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Pro FamiliaAus diesen Gründen brechen Frauen in Leverkusen ihre Schwangerschaft ab

Lesezeit 3 Minuten
Pia Heck und Bernd Bündgen am Schreibtisch

Pia Heck und Bernd Bündgen im Leverkusener Büro von Pro Familia

324 Beratungen zur vom Gesetzgeber so bezeichneten Schwangerschaftskonfliktberatung wurden 2022 bei Pro Familia in Leverkusen durchgeführt.

Schwangerschaftsabbrüche sind kein Thema, über das man gerne redet. Und dennoch machen die Gespräche zur „Schwangerschaftskonfliktberatung“ genau ein Drittel der Beratungen aus, die Pro Familia in Leverkusen im Jahr 2022 durchgeführt hat. Auch die Fallzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen: um 43 Beratungen auf insgesamt 324.

Eine Schwangerschaft beendet niemand leichtfertig, die Gründe für einen Abbruch seien vielschichtig, schreibt die Beratungsstelle in ihrem Jahresbericht. Und positioniert sich eindeutig: Dass die Bundesregierung das Werbeverbot gekippt hat, sei ein Erfolg. Ärztinnen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ist es nun gestattet, auf ihrer Homepage sachlich darüber zu informieren, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen.

„Über diesen Teilerfolg im Engagement um eine gute, diskriminierungsfreie und wohnortnahe medizinische Versorgung für Frauen im Schwangerschaftskonflikt freuen wir uns sehr“, schreibt die Leiterin Pia Heck. Schließlich habe jede Frau das Recht, alle Informationen zu bekommen, die sie für ihre Entscheidung brauche.

In diese Welt möchte ich kein Kind setzen
Häufig genannter Satz in Beratungsgesprächen zu Schwangerschaftsabbrüchen

Dennoch gibt es ein weiteres Problem. Die Anzahl der Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche in Leverkusen nach der erfolgter Beratung durchführen, ist rückläufig. Gerade in Zeiten von Praxisferien und erhöhtem Terminaufkommen sei ein „wohnortnaher und zeitnaher Zugang zum operativen Schwangerschaftsabbruch schwierig“. Für Frauen, die ohnehin unter der schwierigen Situation leiden oder weitere Kinder zu versorgen haben, sei ein weiter Anfahrtsweg eine besondere Hürde und Belastung. Deswegen hat sich Pro Familia für dieses Jahr vorgenommen, das Thema der medizinischen Versorgung bei Schwangerschaft und Geburt ganz oben auf die Agenda zu stellen, um Gesellschaft und Politik dafür zu sensibilisieren und nach Lösungen zu suchen.

Der Jahresbericht gibt auch Aufschluss darüber, aus welchen Gründen sich Frauen oder Paare gegen die Austragung einer Schwangerschaft entscheiden. Der häufigste genannte Grund ist die körperliche oder psychische Verfassung der Frau, die in jeder zweiten Beratung genannt wurde. Gefolgt von abgeschlossener Familienplanung. Viele Frauen machen sich außerdem Sorgen wegen ihrer beruflichen, finanziellen, Wohnungs- oder Ausbildungssituation, in einigen wenigen Fällen gibt es sogar konkrete Ängste vor Arbeitslosigkeit durch die Schwangerschaft.

Viele haben Zukunftsängste

Hier zeigt sich, dass die politischen Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch lange nicht ausreichend sind. „Wie auch in den anderen Beratungsbereichen äußerten Frauen und Paare Zukunftsängste, Belastungen durch zu kleine Wohnungen und Existenzängste durch steigende Preise für Lebensmittel, Strom, Gas, Benzin“, schreibt Pro Familia. Immer wieder fielen auch Sätze wie: „In diese Welt möchte ich kein Kind setzen!“  

Aber auch persönliche Faktoren spielen eine Rolle: Probleme in der Partnerschaft, Ablehnung der Schwangerschaft durch den Kindsvater, eine zu schnelle Geburtsfolge oder das Alter der Frau (sowohl zu jung als auch zu alt) werden als Gründe aufgeführt. Auch Alleinerziehende zweifeln häufiger an einer erneuten Schwangerschaft.

Eher selten tauchen medizinische Gründe in der Befragung auf. Häufiger liegen diese noch bei der Mutter, seltener in einer befürchteten und diagnostizierten Schädigung des Embryos. 

Der zweitgrößte Aufgabenbereich von Pro Familia lag im Jahr 2022 mit ebenfalls knapp einem Drittel der Anfragen in der Schwangerenberatung rund um alle Fragen für das künftige Familienleben. Auch hier berichten die Experten von einer steigenden Zahl von verunsicherten Paaren in Krisenzeiten. 16 Prozent der Gespräche entfallen auf den Bereich Familienplanung, 12 Prozent sind Beratungen nach der Geburt. Ein kleinerer Anteil entfällt auf Paar- und Sexualberatungen sowie sexuelle Aufklärung.