WarnstreikDie Unterbezahlten ziehen laut durch Leverkusen

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Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen.

Die Teilnehmenden des Warnstreiks zogen eine gute Dreiviertelstunde vom Forum aus durch die Stadt und machten ihrem Ärger und Frust Luft.

Ein Montag als Streiktag: Gut 300 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes ziehen für eine gerechtere Bezahlung protestierend durch Wiesdorf.

Anna Maria Boggea spricht das Wort des Tages aus, ehe es raus auf die Straße und ans Sich-Luft-Verschaffen geht: „Kampfgeist“. Darum geht es. Darum steht sie mit ihren Kolleginnen – den Erzieherinnen der Kindertagesstätte Pregelstraße in Rheindorf – hier im Forum, wo sich gut 300 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes der Stadt treffen, um für mehr Lohn zu protestieren. Darunter auch die Teams von neun Kitas der Stadt. Um 141 Kinder kümmern sich Boggea und Co. normalerweise.

Bedrohliche Lage, verständnisvolle Eltern

Aber die Lage wird immer bedrohlicher: Schlechte Bezahlung, viel zu viel Arbeit – und immer weniger Menschen, die aus genau diesen Gründen diesen so wichtigen Beruf ergreifen wollen. Was auf dem Spiel und heute auf der Aufschrei-Agenda steht? „Die Förderung und der Bildungsauftrag, den wir gegenüber den Kindern haben“, sagt Boggeas Kollegin Manuela Bartsch. Es bestehe die Gefahr, dass Kinder nur noch „verwahrt“, nicht mehr wirklich betreut werden. „Deshalb stehen wir hier!“

Und dafür haben auch die Eltern Verständnis, die an diesem Tag eben nach Alternativen zur Kinderbetreuung suchen müssen. „Wir haben eine tolle Elternschaft, die hinter uns steht“, sagt Janka Müller als dritte im mehrköpfigen Erzieherinnenbunde. „Sie wissen: Wir halten ihnen – und somit denen, die mit ihrer Arbeit etwas für die Wirtschaft im Lande tun – tagsüber den Rücken frei.“ Da sind 10,5 Prozent mehr Lohn, so die Forderung, nicht zu viel verlangt.  Schließlich geht es hier um die Basis des gesellschaftlichen Zusammenlebens und des ökonomischen Status Quo.   

Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen: Erzieherinnen der Kita Pregelstraße.

Beweisen Kampfgeist: Die Erzieherinnen der Kita Pregelstraße um Anna Maria Boggea (l.) und Janka Müller (2.v.l.).

Treffen am frühen Morgen im Forum

Und das sehen alle so, die sich an diesem Montag ab etwa 9 Uhr in der Früh im Forum treffen, sich mit Streikfahnen und Streikwesten ausstatten und ein paar Brötchen als Wegzehrung für den anschließenden Marsch durch die Wiesdorfer Innenstadt gen Rathaus-Galerie verputzen. Gut 300 sind es. Aus so gut wie allen Sparten des Öffentlichen Dienstes. Das zeigt sich spätestens bei der großen Kundgebung in der City, zu der mit Pauken und Trillerpfeifen und über die gesperrten Straßen hingezogen wird.

Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen.

Die Streikenden ziehen durch Wiesdorf.

Auf dem Vorplatz der Galerie steht nämlich das Pult für die Rednerinnen und Redner wie etwa Stephan Dreesbach – Gewerkschaftssekretär von Verdi innerhalb der Stadtverwaltung Leverkusen -, die alle Anwesenden auf das gemeinsame Begehren einschwören. Und von dem aus ein gut zehn Meter langer roter Teppich ausgerollt worden ist, über den zehn ausgesuchte „Stars des Öffentlichen Dienstes“ Autogramme gebend jeweils zum Kurzinterview über die unbefriedigende bis dramatische Lage gehen. Unter lautem Applaus. Und mit lautstarker Rhythmusunterstützung durch die ebenfalls protestierenden Musikschullehrerinnen und -lehrer.

Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen.

Auf dem Vorplatz der Rathaus-Galerie wude das Pult für die offizielle Kundgebung aufgebaut – inklusive des roten Teppichs für die „Stars“ des öffentlichen Dienstes. .

La Ola für die wahren „Stars“

Da ist Siegfried von den Abfallwirtschaftsbetrieben Avea. Britta vom Ordnungsamt. Olaf vom Fachbereich Stadtgrün. Simon aus dem Kinder- und Jugendamt. Yannik als Serviceberater der Sparkasse. Verena aus dem Umweltamt. Oder Yvonne, die Erzieherin.

Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen.

Autogramme entlang des für die Streikenden ausgerollten roten Teppichs gab es unter anderem von Olaf (Fachbereich Stadtgrün).

Sie lassen sich stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen drumherum feiern, stehen Protest-Rede und Streik-Antwort. Manche machen die La-Ola. Andere tanzen über den Teppich. Und alle werden ernst bis kämpferisch, wenn es darum geht, die Lage aufzuzeigen, die da besagt: Auch wir halten den Laden namens Gesellschaft am Laufen. Und trotzdem müssen wir – wo es gerade ums Laufen geht – selbst dem Minimum an Geld, das uns zusteht, hinterherlaufen.  

Streik öffentlicher Dienst in Leverkusen.

Ein Interview zur Lage mit „Star“ Britta vom Ordnungsamt (l.).

Nach gut einer Stunde des Redens sowie vier Stunden nach dem morgendlichen Sammeln im Forum ist der öffentlichkeitswirksame  Streik dann offiziell beendet. Aber nicht der von Boggea erwähnte Kampfgeist. „Es geht weiter demnächst“, kündigt Dreesbach an. 

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