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Neue Serie „Alltagshelden“Badleiter Sebastian Frohn: „Ich freue mich über jedes Schwimmabzeichen, das ich abnehme“

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Ein Schwimmeister vor einem becken

Sebastian Frohn leitet seit Anfang des Jahres das Freizeitbad Calevornia. Er erzählt, wie sich sein Berufsbild im Laufe der Jahre gewandelt hat.

Ohne die Fachkräfte für Bäderbetriebe darf kein Schwimmbad öffnen. Und doch wird ihnen das Leben heute oft schwer gemacht. Start unserer neuen Serie.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm: Zu Sommerferienbeginn machen sich Eltern und ihre Kinder im Calevornia einen schönen Tag. Die Fachangestellten und Rettungsschwimmer stehen bereit, Schwimmbretter und Schwimmnudeln werden ausgegeben, hin und wieder Pflaster geklebt. Eine Sechsjährige darf ausnahmsweise am Wochenende ihre Seepferdchenprüfung machen, stolz nimmt das Mädchen seine Urkunde und einen Aufnäher mit nach Hause.

Sebastian Frohn ist in seinem Element: Wasser. Seit 13 Jahren arbeitet der Meister für Badebetriebe bereits im Calevornia. Bis Ende letzten Jahres stand er selber am Beckenrand und achtete auf die Sicherheit der Gäste, seit Anfang 2025 leitet er das Freizeitbad. Täglich sorgen er und sein Team dafür, dass alles funktioniert und friedlich bleibt.

Frohns Beruf gibt es vom Inhalt her bereits seit 1972. Früher war es der sogenannte „Bademeister“, seit 2001 sind die Absolventinnen und Absolventen der dualen dreijährigen Ausbildung zunächst „Fachangestellte für Bäderbetriebe“ und nach einem weiteren Jahr „Meister für Bäderbetriebe“. Wie auch die Berufsbezeichnung hat sich die Arbeit im Laufe der Zeit gewandelt.

Verhalten der Menschen ändert sich

Von der sich wandelnden Dynamik in der Gesellschaft bekommen auch Schwimmbäder etwas mit. Vor allem die Kommunikation habe sich verändert. „Es wird mehr diskutiert“, erklärt Sebastian Frohn. „Es gibt viele Missverständnisse hinsichtlich der Baderegeln. Die Regeln sind da, um die Gäste zu schützen. Das Letzte, was wir möchten, ist, den Menschen willkürlich etwas zu verbieten. Das kommt bei den Gästen leider oft falsch an. Da ist dann Fingerspitzengefühl gefragt.“

Was ebenfalls auffalle, ist ein nachlassendes Verantwortungsgefühl gegenüber anderen. „Da springt dann jemand vom Startblock, ohne darauf zu achten, dass ein anderer Gast, der gerade angeschwommen kommt, das Wasser ins Gesicht bekommt.“

Schwimmeister im Freizeitbad Calevornia

Badleiter Sebastian Frohn macht die Arbeit nach wie vor großen Spaß.

Der Respekt gegenüber dem Personal lässt nach

Auch der Umgang mit mangelndem Respekt wird zur Herausforderung. Sebastian Frohn ist ein Vorfall in Erinnerung geblieben: Als das Freibad aufgrund eines Gewitters geräumt werden musste und das Hallenbad niemanden mehr hereinlassen konnte, gab es einen Aufruhr vor dem Eingang. Eine Gruppe schaukelte sich in ihrer Wut hoch, die Polizei wurde benötigt. Darauf haben die Verantwortlichen im Calevornia reagiert: Es gibt inzwischen Securitypersonal, das für ein sicheres Schwimmerlebnis sorgt.

Auch der Umgang mit sexuellen Übergriffen ist ganz klar geregelt. „Hier haben wir eine Null-Toleranz Haltung“, sagt Frohn. „Bei einer Meldung hinsichtlich eines sexuellen Fehlverhaltens rufen wir sofort die Polizei. Das Calevornia ist für seine Gäste eine sichere Umgebung. Das gesamte Personal ist für dieses Thema sensibilisiert und entsprechend aufmerksam. Wir helfen sofort, wenn jemand Hilfe benötigt.“  

In dem Zusammenhang ist auch die Aktion „Luisa ist hier“ ein wichtiges Werkzeug. Fühlt sich jemand durch das Verhalten einer anderen Person im Bad bedroht oder unsicher, muss der betroffene Gast sich lediglich an eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter wenden und fragen: „Ist Luisa da?“ Der Codesatz bedeutet: „Mir macht jemand Angst, bitte helfen Sie mir.“ Manchmal ist es einfacher diesen Satz zu sagen, als klar zu benennen, was die Angst auslöst. Die Person wird dann sofort in Sicherheit gebracht. Auch Deeskalationskurse fürs Team helfen, eine bessere Routine mit sensibleren Gästen zu entwickeln.

