Gaby Weiß von Wipp-Asyl„Ich konnte meinen kranken Sohn nicht sehen, das war grausam"

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Offen für neue Erfahrungen ist Gaby Weiß, die sich in der Corona-Pandemie unter anderem mit Theater spielen auseinandersetzt. (Archivbild)

Offen für neue Erfahrungen ist Gaby Weiß, die sich in der Corona-Pandemie unter anderem mit Theater spielen auseinandersetzt. (Archivbild)

In der Coronakrise steht das öffentliche Leben still. Das heißt für viele Menschen, dass sie mehr Zeit im eigenen Zuhause verbringen. Wir fragen, wie Sie diese Zeit nutzen. Wie Sie die Krise meistern. Dieses Mal haben wir mit Gaby Weiß, Mitbegründerin von Wipp-Asyl, gesprochen.

Schulen und Kindergärten sind weiter geschlossen. Wie halten Sie bei der Familie denn die Stimmung hoch?

Mein ältester Sohn Martin (55) wohnt in Deutschland und hat immer schon Home-Office gemacht, mein jüngster Sohn Simon lebt in Österreich. Da seine Frau in der Krankenpflege arbeitet, hatten die Kinder Anspruch auf Betreuung. Das hat also immer gut geklappt. Meine Schwester lebt in Südfrankreich in einem 2000 Jahre alten Dorf nahe Montepellier. Mit ihr skype ich jeden Morgen, das ist ein guter Start in den Tag. Generell skypt unsere Familie sehr viel.

Zu Weihnachten habe ich meinen Enkeln Briefpapier und frankierte Umschläge geschickt, für jeden Monat einen. Füller und Patronen gab es auch dazu. Nun schreiben wir uns gegenseitig Monatsbriefe. Man muss sich eben was einfallen lassen, wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg eben zum Propheten (lacht).

Welches Buch liegt bei Ihnen gerade auf dem Nachttisch?

Tatsächlich keins. Im August letzten Jahres ist meine Mutter verstorben und hat drei sortierte Umzugskisten mit Briefen und anderen Dingen hinterlassen. Ich möchte für meine Familie die eigene Geschichte aufbereiten und niederschreiben. Da bin ich so in Gedanken darüber, dass ich keine Ruhe zum Lesen habe.

Doch, das Textbuch für die Theatergruppe „Kuba“ (Kulturbahnhof), bei der ich mitmache. Wir bereiten gerade das Stück „Wenn Martha tanzt“, geschrieben von dem Wipperfürther Arzt Tom Saller, für die Zeit nach Corona vor. Ich spiele die Martha, eine 101-Jährige in New York.

Haben Sie jüngst eine Serie gesehen?

Die Rosenheim-Cops. Ich bin Frühaufsteherin (6 Uhr) und mache Nachmittags dann ein Nickerchen. Dabei lasse ich die Serie laufen. Ansonsten sind nur Nachrichten ein fester Bestandteil für mich am Fernseher.

Zur Person

Gaby Weiß ist Mitbegründerin der Flüchtlingshilfe Wipp Asyl. Begonnen hat alles als Patensystem für Flüchtlinge, mittlerweile haben sich daraus die Mittwochsfrauen- Wipp Asyl zusammengefunden. Die lebensfrohe und engagierte gebürtige Hamburgerin ist 73 Jahre alt, wäre aber am liebsten 300 und eine Schildkröte, denn für sie gibt es immer noch viel zu erleben und zu tun.

Was machen Sie sonst? Sortieren Sie Ihre Briefmarkensammlung neu?

Ich hatte die Wahnsinnsidee, mir eine Küche anfertigen zu lassen, die auch im Alter für mich geeignet ist. Die soll nach Ostern geliefert werden. Alles wird schön gemacht: gestrichen, ein neuer Fußboden muss verlegt werden. Zum Glück hatten die Handwerker Zeit für mich.

Die alte Küche habe ich verschenkt, das ist Unsinn, dafür 300 Euro zu verlangen, wenn man bedenkt, dass der andere sie selbst abbauen und dann noch transportieren muss. Und ich freue mich, dass sich jetzt wer anderes drüber freut. Meinen alten Bauernschrank habe ich der Kirche im französischen Dorf, wo meine Schwester lebt, versprochen. Ist ja auch was Besonderes, so ein alter deutscher Schrank in Frankreich, das verbindet.

Was darf im Lockdown nicht in Ihrem Kühlschrank fehlen?

Derzeit habe ich keinen, ich bewahre alles draußen unter dem Hocker auf, es ist ja kalt genug. Griechischer Joghurt mit Honig darf auf keinen Fall fehlen. Wenn es keinen mit Honig gibt, nehme ich Agavendicksaft, das schmeckt so lecker! Ansonsten ernähre ich mich von allem, was man kalt essen kann: Bananen und Apfelsinen zum Beispiel. Aber auch von meinen Freundinnen, die für mich kochen oder mich einladen, die sind klasse!

Haben Sie sich Fähigkeiten angeeignet, die Sie früher nicht hatten?

Mich in diese Theatergeschichte zu vertiefen. Das ist ein neuer Weg, auf dem ich auch bleiben möchte. Es bringt Spaß, mit neuen Menschen zusammenzukommen. Eigentlich bin ich ein Macher-Typ, lerne aber zum ersten Mal, Teil eines Ensembles zu sein. Das ist wertschätzend und eine wertvolle Erfahrung für mich. Es tut sich generell immer was und wenn nicht, bin ich auch gerne mal faul.

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Was machen Sie als erstes, wenn der Lockdown vorbei ist?

Ich werde sofort meinen Sohn Simon in Österreich besuchen. Er war krank und ich konnte ihn nicht sehen. Das war grausam. Dann werde ich zu meiner Schwester nach Südfrankreich fahren. Außerdem steht ein Projekt mit einem Wipperfürther und einem Irakischen Gymnasium aus Sulaimaniyya an. Beide sind naturwissenschaftlich orientiert. Wir wollen eine Partnerschaft knüpfen und schauen, was können wir tun. Dafür fliege ich in den Irak. Der Jugend gehört die Welt und Frieden kann nur herrschen, wenn wir diese miteinander vernetzen.

Und dann habe ich mit meinen Söhnen noch etwas Besonderes vor: Ich schenke ihnen für September 2022 eine Kreuzfahrt nach New York und Kanada, damit möchte ich mich bei ihnen fürs Muttersein bedanken.

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