„Fragebögen landen im Müll“Bergneustädterin kritisiert sprachliche Hürden in Umfrage zur Mobilität

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Ein Fahrradfahrer ist auf dem Radweg einer viel befahrenen Straße unterwegs.

Voran auf der Fahrradspur: Der Kreis will in einem umfänglichen Fragebogen von den Bürgern wissen, wie sie sich bewegen.

Der Fragebogen des Oberbergischen Kreises zur Mobilität sei für viele Menschen zu kompliziert, kritisiert eine Bergneustädterin.

Rund 16.500 zufällig ausgewählte Haushalte im Oberbergischen Kreis sind derzeit aufgerufen, über ihr Mobilitätsverhalten Auskunft zu geben. Fahren sie täglich mit dem Auto zum Einkaufen oder gehen sie eher zu Fuß? Benutzen sie Bus und Bahn auf dem Weg zur Arbeit oder fahren sie lieber mit dem Fahrrad? Die Ergebnisse dienen einer Studie, mit der das Angebot verbessert werden soll.

Die Sprachbarriere ist nur ein Aspekt, der Menschen beim Ausfüllen der Haushaltsbefragung ausschließt.
Arzu Durmuş, Verkehrsaktivistin

Der Kreis erhofft sich nach eigener Auskunft eine hohe Teilnahmebereitschaft, um repräsentative Ergebnisse zu erzielen. Das Ausfüllen des umfangreichen Formulars, das das Hildener Büro „stadtVerkehr“ entwickelt hat, erfordert allerdings Zeit, Konzentration und Sprachkompetenz. Diese Schwelle sei zu hoch, findet Arzu Durmuş. Die Bergneustädterin gehört zu den Gründerinnen der Initiative „Fahrrad Frau Freiheit“. Mit Fahrradkursen und dem „Fancy Women Bike Ride“ im vergangenen September bemüht sie sich, Migrantinnen mobil zu machen.

Vor diesem Hintergrund begrüßt Arzu Durmuş eigentlich eine   Verkehrspolitik, die mehr Menschen erlaubt, an der Mobilität teilzuhaben statt sie auszuschließen. Doch die aktuelle Befragung des Oberbergischen Kreises sei dabei nicht hilfreich, kritisiert Durmuş. „Die Sprachbarriere ist nur ein Aspekt.“ Es gebe auch Barrieren für Menschen mit kognitiven oder körperlichen Einschränkungen, die sie beim Ausfüllen der Haushaltsbefragung ausschließen, schreibt sie in einer Stellungnahme.

Durmuş half Migrantinnen, den Fragebogen auszufüllen

Die Bergneustädterin findet es „schade, dass der Ansatz der sozialgerechten Mobilität schon bei der Befragung nicht mitgedacht wurde und so viele Umfragebögen, die stichprobenartig in sozial- und bildungsschwachen Wohngebieten verteilt werden, in Bergneustadt im Müll landen, weil die Menschen mit dem Ausfüllen überfordert sind.“

Durmuş meint: „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.“ Besser wäre es gewesen, die Fragebögen aus der Perspektive möglichst vieler Menschen zu entwickeln. „Deshalb ist es auch so wichtig, dass Gremien vielfältig besetzt sind und die gesellschaftliche Realität abbilden.“

Zumindest einige Bergneustädter Migrantinnen haben die Fragebögen ausgefüllt: Arzu Durmus hat sie am 25. April bei einem Nachbarschaftstreffen am Stadtwald versammelt, um gemeinsam den vertrackten Fragekatalog durchzuarbeiten.

Das Planungsbüro „Stadtverkehr“ lässt auf Anfrage wissen, dass es nur Auftragnehmer der Umfrage sei, und verweist auf den Oberbergischen Kreis. Die Kreispressestelle lässt auf Anfrage offen, ob und wie die Kreisverwaltung auf die Kritik reagiert, und teilt lediglich mit: „Wir stehen im Beteiligungsverfahren mit den Mitarbeitenden des büro stadtVerkehr, Planungsgesellschaft mbH & Co. KG im Gespräch, die uns die Plattform bereitstellt, – wie auch mit Sozialverbänden und Inklusionsbeauftragten.“

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