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Leverkusener Politikerin„Als Frauenrechtlerin ist man in den USA nicht mehr willkommen“

Lesezeit 4 Minuten
Blick in den Versammlungssaal der UN.

Milanie Kreutz im UN-Hauptquartier in New York.

Die Leverkusener SPD-Politikerin Milanie Kreutz war als Teil einer Regierungsdelegation bei der UN-Frauenrechtskommission in New York. 

Wie ist es, als Frauenrechtlerin in den von Donald Trump regierten USA einzureisen? „Extrem unangenehm“, sagt Milanie Kreutz, die als Vorsitzende der Bundesfrauenvertretung des Deutschen Beamtenbundes (DBB) bereits zum dritten Mal an der UN-Frauenrechtskommission in New York teilgenommen hat. „Ich bin immer über JFK eingereist, es hat nie Probleme gegeben“, sagt die Leverkusener SPD-Fraktionsvorsitzende.

Auch bei ihrer ersten Konferenzteilnahme sei Trump an der Macht gewesen, damals habe man davon nichts gespürt. Dieses Mal sei alles anders gewesen: Neben umfassende Dokumenten-Kontrollen sei sie gefragt worden, warum sie immer in der gleichen Woche nach New York reise – der Woche des Weltfrauentages. „Man hat einfach deutlich gespürt, dass man nicht willkommen ist.“ 

Schikane von Transfrauen

Noch weniger willkommen als sie waren offensichtlich Transfrauen in der Delegation. „Ihnen ist am Tag vorher gesagt worden: Wenn sie divers angekreuzt haben, müssen sie jetzt nochmal ihr Geburtsgeschlecht nachreichen und dann entscheiden wir vor Ort, ob sie einreisen dürfen, oder nicht.“ Die offensichtliche Schikane hat Erfolg: Diese Frauen haben die Reise nicht angetreten.

Auch in den Verhandlungen habe sie den Trump-Einfluss deutlich gespürt: „Die US-Vertreter in den Verhandlungsgruppen waren sehr zurückhaltend, sobald es um Diversity ging.“ Diese extreme Antihaltung gegen Vielfalt zeige bereits Wirkung. „Das macht mir große Sorgen.“ Wie es mit der Frauenrechtsrechtskommission weitergeht, ist ungewiss: „Die Trump-Regierung deutet an, dass sie diese Art von Versammlungen der UN nicht mehr unterstützen will.“  

Der Fortbestand wäre extrem wichtig, sagt Kreutz. Die Vereinbarungen, die hier zwischen den verschiedenen Ländern getroffen werden, müssen auch die deutschen Ministerien umsetzen. „Zum Beispiel ist das neue Gewalthilfegesetz Ausfluss davon, auf das ich sehr stolz bin“, sagt die Frauenrechtlerin. Ein anderes Beispiel sei die Vereinbarung, Algorithmen bei Social Media strenger gegen Diskriminierung zu überwachen. „Auch die Situation geflüchteter Frauen ist ein Thema, das mich als Kommunalpolitikerin natürlich auf mehreren Ebenen berührt.“

Wehrpflicht für Frauen in Leverkusen?

Überhaupt gebe es viele Themen, denen sie sich in ihrem Amt als DBB-Frauenvertreterin widmet, die direkte Auswirkungen auf ihre Arbeit in Leverkusen haben. Etwa die Wiedereinführung der Wehrpflicht – eventuell auch für Frauen – und eines „Gesellschaftsjahres“. „Ich sage nicht, dass ich dagegen bin, dass es so eine Verpflichtung auch für Frauen und Mädels gibt, man muss das diskutieren“, sagt Kreutz. „Aber: Frauen machen schon ganz viel für die Gesellschaft, sie übernehmen 80 Prozent der Care-Arbeit. Wie wird das in ein Verhältnis gebracht?“

Wenn jeder seinen Gesellschaftsanteil liefern muss, müsse man das auch über eine Lebensperspektive diskutieren. „Das ist auch für uns als Stadt, als Wirtschaftsstandort ein wichtiges Thema.“ Frauen werden als Arbeitskräfte gebraucht, deswegen ist nicht nur zuverlässige Kinderbetreuung ein elementares Thema, sondern auch die Frage der Betreuung ältere Menschen. „Wie will man die Wirtschaft ankurbeln, wenn die Frauen nicht den Rücken freihaben?“

Hier sieht sie auch den NRW-Landtag in der Pflicht: „Das Land ist eh schon verantwortlich für Personal und Bildungsinhalte an Kitas und Schulen – dann baut doch bitte auch die Gebäude.“ Die Kommunen könnten das alleine nicht mehr leisten und Leverkusen sei nicht die einzige im Nothaushalt.  

Nicht nur in der Politik, auch in der Gesellschaft spürt Kreutz die Strahlkraft der USA, mittlerweile im negativen Sinnen. „Diese negativen Narrative, gegen Feminismus, gegen Vielfalt, das ist so ein kleiner Türöffner in die bürgerliche Mitte.“ Den Leverkusener Frauen rät sie, sich davon nicht lenken zu lassen und sich einzumischen. Gerne in der Politik oder Gesellschaft, auf jeden Fall aber privat. Natürlich sei es ok, für die Betreuung von Kindern oder Eltern in Teilzeit zu gehen, wenn man das möchte. „Aber: Verhandelt eure Teilzeit zu Hause gut.“ Eine eigene Altersversorgung für die Frau, die aus dem Haushaltseinkommen finanziert wird, oder dass als Gegenleistung für die Care-Arbeit das Haus der Frau alleine gehört, das sei alles legitim.