SolarautoPlastikflunder soll für Leverkusener Sponsor in 3000-Kilometer-Rennen starten

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Ein Solarauto steht in Leverkusen bei Covestro.

Einweisung im Rückwärtsgang: Das Solarfahrzeug der Studenten in Leverkusen bei Covestro.

Ein Solarauto, das demnächst bei einem Rennen quer durch Australien dabei sein soll, wurde in Leverkusen vorgestellt.

Dass die Sonne am Mittwochvormittag auf die Industriebrache im Chempark nach langer Zeit mal wieder scheint, ist ein Glücksfall. Denn nichts anderes braucht das kleine flache Solarauto des Studentenvereins „Sonnenwagen“ von der Technischen Hochschule Aachen, um fahren zu können. An diesem Vormittag dreht es seine Runden noch in Leverkusen hinter der Covestro-Zentrale; am 22. Oktober wird es Ernst: Dann ist der Start der „Solarworld Challenge“ in Darwin, Australien, das härteste Rennen weltweit für Solarfahrzeuge.

3020 Kilometer geht es in nur sieben Tagen alleine mit Sonnenenergie quer durch Australien nach Adelaide an der Südküste. Die Aachener Studenten haben einen Verein gegründet, der von vielen Firmen Unterstützung erhält. Covestro ist Hauptsponsor, darum heißt es auch „Covestro Adelie“ und deshalb wird das Auto hinter der Leverkusener Zentrale vorgestellt.

Solarauto hat die besten Solarzellen auf dem Markt

Die Technik hinter den kleinen engen Autos ist beeindruckend: In ihnen hat ein einziger Pilot Platz, die flache Karosse aus leichtem Kunststoff ist mit den besten Solarzellen beklebt, die es zurzeit gibt: mit 25 Prozent Wirkungsgrad, das heißt, dass die Zellen die Sonnenenergie zu einem Viertel in Strom umwandeln.

Damit sie maximale Leistung bringen, sind die Zellen matt und ohne Schutzbeschichtung, die würde zu viel Licht schlucken. Entsprechend empfindlich sind sie: Anfassen verboten. In Australien wird sich darauf Staub absetzen. Deshalb habe man ganz weiche Make-up-Pinsel besorgt, erklärt Studentin Lina Schwering. Mit den Pinseln wollen die Studenten jeden Abend die Solarzellen entstauben.

Lina Schwering In Leverkusen bei Covestro

Studentin Lina Schwering In Leverkusen bei Covestro.

Bei ordentlicher Sonne leisten die Zellen 1000 Watt, so viel wie ein großes Bügeleisen braucht, das reicht für eine Geschwindigkeit von 90 Kilometer in der Stunde, ohne Akku. Den gibt es zwar auch, er wird aber meist nicht zugeschaltet. In der Spitze läuft der Sonnenwagen mit Tempo 130. Am Mittwoch mit deutscher Sonneneinstrahlung und leichter Bewölkung bringen die Zellen immerhin noch über 600 Watt.

In dem kleinen Auto stecken 200.000 Stunden Berechnungen und 10.000 Werkstattstunden. Selbst den Motor haben die Aachener selbst entworfen und gebaut. Fünf Fahrer gibt es, „Alles Männer“, bedauert Lina Schwering. Alle vier Stunden wird der Fahrer gewechselt, auch, weil der an eine flache Plastikflunder erinnernde Wagen aus Gewichtsgründen weder klimatisiert noch schallgedämmt ist: Bei jedem kleinen Stein, über den die auf fünf Bar aufgepumpten Reifen holpern, rumpelt es in der Plastikkarosse.

Die anderen fahren im Autokorso hinterher oder vorweg. Gefahren wird von 8 bis 17 Uhr, dann müssen sich die Teilnehmer ein Nachtlager bauen oder besorgen. „Eine hygienische Herausforderung“, sagt Lina Schwering.

Solarautobauer halten nichts von SUVs

Technologievorstand Thorsten Dreier sagt zur Begrüßung, ihn verblüffe die gesteigerte Energieersparnis, die die Studenten mit jedem neuen Automodell erzielten. Er ist stolz, dass die Leverkusener Kunststoffe dabei helfen.

In Leverkusen bei Covestro. Foto: Ralf Krieger

Die Vorstellung des Autos in Leverkusen bei Covestro.

Verblüffend ist auch eine andere Sache: Die Sonnenfahrer versuchen alles, um ihr Auto leichter zu bekommen, windschlüpfiger und einfacher zu machen, damit man weniger Strom zum Fahren braucht. Ganz anders als der Trip, auf dem sich die Autoindustrie befindet.

Lina Schwering: Man sehe doch eigentlich, dass ein SUV bei gleicher Batterieleistung nur halb so weit kommt, wie ein kleines Auto. Viel wichtiger aber sei es, dass möglichst viele Dächer schnellstens mit Solarzellen gedeckt würden, sagt die angehende Ingenieurin.

Was dieses Thema angeht, hat auch der Chempark erheblichen Nachholbedarf und kann was von den Studenten lernen. Covestro hat zwar welche auf dem Dach der Zentrale, aber ansonsten sind Solarzellen auf Dächern dort immer noch die Ausnahme.

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