Nach ExplosionSo viel Abfall will Currenta dieses Jahr noch in Leverkusen verbrennen

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Ulrich Bornewasser gehört zu den Ansprechpartnern bei Currenta für die Nachbarschaft.

Leverkusen – 20.000 bis 50.000 Tonnen Abfall könnten in diesem Jahr noch in Bürrig verbrannt werden. Diese Einschätzung gab Teilnehmern zufolge Currentas Technik-Chef Hans Gennen am Mittwochabend im „Begleitkreis“, in dem die Explosion vom 27. Juli 2021 aufgearbeitet werden soll. Dazu müsste der größere der beiden Drehrohröfen der Anlage angefahren werden.

Die sehr starke Spreizung in Gennens Schätzung resultiert daraus, dass nach dem jetzt verfolgten und wohl auch genehmigungsfähigen Konzept 31 Sorten Chemiemüll angeliefert und verbrannt werden dürfen. Sie müssen thermisch stabil sein. Die Herkunft werde begrenzt auf die Chemparks, das Chemie-Gelände in Knapsack und wohl Wuppertal.

Bessere Prüfung am Tor

Diesen Kreis zog beim dritten Treffen des Gremiums dessen Leiter Christian Jochum. Der Sicherheitsexperte betonte, dass die Prüfung der Substanzen bei der Anlieferung „ganz stark ausgeweitet werde“, um möglichst jedes Risiko auszuschließen. Die enge Begrenzung der Produkte bringt es aber mit sich, dass man bei Currenta kaum abschätzen kann, welche Mengen im ersten Notbetrieb behandelt werden können: Normalerweise braucht es eine schlau zusammengestellte Mischung, um eine Müllverbrennungsanlage effizient fahren zu können. Ob das mit den 31 ins Auge gefassten Substanzen gelingt, müsse sich erst noch erweisen, erklärte Gennen.

Veränderungen soll es auch bei der Anlieferung des Abfalls geben, darauf wies Jochum hin: Bürrig werde die Lieferungen jeweils abrufen. Staus vor dem Tor solle es nicht geben; auch auf dem Gelände sollen sich nicht viele Tankfahrzeuge befinden. Die Aufnahmekapazität ist sehr begrenzt: An nur acht Stellen kann der Drehrohrofen im Notbetrieb beschickt werden.

Heinen-Esser hat ein Auge drauf

Allerdings muss auch das erst noch genehmigt werden. Horst Büther, der in der die Aufsicht führenden Bezirksregierung das Referat Umwelt und Arbeitsschutz leitet, gab sich nach Einschätzung von Teilnehmern noch zurückhaltend: Die Entscheidung über eine teilweise Wiederinbetriebnahme werde gefällt, wenn alle Gutachten dazu vorlägen. Das ist nicht der Fall: „Wir brauchen noch Zeit“, hieß es von Christian Jochum. Es fehlten noch die Endfassungen einiger Gutachten. Das bedeute Verzögerungen „von Wochen, nicht von Monaten“.

Büther berichtete, dass es heute zum Thema ein Treffen mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz gebe. Nächste Woche werde sich die Bezirksregierung mit dem Umweltministerium besprechen. Dessen Ressortchefin Ursula Heinen-Esser hatte angekündigt, die Entwicklung in Bürrig scharf beobachten zu wollen.

Vertrauen erschüttert

Am Mittwochabend nahm erstmals auch ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums an der Videokonferenz des Begleitkreises teil – offenkundige Folge einer Ankündigung von Andreas Pinkwart: Der Minister hatte mit Blick auf die Explosion, die nachfolgende Leckage in einem Tank mit Löschwasser-Gemisch und eine auffällige Häufung von Unfällen im Chempark angekündigt, die Situation in Leverkusen unter die Lupe zu nehmen. Den Minister treibt die Sorge, dass die Bürriger Katastrophe das Vertrauen der Bürger in die Chemische Industrie nachhaltig erschüttert.

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Jochum und seine Experten haben inzwischen festgestellt, dass es im Bürriger Sicherheitsmanagement Mängel gegeben habe, und zwar „unterhalb der Betriebsleiter-Ebene“. Die seien natürlich abzustellen, bevor die Anlage auch nur im Notbetrieb wieder angefahren wird. Dazu habe man alle Arbeitsschritte am Sondermüllofen in Tagen unter die Lupe genommen.  

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