Rückläufige Kirchensteuereinnahmen zwingen den Kirchenkreis An der Agger zum Streichen von Angeboten.
Auf der SynodeKirchenkreis An der Agger muss Angebote kappen

Auch die Notfallseelsorge steht aus finanziellen Gründen zur Disposition. Der aktuelle Ausbildungskurs hat gerade seinen theoretischen Teil abgeschlossen. Auf dem Boden sitzt Koordinatorin Sigrid Marx. Die Oberberger waren zum Beispiel im Ahrtal aktiv.
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Fallen die evangelische Notfall-, Krankenhaus- und Telefonseelsorge, die Flüchtlingsberatung und/oder das Waldbröler „Haus für Alle “ dem Rotstift zum Opfer? Das soll sich nächste Woche entscheiden. Wenn die Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger am Freitag zusammentritt, dann steht für die 110 Stimmberechtigten Beratung und Beschluss über einschneidende, aber unvermeidliche Einsparungen auf der Tagesordnung. Der Kirchenkreis muss sparen – und plötzlich stehen gesamtgesellschaftliche Angebote zur Disposition, die oft als selbstverständlich wahrgenommen werden.
Es ist schwierig, es tut weh, am liebsten würden wir alle Handlungsfelder behalten.
„Es ist schwierig, es tut weh, am liebsten würden wir alle Handlungsfelder behalten“, sagt Superintendent Michael Braun (Foto) vor der Synode. „Wir wollen ja für die Gesellschaft da sein“, betont er. Aber das müsse eben auch finanzierbar sein.
2024 standen dem Kirchenkreis, seinen 21 Kirchengemeinden und den diakonischen Einrichtungen 18,1 Millionen Euro zur Verfügung. In diesem Jahr werden es 850.000 Euro weniger sein; der Fehlbetrag steigt voraussichtlich bis 2028 auf 1,1 Millionen Euro.
Schon die dritte Sparrunde
Hintergrund der Entwicklung sind nicht zuletzt die gesunkenen Kirchensteuer-Einnahmen, die unmittelbar in Zusammenhang stehen mit den gestiegenen Kirchenaustrittszahlen. Jetzt fehlt das Geld, mit dem der Kirchenkreis – was vielfach vielleicht gar nicht bekannt ist – sowohl diakonische als auch seelsorgerische Arbeit finanziert, die sich explizit an alle Menschen und an die ganze Gesellschaft richtet. Was nun ansteht, ist schon die dritte Sparrunde, nachdem vor drei Jahren durch den „Pfarrstellenplan 2030“ 1,6 Millionen Euro eingespart wurden und die Synode letztes Jahr die Mittel für die „Vereinte Evangelische Mission“ (VEM) gekürzt hatte.
Die Synode beschließt
Um das aktuelle Defizit auszugleichen, soll die Hälfte der 1,1 Millionen in Verwaltung und Fachbereichen eingespart werden. Für die andere Hälfte haben Kreissynodalvorstand und Diakonierat fünf Sparszenarien erarbeitet und den Synodalen vorab vorgestellt. Sie unterscheiden sich in der Höhe der kreiskirchlichen Umlage. Bleibt diese unverändert bei 21 Prozent (womit den Gemeinden weiterhin 79 Prozent zuflössen), hätte dies die tiefgreifendsten Folgen: Die Synode würde in dem Fall die Aufgabe eines großen Paketes beschließen müssen, um den Haushaltsausgleich darstellen zu können. Wegfallen würden: die Notfall-, Telefon- und Gehörlosenseelsorge, die Schuldner- und Flüchtlingsberatungsstelle, die Fachberatungsstelle Wohnungsnot, die Kurberatung und die Krankenhausseelsorge in Waldbröl. Alternativ könnte auch ein anderes, ähnlich großes Paket gestrichen werden, mit dem etwa die Trägerschaft für die Familienberatungsstelle „Haus für Alle“ beendet würde.
Gemeinsames ÜberlegenEin anderes Szenario sieht vor, dass die kreiskirchliche Umlage auf 23,7 Prozent steigt. In dem Fall wäre die Streichliste kürzer: die Kurberatung und die Krankenhausseelsorge in Waldbröl wären zu streichen, dafür bekämen die Gemeinden 6,38 Euro pro Kopf weniger als jetzt.
Mit den Angeboten würden auch Stellen wegfallen, sowohl von Ehrenamtlern als auch von Festangestellten, sagt Superintendent Michael Braun bei einem Gespräch im Vorfeld der Synode, „aber das wird immer sozialverträglich passieren“. Veränderungen würden auch nicht schlagartig umgesetzt, sondern binnen drei Jahren.
Es gab kein Ringen um ein Gewinnen auf Kosten anderer, sondern ein gemeinsames Überlegen, wie wir uns als Kirche aufstellen wollen.
Natürlich gebe es Ängste und Rückfragen, so Braun, doch bei Vorberatungen am Mittwoch dieser Woche habe sich bereits ein „guter Geist“ gezeigt: „Es gab kein Ringen um ein Gewinnen auf Kosten anderer, sondern ein gemeinsames Überlegen, wie wir uns als Kirche aufstellen wollen.“ Den Ansatz, in allen Bereichen nur ein bisschen zu sparen, um Angebotsstreichungen zu verhindern, verfolge man nicht, erklärte Assessor Pfarrer Oliver Cremer, Leiter des Diakonierats. Es würde den Menschen nicht gerecht, wenn Seelsorge und Beratungsangebote an Qualität einbüßten.