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Lärm und Zerstörung in OberbergZaun soll geselligen Nächten ein Ende setzen

Lesezeit 5 Minuten

Der überdachte Eingang am „Haus für Alle“ in Eichen ist ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene.

Eichen – Müll und Abfälle aller Art, Reste von Lebensmitteln, Getränkedosen, aber auch Spuren von Urin und Spucke: Beginnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Evangelischen Beratungsstelle für Erziehungs-, Familien-, Ehe- und Lebensfragen in Eichen ihr Tagewerk, ist erst mal Aufräumen und Saubermachen angesagt. Und immer öfter stellen sie zudem fest, dass über Nacht erneut etwas kaputtgemacht, zerstört worden ist.

Seit dem vergangenen Winter sind das versteckt an einer Sackgasse stehende „Haus für Alle“, so heißt die Einrichtung am Ende des Albert-Schweitzer-Wegs, und dort vor allem der überdachte Eingang immer ab dem Nachmittag ein beliebter Treffpunkt für 20 bis 30 Jugendliche im Alter zwischen etwa zwölf und 18 Jahren. Abends, berichtet Leiter Christian Gröger, gesellten sich auch junge Erwachsene hinzu. „Unsere Situation hat sich in den vergangenen Wochen immens verschlechtert, selbst tagsüber.“

Bürgermeisterin will erneut um Fördermittel werben

Denn da sei ja auch noch der Lärm: Weil die Corona-Schutzverordnung ein häufiges Lüften vorschreibt, führen er und sein Team Beratungsgespräche oft bei offenen Fenstern – und das ebenso oft bei ungewollter Musik, da die jungen Leute mobile Anlagen mitbrächten und aufdrehten. Gröger: „Im Moment ist die Belästigung durch Lärm derart groß, dass die Arbeit in unserer Beratungsstelle massiv erschwert oder unmöglich wird.“

Zwei Jugend-Projekte stehen offenbar auf der Kippe

Mit viel Wohlwollen und sogar Euphorie hat Waldbröls Stadtpolitik die Vorhaben im Herbst vergangenen Jahres auf den Weg gebracht, doch jetzt stehen der an der Klus geplante Rollsportpark und die Freizeitanlage im Stadtteil Eichen offenbar auf der Kippe: Weil der Investitionspakt des Landes zur Förderung von Sportstätten als überzeichnet gilt, erhält Waldbröl die angepeilten Mittel vorerst nicht.

Deswegen will Bürgermeisterin Larissa Weber kämpfen und versuchen, das Geld locker zu machen: „Ich werde der Bezirksregierung erneut darstellen, um was es geht und wie wichtig, ja sogar notwendig diese Projekte für die Stadt und für die Jugendlichen hier sind.“ Vor allem dem Eichen-Projekt räumt Weber gute Chancen ein, dieses ist zurzeit mit rund 130 000 Euro kalkuliert. Wann mit einer Antwort zu rechnen ist, könne sie nicht abschätzen. An der Mecklenburger Straße soll eine Anlage unter anderem mit einem Multifunktions- Kleinspielfeld entstehen, auf dem bereits vorhandene Basketballkörbe aufgestellt werden.

Der Bau des Rollsportparks in der Klus schlägt dagegen mit fast 730 000 Euro zu Buche. Für beide Projekte strebt die Stadt eine Förderung zu 90 Prozent an, nachdem die Anträge dafür zugunsten der Erweiterung des Stadions zwischen Tal- und Vennstraße auf die Agenda für dieses Jahr verschoben worden sind. Damals hatte die Politik dem etwa 640 000 Euro teuren Ausbau des Stadions bei einer Förderung zu 100 Prozent aus dem Investitionspakt klar die Vorfahrt gegeben. Eine gleichzeitige Förderung für drei Projekte aus der Landeskasse schien aussichtslos. (höh)

Längst haben die Jugendlichen jegliches Verständnis verspielt: Die Stadt greift ein. „Wir werden das Grundstück der Beratungsstelle einzäunen“, kündigt Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber an – nach einem Treffen mit zehn Anwohnern am Dienstagabend. „Die sind einverstanden“, sagt Weber und berichtet, dass auch die benachbarte, bereits eingezäunte Grundschule Isengarten dem Rathaus immer wieder Schäden an ihren Gebäuden melde, diese gehören der Stadt. Streifen von Polizei und Ordnungsamt sind bisher wirkungslos geblieben. „Es müsste mehr davon geben, aber das schaffen wir nicht“, erklärt der zuständige Fachbereichsleiter Eckhard Becker. Er und Weber wissen, dass auch der Zaun keine optimale Lösung ist: So hofft die Bürgermeisterin auf die für Eichen geplante Freizeitanlage. Diese soll auf einem städtischen Grundstück an der Mecklenburger Straße, zwischen der Thüringer Straße und dem Familienzentrum Käthe Strobel, entstehen, sie wäre gute 600 Meter (Luftlinie) entfernt vom „Haus für Alle“. Ob diese Anlage gebaut werden kann, ist derzeit indes fraglich: Noch hat die Stadt keine Zusage, ob ihre Bewerbung um Fördermittel Erfolg hat. Für den 5. Oktober lädt Larissa Weber zu einer Gesprächsrunde ein, dann möchte sie mit der Verwaltung, der Gemeinschaft „Wir in Eichen“ und weiteren Institutionen nach anderen Möglichkeiten für den Bau des Treffpunkts suchen. Weber: „Denn den braucht die Stadt unbedingt.“

Das bestätigt Christian Gröger. Er freue sich, dass nach vier Jahren mit vielen, oft langen Gesprächen endlich etwas passiere. Doch bedauere er, dass nun ein Stahlzaun die Lösung sein soll, nachdem bereits andere mögliche Treffpunkte, etwa in der Maibuche und eben an der nahen Schule, von solchen Zäunen umgeben sind. „Die jungen Leute wollen nur ein Dach über dem Kopf und Licht, wenn’s dunkel wird“, weiß Gröger. „Dafür muss dringend eine Lösung her, eben an der Mecklenburger Straße.“

Der Streetworker ist zurzeit fast täglich in Eichen

Ebenfalls aktiv geworden ist Waldbröls Streetworker Jörn Hägele. Er kennt einige der Jugendlichen, die sich am „Haus für Alle“ tummeln. „Eichen hat gerade Priorität – ich bin fast täglich dort, immer zu anderen Zeiten“, sagt Hägele. Er wisse, dass sich mancher Teenager sogar nachts durchs Fenster aus dem Haus der Eltern schleiche, um zu einem Treffen zu gelangen. „Die Jugendlichen verabreden sich kurzfristig über WhatsApp.“

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Für Helmut Rafalski von der Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“ und Christian Gröger ist die Situation alles andere als eine Überraschung: „Sie hat eine lange Geschichte, jetzt stehen wir da“, blickt Rafalski zurück. Und Gröger ergänzt: „Vom Himmel gefallen ist sie nicht.“