin heut' alles außer still. Heute macht keiner, was wer soll. Und Mama und Papa haben die Hosen voll“, rappt Dikka und ruft zum Bügelbrettsurfen oder zum Umstellen des elterlichen Handys auf die chinesische Sprache auf. Er fordert – angelehnt an das One-Hit-Wonder Vanilla Ice – „Ich will Eis, Eis, baby!“ Und er stürmt imaginär die nächste Süßwarenabteilung mit dem Motto: „Ey, yo, Hip zum Hop! Ich geh' in den Candy-Shop!“

Konzert von Dikka (Rapmusik für Kinder) im Forum bei den Leverkusener Jazztagen.

Viele junge Fans verfolgten das Konzert auf den Schultern von Mami oder Papi sitzend.

Dazwischen gibt es massenweise Mutmacher-Ansagen an seine jungen Fans, die vor der Bühne zappeln oder auf den Schultern von Mama und Papa sitzen und gebannt lauschen: „Ihr seid die Zukunft der ganzen Welt! Für Euch machen wir Musik. Damit Ihr stark und frech werdet!“ Und prompt folgt der nächste Refrain mit Frage-Antwort-Spielchen: „Was wollt Ihr werden, wenn Ihr groß seid?“ Ganz klar: „Glücklich! Einfach glücklich!“ Auch Jazztagechef Fabian Stiens hat sich für die Dauer dieses besonderen Konzertes, mit dem er nach eigener Aussage auch junge Menschen für Musik zu begeistern hoffe, einmal rausgezogen aus dem Organisations-Trubel. Er steht da. Hört zu. Singt. Und wippt lachend mit dem eigenen Nachwuchs auf der Schulter zum Beat. 

Konzert von Dikka (Rapmusik für Kinder) im Forum bei den Leverkusener Jazztagen.

Klare Ansage an die Erwachsenen: Benehmt Euch – heute bestimmen die Kinder!

Es geht um Werte und Humor

Das alles hat mit Jazz natürlich nichts zu tun. Ebenso wenig, wie es mit dem proletenhaften, oftmals Grenzen des Anstands pulverisierenden Gangsta-Rap zu tun hat. Aber so ein Konzert von Dikka hat dafür extrem viel mit dem Vermitteln von Werten, von Selbstbewusstsein, von Nächstenliebe und – auch nicht ganz unwichtig – gesundem Humor zu tun.

Draußen vor dem Eingang zum Forum warnt beispielsweise ein Plakat: „Erwachsenen ist der Eintritt nur in Begleitung von Kindern gestattet – es sei denn, sie sind selber noch Kind!“ Es gibt überall bunte Treffpunkt-Schilder für den Fall, dass ein Kind einmal allzu euphorisch sein und sich beim Tanzen im großen Forum verirren sollte. Es liegen Gummibärchen zum Naschen aus. Und Liam, der vor zwei Tagen sechs Jahre alt wurde und heute mit seinen Freunden und Eltern hier im Forum Geburtstag nachfeiert, dürfte vielen, die zu dieser Sause gekommen sind, aus der Seele sprechen, wenn er kurz und knapp das Konzert rezensierend urteilt: „Dikka ist krass!“ 

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