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Letztes HeimspielLeverkusens emotionaler Abschied von Xabi, Jona und der Meisterschale

Lesezeit 4 Minuten

Vanessa Pellegrino und Andrea Muth haben Verständnis für den Wechsel von Xabi Alonso.

Letztes Heimspiel für den Meistertrainer Xabi Alonso, letztes Spiel in der Bay-Arena auch für Jonathan Tah: ein emotionsgeladener Abschied.

Dieser Mann braucht in Leverkusen keinen Nachnamen mehr. „Danke Xabi“ steht auf den Leinwänden in der Bay-Arena und auf unzähligen Schildern und Schals, die Fans zum letzten Heimspiel der Bundesliga-Saison 2024/25 mitgebracht haben. 

„Danke für alles Jona“, allerdings steht auf dem Pappschild von Alex Machold und ihrer Tochter Luna. Die heißt mit Nachnamen eigentlich anders. „Aber schreiben Sie ruhig Machold, damit kann ich mich auch identifizieren“, sagt die 25-Jährige. „Oh, das war jetzt mein Geschenk zum Muttertag“, sagt die Mutter gerührt. Emotional wird es für beide auch im Stadion werden, wenn Jonathan Tah verabschiedet wird. „Wir haben seit elf Jahren eine Dauerkarte, so lange, wie Jona hier spielt“, sagt Luna. „Da werde ich gleich schon eine kleine Träne verdrücken. Und er vielleicht auch.“

Frauen mit Pappschild

Luna und Alex Machold werden Jonathan Tah besonders vermissen.

Um 15.15 Uhr ist es so weit, der „Vizekapitän, Stammkraft und Doublesieger“, wie der Stadionsprecher sagt, wird auf dem Rasen verabschiedet. Auch wenn die Mannschaft schon in der Kabine auf ihn wartet, eine angedeutete Ehrenrunde Richtung Nordkurve unter ohrenbetäubenden „Jonathan Tah“-Gesängen lässt er sich nicht nehmen. 

Mutter und Tochter Machold fällt der Abschied von Jonathan Tah tatsächlich schwerer, als der von Meistertrainer Xabi Alonso. „Natürlich sind wir ihm auch total dankbar, aber mit Jona haben wir so viel erlebt und er ist menschlich total am Boden geblieben und ich glaube, der Verein bedeutet ihm wirklich was“, drück Luna ihren Abschiedsschmerz aus. Das stellt Tah nach Abpfiff unter Beweis, als er über die Stadionlautsprecher verkündet: „Ihr seid für immer im meinem Herzen.“

Alonso-Poster im Stadion

Viel Liebe für den Herzenstrainer

Der Lautstärkepegel in der Arena allerdings macht keinen Unterschied. Als um 15:22 Uhr staatstragende Musik einsetzt und auf der Anzeigetafel „Danke Xabi“ eingeblendet wird, setzen die entsprechenden Sprechchöre in ungebremster Lautstärke erneut ein. Das Schild „Xabi-Alonso-Allee“, das es im offiziellen Leverkusener Straßenverkehr nach einem Stadtratsbeschluss nicht geben wird, wird ihm überreicht. „Du gehst als Legende, du bleibst als Fan und vor allem wirst du immer in unserem Herzen sein“, sagt der Stadionsprecher und spielt „Thank you for being a friend“ ein. 

Schalverkäufér

Schals haben trotz sommerlicher Temperaturen am Sonntag Konjunktur.

Die Freundinnen Vanessa Pellegrino und Andrea Muth haben sich trotz sommerlicher Temperaturen mit Schal in das Stadion aufgemacht. „Danke Xabi Alonso“ steht darauf. „Es war erwartbar, aber ich habe die Pressekonferenz live gesehen und dabei schon eine Träne verdrückt“, sagt Pellegrino. Auch wenn es nur zweieinhalb Jahre waren, „irgendwie geht doch eine Ära zu Ende“, ergänzt Muth. Beide verbinden damit die Sorge, dass auch die Euphorie in der Stadt wieder nachlassen könnte.

Leverkusens Trainer Xabi Alonso (l-r) steht bei seiner Verabschiedung mit Fernando Carro de Prada, Leverkusens Vorsitzender der Geschäftsführung, Werner Wenning, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, und Simon Rolfes, Leverkusens Geschäftsführer Sport, auf dem Platz

Die Xabi-Alonso-Allee darf der Trainer mitnehmen, in Leverkusen wird es offiziell keine geben

Negative Emotionen gegenüber Alonso gibt es aber in keinster Weise: „Wenn er jetzt wirklich zu Real Madrid geht und das die einmalige Chance ist, ist das total nachvollziehbar.“ Leverkusens erster Meister- und Doubletrainer wird er für immer bleiben, die historische Saison ohne Niederlage für immer in den Büchern der deutschen Fußballgeschichte stehen.  Dass die Mannschaft das auch so sieht, ist zu sehen, als nach dem 1:0 von Jeremie Frimpong alle Spieler ohne Umwege zur Bank laufen und Alonso in einer Jubeltraube unter sich begraben. 

Nordkurve verabschiede Xabi Alonso

Dieser Mann braucht in Leverkusen keinen Nachnamen mehr: Danke Xabi.

Aber was, wenn auch Florian Wirtz den Verein noch verlässt? „Das wäre schon ein bisschen was anderes“, sagen die Freundinnen. Und grenzen dann ein bisschen ein: „Wenn er mit nach Madrid gehen kann, muss man wohl sagen: Mach' es“, sagt Pellegrino. „Aber wenn es Bayern München wäre, würde es schon sehr schmerzen.“

Wenn er mit nach Madrid gehen kann, muss man wohl sagen: Mach' es. Aber wenn es Bayern München wäre, würde es schon sehr schmerzen
Fan Vanessa Pellegrino

Apropos München und Schmerz: Wie sehr haben die Bilder am Vorabend geschmerzt, als die Meisterschale wieder in die Hände der Bayern übergegangen ist? „Ein bisschen Wehmut ist schon dabei“, sagt Andreas Höfer im Double-Shirt. „Aber ehrlich: Die letzte Saison nimmt uns keiner mehr und lieber eine Meisterschaft, die wirklich was bedeutet, als zehn, bei denen sich jeder nur noch langweilt“, schickt er noch eine Spitze Richtung München. Auch, als sich die Niederlage gegen Dortmund anbahnt, schallt es fröhlich und unbeirrt „ungeschlagener Meister“ aus der Nordkurve.

Schmerzhafter als die Vizemeisterschaft ist für Höfer das gegen Bielefeld unrühmlich verlorene DFB-Pokal-Halbfinale: „Nochmal nach Berlin fahren und Xabi und Jona, und vielleicht auch Flo, mit dem Pokal zu verabschieden, das wäre einfach richtig gewesen.“  

So bleibt nach dem 2:4 gegen Borussia Dortmund im letzten Heimspiel der Saison in der Bay-Arena nur noch festzustellen: Die Hymne ist wieder auf ihren Vor-Meisterschafts-Text zurückgekehrt: „Deutscher Meister werden wir im nächsten Jahr“, schalt es hoch motiviert aus der Nordkurve. Und doch ist Bayer 04 Leverkusen nach Xabi Alonso nicht mehr das Gleiche. „Vizekusen“ kommt niemandem mehr auch nur in den Sinn.

 „Xabi“ hallt es noch lange nach Abpfiff durch die Bay-Arena. Ohne Nachnamen. Und: „ungeschlagener Meister.“