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Belmicke und BrüchenDie ganz alte Grenze zwischen Rheinland und Westfalen

Lesezeit 3 Minuten
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Hüben und drüben: Zwischen Haus und Scheune – hier also zwischen Hermann-Josef Berg (l.) und Hans Gerd Menne – verlief die alte Grenze zwischen Rheinland und Westfalen.

  1. Die kommunale Neugliederung machte aus Brüchen und Belmicke im Jahr 1969 einen Teil von Bergneustadt
  2. Zuvor markierten die Orte die alte Grenze zwischen Rheinland und Westfalen.
  3. Wie sind die Orte heute zusammengewachsen? Bewohner berichten.

Belmicke – Die Volksschule in Belmicke war quasi nur einen Steinwurf von Hermann-Josef Bergs Elternhaus entfernt. Und doch musste der 74-Jährige mit seiner Zwillingsschwester Margot etwa zwei Kilometer – zunächst ordentlich bergauf, dann wieder kräftig bergab – nach Benolpe zum Unterricht laufen. Denn das Haus der Mutter in der Peter-Butz-Straße stand in den 1950er Jahren noch auf Olper Kreisgebiet. Es gehörte damit zu Westfalen und somit zum Einzugsgebiet der Benolper Volksschule.

Kühe auf dem Grenzgebiet

Noch heute schmunzelt Hermann-Josef Berg, wenn er davon berichtet, dass sie als Westfalen rheinische Kühe gemolken haben. Denn ihre acht Tiere standen jenseits der Gebietsgrenzen in dem Teil des Dorfes, der damals offiziell eigentlich noch Brüchen hieß. Zwar war der Stall direkt an das Wohnhaus angeschlossen, stand aber eben auf dem Gebiet, das verwaltungstechnisch in dieser Zeit zur Gemeinde Lieberhausen gehörte. „Wir haben im Rheinland gemolken und die Milch dann nach Westfalen ausgeliefert“, erinnert er sich lachend.

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Alte Geschichten: Bewohner Berg und Heimatforscher Menne meinen, dass sich gar nicht so viel verändert hat.

Den längeren Schulweg habe man als Kind eben hingenommen, sagt er: „In einem Winter hatten wir hier in der Gegend tollwütige Füchse. Da mussten wir Stöcke mitnehmen, um die Tiere zu vertreiben. Für uns war so was normal.“ Dass die andere Schule nur 50 Meter entfernt war und der Weg sicherer gewesen wäre, sei den Belmickern in dieser Zeit nicht bewusst aufgefallen, berichtet auch Hans Gerd Menne.

Seine Frau Bernadette wohnte ein Stück in Richtung Freischlade, also auf der rheinischen Seite. Sie hatte einen Schulweg, der sie ein gutes Stück über westfälisches Gebiet führte und dafür sorgte, dass sie regelmäßig die Kinder der Bergs traf, die gerade in die andere Richtung marschierten.

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Heimatforscher Hans Gerd Menne hat sich in den vergangenen Jahren öfter mit dem Phänomen „Westfalen und Rheinland in einem Dorf“ beschäftigt. Er hat festgestellt, dass das zwar durchaus kurios und als etwas Besonderes empfunden wurde, im Alltag aber kaum eine Rolle spielte. Die kommunale Neuordnung, die 1969 aus Brüchen und dem wesentlich kleineren, westfälischen Teil Belmicke einen Teil von Bergneustadt machte – der nun auch komplett Belmicke hieß – wurde registriert, aber nicht als dramatisch empfunden: Die Grenze verschob sich einfach nur um etwa 100 Meter nach Osten.

Zuzug aus dem Sauerland

„Es kam zusammen, was ohnehin zusammengehörte. Und die Belmicker waren trotzdem weiterhin in Richtung Drolshagen orientiert“, sagt Menne. Zumal diese Angliederung nicht auf einen Schlag erfolgt sei, sondern sich als Prozess gestaltete: „Schon im Jahre 1932 waren beispielsweise erste Familien, darunter auch die Bergs, von Drolshagen nach Belmicke zu St. Anna umgepfarrt worden.“ Viele der größtenteils katholischen Belmicker seien ja aus dem Sauerland zugezogen. Insofern sei die Verbindung nach Olpe und Drolshagen bis heute eng.

Das bestätigt auch der Belmicker Hermann-Josef Berg: „Im Sauerland treffe ich bis heute Verwandte und Freunde. Also bin ich eher in Richtung Olpe als nach Bergneustadt unterwegs, wenn ich etwas zu erledigen habe.“ Auch da hat die kommunale Neugliederung in diesem Ort so nah am Sauerland kaum etwas verändert.