BewährungLeverkusener sammelt 18 Jahre lang Kinderpornos – und kommt jetzt frei

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Eine Kriminaloberkommissarin sitzt vor einem Auswertungscomputer bei Ermittlungen gegen Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch.

Leverkusen – Fünf Jahre seines Lebens hat der heute 45-jährige Leverkusener bereits im Gefängnis verbracht. Gerade verbüßt er noch eine zweijährige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach, aus der er in zwei Wochen entlassen werden soll. Und wieder ist es der gleiche Straftatbestand, für den er seit 18 Jahren immer wieder verurteilt ist: Besitz und Verbreitung kinderpornografischer Schriften.

Leicht zitternd und immer wieder unter Tränen räumt Manfred K. (Name geändert) im Amtsgericht in Opladen die ihm vorgeworfenen Taten in vollem Umfang ein, sagt, dass er sich unfassbar schäme und „davon loskommen“ wolle. Das Urteil des Schöffengerichts lautet am Ende auf zwei weitere Jahre Haft, das aber für einen Zeitraum von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird und eine intensive Psychotherapie unter Aufsicht als Bedingung hat.

Enorm viele Vorstrafen

Das erscheint verwunderlich milde angesichts der zahlreichen Vorstrafen seit dem Jahr 2004. Es sei eine Spirale der Sucht gewesen, die ihn immer weiter umgetrieben habe, so schildert es sein Verteidiger. Nach nur zweijähriger Ehe hatte Manfred K. keinerlei Beziehung mehr und sich vollkommen auf pornografische Darstellungen mit Kindern konzentriert. Nach einer ersten Verurteilung durch das Amtsgericht in Gummersbach änderte sich daran nichts. Weitere Urteile und Gefängnisaufenthalte bewirkten ebenfalls nichts.

Bei einer Hausdurchsuchung Ende 2019 stellten die Fahnder seinen Rechner mit tausenden Fotos und Videos sicher, auf denen sexuelle Handlungen an Kindern gezeigt wurden, von Kleinstkindern bis zu Jugendlichen. Im Januar 2020 verurteilte ihn das Amtsgericht Leverkusen dafür zu anderthalb Jahren Haft.

USB-Sticks in der Hosentasche

Als Manfred K. zum Haftantritt nicht erschien, wurde er wenig später in der Leverkusener Wohnung seines Stiefvaters verhaftet. In seiner Hosentasche fand die Polizei drei USB-Sticks mit unverdächtigen Bildern, aber auch erneut hunderten einschlägiger Fotos und Videos.

„Warum haben Sie das Zeug nicht einfach weggeschmissen?“, will Richter Dietmar Adam vom Angeklagten wissen. Er habe das nicht einfach irgendwo liegen lassen wollen, sagt Manfred K. Außerdem seien ja auch viele persönliche Bilder darauf gespeichert gewesen, die er behalten wollte.

Furchtbare Darstellungen

Es dauert lange, bis die Staatsanwältin die Umschreibung der darauf gefundenen, teils drastischen Darstellungen mit nackten Kindern verlesen hat, die im Rahmen der Anklage dokumentiert sind. „Das ist wirklich furchtbar“, fasst sie zusammen.

Wovon nicht einmal der Verteidiger in dieser Verhandlung ablenken will, der nur darauf hinweist, dass es sich bei den Datenträgern um alte Dateien gehandelt habe, sein Klient seit zweieinhalb Jahren „clean“ sei und eine bisher ermutigend verlaufende Psychotherapie angetreten habe. „Ich möchte davon loskommen“, beteuert Manfred K. wiederholt. Sein gegenwärtiger Therapeut habe ihn „geknackt“ und mit seinen Gefühlen konfrontiert.

Neigung kompensiert

Erst jetzt sei ihm in vielen schmerzlichen Therapiesitzungen im Gefängnis allmählich klar geworden, dass er mit der Kinderpornografie seine nie eingestandenen homosexuellen Neigungen kompensiert habe. „Ich wollte nie jemandem schaden. Ich habe das als Werkzeug missbraucht.“

Nach seiner Scheidung habe er sich als Ersatz ganz aufs Internet gestürzt und in Chats dazu auch Gleichgesinnte getroffen. Nun hoffe er, mit Hilfe seines Therapeuten und seiner Kirchengemeinde in Langenfeld, die ihn nach seiner Haftentlassung aufnehmen und betreuen werde, endlich die Kurve zu bekommen.

„Nachdem Sie auch in über fünf Jahren in Haft nicht aus Ihren Fehlern gelernt haben, ist es naheliegend zu sagen: Der gehört weggesperrt“, eröffnet Richter Adam seine Urteilsbegründung. Andererseits: „Sie gehen in dieser Therapie das allererste Mal in die richtige Richtung – wenn Sie auch noch ganz am Anfang stehen.“ Nach so kurzer Zeit sei noch nicht zu erwarten, dass nun Ekel erzeuge, was jahrzehntelang zur Erregung führte. Und ihm müsse bewusst sein: „Auch bei dieser Sucht gilt: Es gibt keine dauerhafte Heilung, nur erlernten Umgang.“

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Das Gericht sehe nicht die Gefahr, dass Manfred K. sich selbst an Kindern vergehe. Ihm müsse aber auch klar sein, was die Staatsanwältin so umschrieb: „Der Konsument schafft den Markt.“ Und dieser Markt des Kindesmissbrauchs expandiere über das Internet immens.

Fünf Jahre lang muss Manfred K. nun zeigen, dass er mit professioneller Hilfe seine fatale Neigung in den Griff bekommt. Sonst geht es wieder zwei Jahre lang hinter Gitter.

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