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Feuchte BalkenWarum Bergneustadts Altstadtkirche demnächst zur Baustelle wird

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf den Turm der Altstadtkirche in Bergneustadt

Auch für Menschen, die wenig mit der Kirche am Hut haben, ist die Altstadtkirche mit dem Zwiebelturm das Symbol für Bergneustadt. 

Vor allem Turm und Dach des Bergneustädter Wahrzeichens müssen erneuert werden. Um die Kosten zu stemmen, gibt's jetzt einen Förderverein.

Wenn der markante Zwiebelturm der evangelischen Altstadtkirche auftaucht und sich knapp 50 Meter hoch in den Himmel reckt, wissen Bergneustädterinnen und Bergneustädter, dass sie gleich zu Hause sind. Das Kirchenhaus, 1698 auf den Fundamenten einer Kapelle aus der Zeit der Stadtgründung errichtet und damit ältestes Gebäude der Altstadt, besitzt längst den Wahrzeichen-Status, auch bei jenen, die mit Kirche nicht viel am Hut haben.

Bergneustädter waren es gewohnt, dass die Kirche repariert werden muss

Das 18. Jahrhundert war für die Altstadtkirche besonders prägend – gleich zweimal bedrohten Stadtbrände das Gotteshaus, 1742 blieben von Dach und Turm nur Asche übrig. Gerade einmal sieben Jahre später wurde der neue Kirchturm eingeweiht, diesmal mit auffälliger Zwiebelhaube. Die Ur-Bergneustädter waren es über Jahrhunderte gewohnt, dass an ihrer Altstadtkirche repariert, renoviert und wiederaufgebaut werden musste.

Eine Gruppe von Menschen steht in der Altstadtkirche in Bergneustadt.

Natürlich in der Altstadtkirche fand die Gründungsversammlung statt. Der Vorstand (v. l.): Matthias Thul (Beisitzer), Dietrich Schüttler (Vorsitzender), Annemarie Sirrenberg (zweite Vorsitzende), Judith Fresen (Beisitzerin), Irmtraut Schoger (Kassiererin) und Walter Fresen (Schriftführer).

Nun kündigt sich erneut eine Phase der Sanierung an. „Der Zahn der Zeit nagt an der Altstadtkirche. Um ihren baulichen Zustand steht es nicht mehr zum Besten, ja ihr Bestand ist auf die Dauer durch gravierende Schäden gefährdet“, heißt es in einer Mitteilung der Evangelischen Impuls-Kirchengemeinde Lieberhausen-Bergneustadt als Eigentümerin. Vor allem der Turm, der im Inneren aus mehreren Etagen besteht, und der Dachstuhl bereiten den Gläubigen Sorgen, spätestens nach einer genaueren Begutachtung durch den Ründerother Architekten Frank Reuter.

Feuchtigkeit nagt an der Bergneustädter Altstadtkirche

„Dort ist Feuchtigkeit eingedrungen und hat statisch relevante Hölzer in Mitleidenschaft gezogen“, berichtet Reuter und betont, dass niemand Angst haben müsse, Kirche oder Kirchplatz zu betreten. Die Statik werde penibel und permanent überwacht. Aber: „Mittelfristig werden wir da was machen müssen.“ Reuter hält es für möglich, dass einige der angegriffenen Balken noch aus dem 18. Jahrhundert stammen, festlegen will er sich darauf aber noch nicht. Das müssten zunächst nähere Untersuchungen, vor allem mit der Denkmalschutz-Behörde, klären.

So oder so: Auf rund 750.000 Euro beziffert die Kirchengemeinde die Kosten, um die dringlichsten Schäden zu beheben. Und dann ist da ja noch die Sache mit der Orgel. 1969 wurde das Instrument aus der Bonner Klais-Schmiede eingebaut und tut seinen Dienst seither ziemlich zuverlässig, wie Kantorin Annemarie Sirrenberg versichert. Längst sei aber die Reinigung der 1700 Pfeifen fällig, die Elektrik aus den späten Sechzigerjahren nicht mehr zeitgemäß.

Zu Beginn der 1970er-Jahre war ein ziemlich schrilles Klangideal das Maß der Dinge. Im Rahmen einer Überholung würde man der Orgel einen viel wärmeren Klang verleihen, um zum Beispiel moderne Popmusik vernünftig darstellen zu können.
Kantorin Annemarie Sirrenberg über die Orgel in der Bergneustädter Altstadtkirche

„Zu Beginn der 1970er-Jahre war außerdem ein ziemlich schrilles Klangideal das Maß der Dinge. Im Rahmen einer Überholung würde man der Orgel einen viel wärmeren Klang verleihen, um zum Beispiel moderne Popmusik vernünftig darstellen zu können.“ Wenn man dem bröckelnden Putz über dem Altarraum zu Leibe rücke, müsse man die Orgelpfeifen ohnehin abbauen, erklärt Sirrenberg. Das wäre zugleich die Gelegenheit, auch die Orgel aufzufrischen.

Für Pfarrer Dietrich Schüttler kommen die Dinge zur Unzeit. In diesen Tagen wird der Evangelische Kirchenkreis An der Agger einen strengen Sparkurs beschließen, die Einnahmen aus der Kirchensteuer sind rückläufig und werden dies aller Voraussicht nach auch bleiben. Zwar rechnet man in Bergneustadt mit Fördermitteln für die Sanierung der Kirche, klar ist aber auch, dass die Gemeinde einen großen Eigenanteil wird stemmen müssen.

Auch Bergneustadts Bürgermeister engagiert sich

Vor einigen Tagen haben Schüttler und Sirrenberg deshalb den Förderverein Altstadtkirche Bergneustadt aus der Taufe gehoben und wurden zu dessen Führung gewählt. Die Gründungsversammlung fand gleich im Innenraum der Kirche statt, auch Vikarin Judith Freese und Bürgermeister Matthias Thul sind Gründungsmitglieder. Nun wartet die Initiative auf die Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit, um durch spezielle Aktionen Geld sammeln und Spender gewinnen zu können. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht für den neuen Verein aber die Gewinnung von Mitgliedern.

„Wir freuen uns über jeden Menschen, der durch eine Spende oder eine Mitgliedschaft im Förderverein mit uns die Kirchengemeinde in ihrem Bemühen unterstützt, die Altstadtkirche zu erhalten“, betont Pfarrer Schüttler. Die Geschichte dürfte dem Verein Mut machen: In mehr als 300 Jahren war bislang jede Rettungsaktion erfolgreich. Und am Ende war Bergneustadts Altstadtkirche immer noch schöner als vorher.

Mitgliedsanträge liegen ab sofort im Gemeindebüro an der Kirchstraße und in der Altstadtkirche aus.