Leverkusener KonzernBayer muss Forscher besser behandeln

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Das Bayer-Kreuz, vom Kurtekotten aus gesehen

Das Bayer-Kreuz in Leverkusen strahlt nicht mehr besonders hell. Das liegt auch an einer reformbedürftigen Unternehmenskultur.

Der Fall des Ciprobay-Erfinders Klaus Grohe erklärt auch die Misere des Unternehmens. Ein Kommentar.

„Finden 'se nix, dann haben 'se auch keinen Ärger“ – den Satz eines Kollegen aus dem Bayer-Labor hat Klaus Grohe allzu gut im Gedächtnis behalten. Leider. Denn der Ratschlag hat sich über Jahrzehnte bewahrheitet. Der Schlebuscher, nach dessen Methode dann nicht nur der Bayer-Blockbuster Ciprobay gebaut wurde, sondern auch viele andere Antibiotika, musste neben seinem Forscher- auch ein Anarchisten-Gen entwickeln, um seine am Ende bahnbrechende Idee verwirklichen zu können.

Thomas Käding

Thomas Käding

Redakteur in Leverkusen und kümmert sich dort um Wirtschaft, das politische Geschehen und alles, was sonst noch interessant ist. Studienabschluss in Politischer Wissenschaft, Sozial- und Wirtschaftsge...

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Zwangsversetzung und ein verordneter Forschungsstopp: So ging Bayer, das sich doch so gern als „Erfinderunternehmen“ bezeichnet, mit Klaus Grohe um, als der im Begriff war, die Antibiotika-Herstellung zu revolutionieren. Die Milliarden-Umsätze allein mit Ciprobay, die den Konzern während der Lipobay-Katastrophe kurz nach der Jahrtausendwende stabilisierten, hat Bayer natürlich allzu gern genommen.

Sehr spät benennt Bayer die Fehler

Es scheint leider bezeichnend, dass Bayer sich erst mit dem Abstand eines knappen Vierteljahrhunderts ehrlich gemacht und einen Aufsatz veröffentlicht hat, in dem nicht nur die Grohe-Methode beschrieben, sondern auch deutlich gesagt wird, welche Steine man dem Erfinder in den Weg gelegt hat. 2020 war das. Interessanterweise das Jahr, zu dessen Beginn Karl-Heinz Büchel gestorben war, der Bayer-Forschungsvorstand, unter dem Klaus Grohe am heftigsten behindert wurde.

Doch auch jetzt, wo er 90 Jahre alt wird, hat der Erfinder und Forscher Klaus Grohe Bayer noch nicht aufgegeben. Dass der neue Vorstandschef Bill Anderson sich den üppigen kaufmännischen Mittelbau des Konzerns vornehmen und verschlanken will, kann ein Vollblut-Chemiker wie Grohe nur sinnvoll finden. Deshalb hat er Anderson, der den schlingernden Giganten Bayer ganz schnell sanieren muss, einen Brief geschrieben. Man kann nur hoffen, dass die Tipps des Professors aus der Waldsiedlung nicht irgendwo in der Bayer-Verwaltung an der Kaiser-Wilhelm-Allee stecken bleiben.

Dass ein Erfinder-Unternehmen seine Kaufleute viel besser bezahlt als seine Forscher, könnte einer der Gründe sein, warum es seit langem hakt bei Bayer. Vielleicht ist auch das ein Reform-Ansatz für Bill Anderson. Der ist von Haus aus Chemiker – sein Vorgänger Werner Baumann ist Betriebswirt. Und sitzt jetzt im Aufsichtsrat des US-Pharma-Großhändlers Amerisource-Bergen. Ein gutes Betätigungsfeld für den Ex-Bayer-Chef – vielleicht sogar das bessere.

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