Bonner MammutprozessAlle Autoknacker sind geständig

Lesezeit 3 Minuten
Die Razzia gegen die Bande in Windeck im September 2020 wurde von der oberbergischen Polizei gesteuert.

Die Razzia gegen die Bande in Windeck im September 2020 wurde von der oberbergischen Polizei gesteuert.

Bonn/Oberberg – Im Bonner Mammutprozess gegen fünf Männer (26 bis 50 Jahre alt), die sich wegen schweren Bandendiebstahls bzw. gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in 67 Fällen verantworten müssen, haben mittlerweile alle Angeklagten ein Geständnis abgelegt. Sie räumen ein, von September 2019 bis September 2020 in Serie Luxuslimousinen mit sogenannten Keyscannern geknackt zu haben. Anschließend wurden die gestohlenen Autos in Werkshallen gefahren, zerlegt und die Autoteile an Hehler weiterverkauft.

Das Verfahren gegen eine mitangeklagte 22-Jährige wurde bereits gegen 500 Euro Geldbuße eingestellt: Sie war nur eine Randfigur und an den Machenschaften nicht beteiligt.

Die fünf Mitglieder einer kasachisch-moldawischen Autoknackerbande sind alle vom Fach: Der eine war versierter Verwerter auf einem Schrottplatz, andere betätigten sich als Automechaniker oder hobbymäßige Bastler. Der mutmaßliche Bandenchef aus Waldbröl hatte – bevor er seine kriminelle Karriere mit dem serienmäßigen Diebstahl von Luxuslimousinen startete – einen florierenden, internationalen Handel mit Autoteilen.

Legale Versuche scheiterten

Nach dem Brand einer Lagerhalle musste der heute 31-Jährige aber Insolvenz anmelden. Alle Versuche, wieder legal ins Geschäft zu kommen, scheiterten. Auf der Suche nach einem neuen lukrativen Job bot sich eine Sicherheitslücke bei Luxusautos an, die schlüssellos, mit dem sogenannten „Keyless Go“-System, zu öffnen sind.

Die Geständnisse kamen nicht überraschend: Denn der 31-jährige Hauptangeklagte hatte bereits nach seiner Festnahme offen geplaudert. Drei Mittäter zogen nach. Im Prozess haben jetzt auch die übrigen Angeklagten die Vorwürfe grundsätzlich eingeräumt. Teilweise gestehen sie sogar mehr Fälle als angeklagt wurde.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Bande war im Oberbergischen mit ihrem schlüssellosen Diebstahl so erfolgreich, dass sie Gefahr liefen, erwischt zu werden. Deswegen sei man über die Grenze nach Rheinland-Pfalz ausgewichen. Damals hatte der mutmaßliche Boss sogar überlegt – da es entlang der A3 zu heiß wurde – eine Zeit lang nach England auszuweichen.

Ende Juni 2020 bereits waren die Gummersbacher Ermittler ganz nah an der Bande gewesen: In einem 5er BMW GT wurden die ersten drei Bandenmitglieder in flagranti festgenommen. Der 31-Jährige und sein 29-jähriger Kumpel im Begleitauto entwischten. Dennoch kam es zum Zerwürfnis: Denn der Jüngere kriegte kalte Füße und tauchte ab: Panisch wurden die Werkshallen in Puderbach und Wahlrod, die noch randvoll mit Autoteilen waren, ausgeräumt, um Spuren zu verwischen.

Verhaftungen im September 2020

Im September 2020 gingen dann alle jetzt Angeklagten der Polizei bei einer groß angelegten Razzia ins Netz. Die Erfolgsbilanz der Bande ist enorm: Der Wert der gestohlenen Limousinen wird von der Staatsanwaltschaft Bonn mit 2,3 Millionen Euro angegeben. Auch wenn der Verkauf der Einzelteile weit weniger einbrachte, war die ganze Sache doch lukrativer als der Job auf dem Schrottplatz, erklärte der 29-Jährige. Der Prozess wird fortgesetzt.

KStA abonnieren