Emotionen statt GeschwindigkeitWestdeutsche Sinfonia Leverkusen spielt im Forum

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Kulturhäuser mit Publikum, wie hier das Forum bei einem früheren Konzert der Westdeutschen Sinfonia, wird es vorerst nicht geben - mehr noch: Die Säle bleiben einmal mehr geschlossen.

Kulturhäuser mit Publikum, wie hier das Forum bei einem früheren Konzert der Westdeutschen Sinfonia, wird es vorerst nicht geben - mehr noch: Die Säle bleiben einmal mehr geschlossen.

Leverkusen – Oftmals ist es ja so, dass den Solisten bei Sinfoniekonzerten vor allem die Rolle des Über-die-Saiten-Rasers oder des Über-die-Klaviertasten-Hetzers vorbehalten ist. Eine Konsequenz daraus: Das eigentlich im Mittelpunkt des Konzertprogrammes stehende Orchester und dessen Musiker gehen häufiger mal unter und ziehen in Sachen Beachtung den Kürzeren gegenüber den musikalischen Gästen, die für diese besonderen Momente verpflichtet wurden.

Wer sich indes den israelischen Violoncellisten Matt Haimovitz (Jahrgang 1970) einlädt – und das taten die Interpreten der Westdeutschen Sinfonia Leverkusen unter der Leitung ihres Dirigenten Dirk Joeres bei diesem dritten Konzert der aktuellen Kulturspielzeit 2018/19 im (nicht ausverkauften) großen Saal des Forums –, der beugt genau dem vor. Zumindest, wenn das Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll von Antonin Dvorak auf dem Programm steht.

Alle Musiker auf Augenhöhe

Dieses wunderbare Stück klassischer Musik hat nämlich die vorzügliche Eigenart, Orchestermusiker und Solist gleichberechtigt zu behandeln. Beide Seiten auf Augenhöhe und auf einer Stufe agieren zu lassen. Antonin Dvorak verzichtete in dessen Fall schlichtweg auf die sonst üblichen, rasenden Fingerübungen, denen sich einer wie Matt Haimovitz bei anderen Komponisten wohl hätte hingeben müssen. Dafür lädt er seit der Erschaffung des Stückes in den Jahren 1879 und 1880 mit seinem Arrangement den Einzelspieler dazu ein, mehr Emotion denn plumpe Geschwindigkeit zu präsentieren.

Solist Matt Haimovitz (vorne links) widmete sich Antonin Dvorak.

Solist Matt Haimovitz (vorne links) widmete sich Antonin Dvorak.

Und das erwies sich an diesem Abend als große Stärke des Matt Haimovitz. Der spielte mit Hingabe seinen Part. Ließ jedem Ton die Gelegenheit zum Klingen und Flirren. Hatte Zeit, stets Blickkontakt mit dem traditionell gänzlich im Stück versunkenen Dirk Joeres zu halten – und begleitete die mit extrem viel Gefühl unterlegten Notenläufe agil und voller Begeisterung: Matt Haimovitz’ Kopf nickte und wippte. Der schulterlange, gelockte Haarkranz wippte. Und man konnte sowohl dem Violoncellisten als auch den Musikern der Westdeutschen Sinfonia Lust und Hingabe an dieses Stück zwischen Dramatik, Melancholie und dezenter Freude anhören wie ansehen.

Viel Tremolo und zarte Läufe

Besonders kam das im „Adagio ma non troppo“ und dem abschließenden „Finale allegro moderato“ heraus. In beiden Teilen des in drei Abschnitte gegliederten Opus 104 Antonin Dvoraks fährt das Tempo der Darbietung extrem zurück. Ist die absolute Konzentration auf die einzelne Note gefragt. Mit viel Tremolo und zarten Läufen: Eine Disziplin, in der Matt Haimovitz bestach.

Er tat das parallel und auf Augenhöhe mit dem Orchester – allen voran den extrem geforderten Bläsern. Im Anschluss an seine Solistenzeit konnten sich die Musiker des in der Stadt beheimateten Eliteorchesters selbst noch einmal austoben, und sich ein zweites Mal beweisen: Schließlich stand dann die Sinfonie Nr.1 in c-Moll (op. 68) von Johannes Brahms auf dem Programm dieses Konzertes.

Und beim Lauf durch die vier Teile der üppigen Komposition – „Un poco sostenuto – Allegro“, „Andante sostenuto“, „Un poco Allegretto e grazioso“ und „Adagio – Allegro non troppo“ – zeigte sich einmal mehr die mitreissende Brillanz dieses Musiker-Kollektivs.

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