Tag der offenen MoscheeEinblicke ins Leverkusener Gemeindeleben gewährt

Der achteckige große Saal der Moschee ist eher zum Freitagsgebet gefüllt – dann aber stets mit Sicherheitsabstand.
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- Seit 1997 gibt es zum 3. Oktober immer auch den Tag der offenen Moschee.
- In diesem Jahr wurde die Einladung nur von extrem wenigen Besuchern angenommen.
- Gastfreundschaft wird in der Küppersteger Ditib-Gemeinde groß geschrieben.
Leverkusen – Der 3. Oktober markiert nicht nur den Tag der Deutschen Einheit. Seit 1997 findet an diesem Feiertag auch der Tag der offenen Moschee statt: „Wir wollen zeigen, dass wir zur Deutschen Einheit und zu Deutschland dazu gehören und uns auch dem deutschen Recht gebunden fühlen“, erklärt Kürşat Kaan Baki, Imam und Religionsbeauftragter der Leverkusener Mimar Sinan Moschee in Küppersteg. Diese öffnete daher am Samstag für Interessierte die Türen.
Einladung zum Tee
Gastfreundlichkeit wird in der größten muslimischen Gemeinde in Leverkusen groß geschrieben. Nachdem die wenigen Besuchenden beim Gebet vom Rand aus zusehen durften und Baki jede Frage zur islamischen Tradition beantwortet hat, wird noch in das „Vereinshaus“ nebenan zu Tee und Baklava eingeladen. Im gemütlichen, mit roten Stoffen ausgekleideten muslimischen Raum, schleichen zwei vertrauensvolle junge Katzen umher und hopsen auf den Schoß.

Eine Ausgabe des Koran liegt jederzeit bereit.
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So fremd die muslimische Glaubenspraxis erscheinen mag, so wohl kann man sich hier zwischen orientalischen Zierbildern, türkischen und arabischen Gesprächen fühlen. Zunächst etwas verunsichert durch die verschiedenen Eingänge für Männer und Frauen, dürfen die Gäste doch zusammen durch den Männer-Eingang. Die Schuhe ausziehen müssen natürlich trotzdem alle.
Gebetsnische gen Mekka
Der achteckig geformte Saal, dessen vordere Gebetsnische zur Kaaba in Mekka ausgerichtet ist, wird beherrscht von rotgemustertem Teppichboden und blauen, verschlungenen Wandmalereien. Von der Decke hängt ein imposanter Kronleuchter; vorne rechts erhebt sich ein kleiner Turm, von dem gepredigt werden kann.

Imam Kürşat Kaan Baki gab Erläuterungen und beantwortete Fragen.
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Auf Deutsch oder Türkisch spricht der Imam von hier oder vom „Lehrstuhl“, einer kleineren Kanzel, wenn das Freitagsgebet stattfindet. Dieses ist mit dem Sonntag im Christentum oder dem Samstag im Judentum vergleichbar. Gebetet wird jedoch nicht nur an diesem heiligen Tag, sondern jeden Tag, und das fünf Mal.
In unterschiedlichen Einheiten beten die Gemeindemitglieder dann zusammen und allein. Dabei gibt es ähnliche Abläufe und Gesten wie beispielsweise in einem katholischen Gottesdienst, beides folgt dem gleichen Prinzip. Nur zirka 30 der 700 Mitglieder kommen an diesem Samstag zum Mittagsgebet in die Moschee, manche beten zu Hause.
Hygiene wird groß geschrieben
Das Nichtbeten gilt als Trieb, der vom rechten Weg abzulenken versuche. Ein paar ältere Herren bleiben im Kulturcafé nebenan bei ihren kleinen schwarzen Teegläsern sitzen, obwohl der Aufruf des Muezzin, „Allāhu akbar“, durch kleine Lautsprecher übertragen wird. „Wir zwingen niemanden zum Gebet“, sagt Baki.
Die Gebetsplätze sind corona-konform auf dem Boden markiert, jeder muss einen Gebetsteppich oder zumindest ein dünnes Papier vor sich legen, um mit dem Kopf nicht direkt den großen Teppich zu berühren. Hygiene und Körperreinigung sind schon immer eine wichtige Säule im Islam, vor dem Gebet wäscht man sich mindestens die Hände im gemeinsamen Waschraum.
Die Männer dürfen zum Gebet nach vorne, hinter den Imam. Um 14.26 Uhr, die Uhrzeit errechnet sich vom Sonnenaufgang aus, findet heute das Mittagsgebet statt; das zweite des Tages. Die Frauen müssen ihre Teppiche oben auf der Empore ausrollen.
Diese Trennung erklärt Baki damit, dass man als Muslim in viele verschiedene Moscheen gehe: „Dann ist es besser, nicht mit einem fremden Mann oder einer fremden Frau in Kontakt zu kommen.“ Warum das so etwas Schlechtes ist, wird einem vermutlich erst nach eingehendem Koranstudium klar. In der Gemeinde der Mimar Sinan Moschee, die zur umstrittenen sunnitisch-islamischen Organisation Ditib gehört, bemühe man sich jedoch darum, die tradierten Texte zeitgemäß zu interpretieren, sagt Baki.

Die unterschiedlichen Gebetszeiten werden per Monitor angezeigt.
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„Ich versuche, frischen Wind reinzubringen“, kommentiert der gebürtige Krefelder, der in Istanbul Islamische Theologie studiert hat. „Als Menschen, die in diesem Land sozialisiert wurden und aufgewachsen sind, schauen wir ganz anders auf den Hadith, die von Muhammad überlieferten Aussagen“.
Viele fundamentalistische Muslime unterschieden nicht so flexibel zwischen Pflicht und Empfehlungen des Propheten. „Das Vorgehen dieser Geschwister erschwert uns das Leben im Westen und auch im Osten“, bedauert Baki. In der Ditib versuche man, verschiedene Perspektiven zu gewinnen.
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Es gibt so viel zu Lernen an diesem Ort, über seine Gepflogenheiten und seine Menschen. Mohamed Adib, Pressesprecher der Mimar Sinan, formuliert es mit Blick auf die spärliche Besucherresonanz des Tages der offenen Moschee so: „Es ist schade, dass man nach 60 Jahren Einwanderungsgeschichte immer noch so wenig übereinander weiß.“