Leverkusens Kleinste SitzungJecke feuern ein karnevalistisches Kabarett-Feuerwerk ab

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Leverkusens Kleinste Sitzung lief zum zweiten Mal in Folge auf digitaler Bühne.

Leverkusen – „Die LKS – Leverkusens Kleinste Sitzung ist live“, begrüßt Wolfgang Müller-Schlesinger als „Gündä“, die hessische Seite des Moderatorenduos, die Zuschauer an über 250 Geräten. „Live im Internet – so ganz live dann also doch noch nicht.“ Denn unter dem Motto „Das Experiment“ ist die kabarettistische Alternative zum traditionellen Sitzungskarneval vom Kulturausbesserungswerk Leverkusen (KAW) nun schon zum zweiten Mal digital umgesetzt worden.

Dafür betreibt das generationsübergreifende Team einen hohen technischen Aufwand mit Regie, Video-Einspielern. Das KAW glich einem Fernsehstudio, mit gut funktionierenden Live-Übertragungen über das Handynetz schaffte ein Außenteam, das mit dem Auto durch die Stadt fuhr, Szenen, für die Fernsehanstalten ganze Übertragungswagen einsetzen.

Anfängliche Zweifel verfliegen schnell

Die anfänglichen Zweifel von Moderator Moritz Boddenberg: „Wie das halt bei einem Experiment so ist – manchmal klappt’s, manchmal nicht“, sind aber schnell verflogen. Das KAW hat es geschafft, mit einer jung und modern produzierten, über dreistündigen, abendfüllenden Live-Sendung, Karnevalsstimmung über die Bildschirme in die Wohnzimmer zu übertragen – und dabei einen gewissen Anspruch zu erfüllen. Zuschauen kostenlos, aber es gab einen Spendenaufruf. Es gab angeblich Zuschauer in Leverkusen, Australien und Venezuela.

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Kurt Stichnoth am Abend seines letzten Auftritts im Karneval.

Viele Fans teilen ihre Freude per Textnachricht im Live-Chat, als die Sitzung traditionell mit einer Stomp-Perfomance der „DrumDocZ“, der Musikschule Leverkusen eröffnet wird. So auch Meike Jauss: „Wir sind seit Jahren Hardcorefans und genießen die super Sitzung in total bescheuerten Verkleidungen und freuen uns, nächstes Jahr wieder in Präsenz dabei zu sein.“

Kabarettfreunde kommen bei der Mischung lokaler Leverkusen-Themen in der Sitzung auf ihre Kosten. „Die Pandemie ist die Zeit der Kleinen: Die der Kleingeister und der Kleingärtner, nur nicht die Zeit der Kleinkünstler, deshalb bin ich jetzt Corona-Tester“, erklärt Stammkabarettist Torsten Schlosser im Testzentrum-Kostüm.

Der neue Prinz steht am Wegesrand

Ein übergeordnetes Ziel der Sitzung ist es, einen Nachfolger für Prinz Dieter I. zu wählen. Dafür klappert das Außenteam die Bewerber mit Hausbesuchen ab. Dann muss jeder einen einminütigen kulturellen Beitrag leisten: Die Jecken singen, tanzen, sagen Gedichte auf, und „Rasenkante“ hat sogar eine ganze Rockband im Keller vorbereitet. Eine geschminkte Familie singt frei nach Willi Ostermann „Die Deponie ist abgebrannt, tralalalalala“.

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Wolfgang Müller-Schlesinger als „Gündä“ fährt bei den Live-Schalten der LKS den Wagen.

Um 23 Uhr steht das Ergebnis der Online-Abstimmung fest: Tobias, der vom Außenreporter am Wegesrand aufgegabelt worden ist, ist der neue Prinz. Kräftig mitgesungen wurde in den Wohnzimmern sicher bei der KAW-Interpretation von AnnenMayKantereits „Tommi“: „Da, wo mer zesamme groß geworden sind, da ziehen wir alle irgendwann wieder hin, damit die Kinder, die wir kriegen können, dann im KAW zusammen besoffen sind.“ Beim gemeinsamen Lied von „Snoop Oppes“ und Heinz-Reiner Schiefer als „Schälsick Pitter“ trifft Kölsch auf Hip-Hop – dazu tanzen Playmobilfiguren in Stop-Motion. Einen Ohrwurm aus Köln bringt Hans Danz mit.

Kurt Stichnoth steht mit 90 zum letzten Mal auf der Bühne

Einen Programmpunkt sahen die meisten wohl mit mindestens einem weinenden Auge. Mit 90 Jahren steht Kurt Stichnoth bei der LKS wirklich zum allerletzten Mal auf der Bühne. Bevor er sich mit seinem Lied „Adios Leverkusen, goodbye“ verabschiedet, gibt es noch eine Schalte vor sein Geburtshaus Rathenaustraße 128 und zur ehemaligen Kneipe Burghof gegenüber, wo er zum ersten Mal auf der Bühne stand. Mit vielen Anekdoten und Fotos heißt es dann aber Abschied nehmen. Lily Noworzyn kommentiert: „Danke für die tollen Jahre.“

Aufgelockert wird das ganze Programm mit Sketchen von Egbert Rumpf-Rometsch und Ina Schaefers als „Omikron und Opikron“ und dem „Dollen Dada-Dödel-Duo“ aus Michael Meierjohann und Michael Sabel. Andreas Bender hält einen Stand-up-Vortrag „Warum Leverkusen die tollste Stadt der Welt ist“. Leverkusen habe nämlich weitaus mehr als nur das tollste leerstehende Einkaufszentrum zu bieten, erklärt er: „Wir haben auch bundesweit die tollsten Gebühren für Müll und Abwasser und hatten den größten Knall des Jahres.“ Und viele Lärmschutzwände, deren Vielfältigkeit und Allgegenwart in einem Film gepriesen werden.

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Wie sonst auch ist die Veranstaltung nach über drei Stunden Programm nicht einfach zu Ende, sondern es folgt eine After-Show-Party. Mit Musik und noch kleineren Beiträgen. Hier werden auch Fotos von Zuschauern gezeigt, die dazu aufgerufen worden sind, diese von sich einzusenden. Das große Finale ist aber ganz klar Kurt Stichnoths „Leverkusen-Lied“ vom ganzen LKS-Team gesungen: „Leverkusen – hier kann man lachen, sich Freunde machen, glücklich sein.“ Die LKS 2022 ist als Video bei Youtube zu sehen. (mit rar)

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