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ProzessMann beraubt und schlägt seine Freundin im Stadtpark Leverkusen

Lesezeit 3 Minuten
Die Realschule am Stadtpark

Ein Weg im Stadtpark, rechts ein Gebäude der Realschule

Ein Mann schlägt seine Freundin im Leverkusener Stadtpark, beide vertragen sich zwar sofort wieder, die Sache geht aber dennoch vor Gericht.

In dieser Beziehung ist anscheinend nicht alles in Ordnung gewesen: Ein Paar streitet sich im Leverkusener Stadtpark, „richtig besoffen“, wie die 49-jährige Frau sagt. Es geht um ihre Tasche, Marke Louis Vuitton. Ihr Freund Goran O. (Name geändert) will sie der Partnerin wegnehmen, sie will das aber nicht.

Im Verlauf soll er sie erst mit der flachen Hand gehauen haben, dann an den Haaren gezogen haben, bis sie zu Boden ging. Als sie da lag, soll er sie in die Seite getreten haben, die teure Luxus-Tasche hatte der Mann laut Anklage da schon erbeutet. Die Polizei kam hinzu, die Tasche war er wieder los und eine Anzeige war ihm sicher.

Angeklagter führte Cuttermesser mit sich

Seine betrunkene und verletzte Freundin, eine Opladenerin, wurde anschließend ins Klinikum Leverkusen gefahren. Der heute 56-Jährige führte am Gürtel ein Cuttermesser mit sich, auf so etwas reagieren Polizisten gewöhnlich allergisch.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Man schlägt sich – man verträgt sich: Für das Paar war die Angelegenheit schon sehr bald wieder erledigt, für die Justiz nicht. Am Mittwoch verhandelte eine Kammer im Kölner Landgericht über den Vorfall vom August 2021 und einen Diebstahl von Goran O., den er im Kaufhof begangen haben soll. Ein Parfum-Diebstahl, das gibt er direkt zu.

Die Anklage lautet auf schweren Raub. Der Grund des Streits im Stadtpark ist eigentlich gar nicht mehr wichtig, denn die Erinnerungen daran liegen nur noch undeutlich im Nebel der damaligen Betrunkenheit.

Unmittelbar danach vertragen

Es half nichts, die Opladenerin muss als Zeugin aussagen. Offenbar fällt das der am Hals und im Gesicht tätowierten Frau schwer: Schniefend beantwortet sie die Fragen der Richterin: „Ja, ist alles vollkommen richtig, er hat mich getreten, das ist richtig, er hat mich an den Haaren gerissen, vollkommen richtig, er hat mir die Tasche weggenommen, ja!“. Und dann: „Wir sind ein Paar, haben zusammen gelebt, unmittelbar danach haben wir uns vertragen.“

So lange Goran O. noch seine Wohnung in Wiesdorf zahlen konnte, lebte das Paar dort zusammen. Heute, erklärt sie, habe sie in Opladen eine Wohnung, bezahlt vom Amt. Sie sagt: „Er übernachtet jede Nacht bei mir“. Das wundert die Richterin, denn seine Adresse lautet „ohne festen Wohnsitz“.

Die Beziehung sei ein ständiges Auf und Ab, sagt sie. Auch im Gerichtssaal schrammt die Kommunikation der beiden gelegentlich hart am Streit entlang. In der Verhandlungspause im Flur sitzen sie aber händchenhaltend beisammen.

Vor fünf Jahren zurück nach Deutschland

Goran O. wurde Jugoslawien im heutigen Kroatien geboren, kam als Kind nach Deutschland. Um 1994 sei er wegen des Balkankrieges in sein Geburtsland zurückgegangen und vor fünf Jahren wieder nach Deutschland zurück. Da hatte er einen Job in einer Baufirma als Trockenbauer, so erkläre sich auch das Cuttermesser damals am Gürtel.

Vor drei Jahren habe er, mit Mitte 50, mit Heroin Probleme bekommen. „Wie sind sie denn auf diese Idee gekommen?“, fragt die Richterin und bekommt ein Achselzucken. Vor zwei Jahren sei die Firma pleite gegangen, er verlor seine Wohnung und ein Antrag auf Stütze sei noch nicht durch. Es sei schwierig, sagt der Mann, dessen Strafregister-Verlesung einige Zeit in Anspruch nimmt: mehrere Diebstähle, Bedrohung gegen Wachleute im Supermarkt, Drogenbesitz, Fahren ohne Führerschein.

Dann überschlagen sich die Dinge Saal: Die Sache mit der Louis-Vuitton-Tasche im Stadtpark wird eingestellt, aber zwei Polizisten warten schon im Gerichtsflur, sie haben einen Haftbefehl gegen Goran O. dabei: Er hat eine frühere Strafe über 1100 Euro nicht gezahlt. Kurz ist er also inhaftiert, aber nur formal, denn sein Anwalt hat in der Sache eine Ratenzahlung vereinbart, die nur noch nicht von der Staatsanwaltschaft bearbeitet worden ist.

Goran O. bleibt auf freiem Fuß, er bekommt für den Kaufhof-Diebstahl 90 Tagessätze zu zehn Euro aufgebrummt. Mit der alten Strafe stehen nun 2000 Euro „auf der Rechnung“.

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