Schwimmer im Bad

Der Sportpark Leverkusen hat bereits zweimal versucht, bei sogenannten „Speeddatings“ Personal für Kasse, Reinigung und Beckenrand zu gewinnen. Ein erster Leistungscheck für potenzielle Rettungsschwimmer gehörte stets dazu.

Mangelnder Respekt, viele Diskussionen, Sicherheitspersonal, macht der Beruf unter den Bedingungen überhaupt noch Spaß? Für Badleiter Frohn ist die Antwort klar. „Absolut, das tut es.“ Er ist mit ganzer Seele dabei, möchte nichts anderes machen. Was treibt ihn an? „Ganz klar, unsere Gäste“, sagt er.  „Wir machen das alles hier für die Bürgerinnen und Bürger. Ich möchte den Menschen in Leverkusen, die in der Woche hart gearbeitet haben, die Möglichkeit geben, sich zu entspannen, etwas Schönes zu tun. Die Leute sollen hier Spaß haben. Außerdem sind da die Kinder, die schwimmen lernen sollten. Das ist so wichtig für ihre Sicherheit. Ich freue mich über jedes Schwimmabzeichen, das ich abnehme. Das heißt für mich, dass wieder ein Kind schwimmen gelernt hat und sicherer ist.“ Sebastian Frohn und seine Kollegen leisten somit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Die Schwimmkurse sind heiß begehrt und ständig innerhalb kürzester Zeit ausgebucht.

Notfälle kommen glücklicherweise nicht oft vor

Für einen Notfall ins Wasser springen muss das Team im Calevornia glücklicherweise nicht oft. „Ein guter Bademeister ist ein trockener Bademeister“, zitiert einer der Mitarbeiter, die am Beckenrand stehen, seinen alten Ausbilder. Das bedeutet: „Wenn man aufmerksam ist, kann man Notfälle meistens verhindern.“ Und auch wenn der Fall wirklich eintritt: „Wenn ich tatsächlich mal ins Wasser muss und jemanden vor dem Ertrinken bewahrt habe, spielt alles andere keine Rolle mehr“, sagt Sebastian Frohn. Die innere Haltung des Chefs ist auch bei den Mitarbeitenden zu spüren. Das Team teilt seine Motivation.

Und stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich nur am Schwimmbecken herum und schauen aufs Wasser? Natürlich nicht. Der Aufgabenbereich ist komplex. Schichtpläne werden geschrieben, die Technik, die das Wasser sauber und warm hält, muss laufen. Hinzu kommen erste Hilfe, die Schwimmabzeichenabnahme, regelmäßige Aufgüsse im Saunabereich und unzählige andere Aufgaben, von denen die Gäste nichts mitbekommen.

Fachangestellte für Bäderbetriebe werden gesucht

Wenn jemand darüber nachdenkt, den Beruf des Fachangestellten für Bäderbetrieb zu ergreifen, welche Eigenschaften sollte die Person mitbringen? „Gute Sozialkompetenz, ein dickes Fell, technisches Interesse, Verantwortungsbewusstsein, Stressresistenz, Flexibilität, körperliche Fitness, eine Affinität zum Schwimmen und Teamfähigkeit sind wichtige Eigenschaften“, sagt Frohn.

Dass es viele Bäder gibt, die Schwierigkeiten haben, Personal zu finden, ist kein Geheimnis. Im Extremfall bleiben die Bäder dann zu. Auch das Calevornia hat es schonmal getroffen: Der Außenbereich musste vor drei Jahren in den Sommerferien geschlossen bleiben - es gab nicht genügend Personal.

Einen Wunsch hat Sebastian Frohn an die Gäste des Freizeitbades: „Respekt für die anderen Gäste und uns und die Bereitschaft, unsere Baderegeln als das zu sehen, was sie sind, nämlich ein Schutz für alle und kein Mittel, um den persönlichen Spaß zu verhindern.“


Neue Serie

In unserer Serie „Alltagshelden“ stellen wir in loser Reihenfolge Menschen und ihre Berufe vor, die einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Ob es ungewöhnliche Berufsbilder sind oder solche, die einem sofort ins Auge fallen: Gemeinsam haben sie, dass die Menschen leicht ihre Bedeutung für die Allgemeinheit übersehen oder unterschätzen. (red)