Gegen Covid-MüllLindlarer entwickeln Schutzkabine für Corona-Testungen

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So sieht die Schutzkabine für die Corona-Testung aus.

  • Einweghandschuhe, Mundschutz und Wegwerfkittel. Die Corona-Testungen verursachen viel Müll.
  • Drei Lindlarer haben sich dem Problem angenommen.
  • Sie haben haben eine Schutzkabine für medizinisches Personal bei Corona-Tests entwickelt.

Lindlar – Einmalhandschuhe, Einweg-Mundschutze und Wegwerfkittel. Wo nach dem Corona-Virus gefahndet wird, entsteht reichlich Müll. Obendrein sind die Mediziner gerade jetzt nicht zu beneiden, wenn sie bei hochsommerlichem Wetter vor dem Abstrich in die Vollvermummung inklusive Schutzbrille, Schürze und Kapuze schlüpfen.

Drei Lindlarer haben nun eine Schutzkabine konstruiert, die den Arbeitsalltag der Tester bequemer gestalten soll – ohne auf gründlichen Selbstschutz zu verzichten. Als „echten Problemlöser“ bezeichnen Martin (39) und Markus (47) Schmidt, sowie Mario Schwamborn (35) ihren Prototypen, der aus viel Aluminium und durchsichtigem Polycabonat gefertigt ist – beides vollständig desinfizierbar, versteht sich.

Großer Aufwand an Schutzausrüstung

Die Schmidt-Brüder haben selbst Corona-Tests hinter sich und konnten den großen Aufwand an Schutzausrüstung so aus nächster Nähe beobachten. Das müsse einfacher gehen, waren sich die Lindlarer einig. Mit den ersten Ideen holten sie Mario Schwamborn mit ins Boot. Acht Tage und etliche Zeichnungen und Diskussionen später stand der allererste Entwurf in Schwamborns Werkstatt in Klause.

Müllproblem

Die Entsorgung von Einwegmasken, Einmalhandschuhe oder gebrauchten Desinfektionstüchern ist inzwischen ein bundesweites Problem. Denn: Die Schutzausrüstung kann nach der Benutzung mit Viren und Keimen belastet sein und sind damit entsprechend Restmüll für die Verbrennung, berichtet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Produkte zum Schutz vor dem Coronavirus gehören nicht in die gelbe Tonne, den gelben Sack oder die Wertstofftonne. Denn Hygienemüll wird nicht recycelt. Reste von Desinfektionsmitteln sollten am besten an einer Schadstoffsammelstelle abgegeben werden, damit die Flüssigkeiten nicht unkontrolliert ins Abwasser gelangen. Feuchttücher mit Desinfektionsmitteln dürfen nicht in die Toilette geworfen werden, sonst kann es zu Verstopfungen kommen.

 Ein Video, das die Funktion der Schutzwand erklärt, haben die Erfinder auf der Videoplattform Youtube hochgeladen. Zu finden ist der Clip unter dem Stichwort „COVID 19 – Kontaktloser Abstrich“ auf dem Kanal von Martin Schmidt.  (sfl/dpa)

In der Grundausstattung besitzt die Kabine die U-Form. Der Proband tritt vor, der Tester wartet hinter der Scheibe. In einer Wechselschublade – ähnlich den Modellen, die man früher von der Post oder der Bank kannte – liegt bereits das verpackte Teststäbchen.

Mobil trotz 30kg Gewicht

Der Helfer schlüpft in 70 Zentimeter lange Handschuhe, die luftdicht mit dem Rahmen verbunden sind. Durch die Schleuse wird der Test auf die andere Seite transportiert, dort ausgepackt und eingesetzt. Noch auf der Patientenseite wird der Abstrich dann wieder verpackt, bevor er durch die Schleuse zurückgelangt.„Der Abstrich läuft komplett kontaktlos ab, deshalb können wir hinter der Wand auf dicke Schutzkleidung verzichten“, erklärt Martin Schmidt. Bewusst hat das Trio die Kabine mit zwei Metern zwanzig Höhe und etwas mehr als einem Meter Breite gestaltet.

„So kann man sie auch in einer Arztpraxis bequem vor eine Zimmertür setzen und dann im Raum arbeiten, während man auf dem Flur testet“, so Schmidt. Knapp 30 Kilogramm Gewicht und zwei Tragegriffe machen die Corona-Schutzwand außerdem mobil.

Anpassbar an verschiedene Größen

Der Clou an dem Lindlarer Prototyp sind die Durchgriffe für die Handschuhe, die sich selbst der benötigten Höhe anpassen – je nachdem, ob der zu testende Mensch besonders groß oder klein ist oder im Auto sitzt. „Die ursprüngliche Variante mit starren Durchgriffen war nicht praktikabel“, berichtet Mario Schwamborn. Markus Schmidt erinnert sich an ein Drehkreuz, das man ursprünglich als Schleuse für die Teststäbchen installiert hatte. „Letztlich haben wir uns für die Schublade entschieden, sie ist einfach sicherer.“

Obligatorisch ist der Desinfektionsspender auf der Patientenseite, den man mit den verbauten Handschuhen gut erreichen kann, um selbige nach jedem Abstrich zu desinfizieren. Die exakten Vorgaben für den Spenderhalter müsse allerdings die Kundschaft machen, erklärt Schwamborn.

Auch mit Dach oder komplett geschlossene Kabine

Zu unterschiedlich seien nämlich die Spender-Maße der derzeit verbreiteten Systeme. Die Lindlarer Erfindung gibt es außerdem auf Wunsch auch mit Dach oder als vollständig geschlossene Kabine. „Sie kann praktisch an jedem Ort aufgebaut werden und ist im Handumdrehen einsatzbereit“, verspricht Martin Schmidt.

Gesundheitsämter sind noch zurückhaltend

Für ihren Prototypen haben die Lindlarer bereits bei den NRW-Gesundheitsämtern geworben. Trotzdem haben sich die Behörden bislang gegen einen praktischen Einsatz entschieden. „Dabei gab es für die Konstruktion und gerade den Gedanken der Nachhaltigkeit und Müllvermeidung viel Lob“, berichten die Tüftler.

Sie vermuten einen anderen Grund für die Absage. „Das Land NRW hat die Anschaffung von Masken, Schutzanzügen und sonstiger Ausrüstung bezuschusst – nicht aber die Investition in Schutzwände und Kabinen“, erklärt Markus Schmidt.

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Zwar sei die Landesförderung im Sommer angepasst worden – doch damals waren die Zahlen der Infizierten rückläufig. Mit dem Ende der Sommerferien und dem bevorstehenden Gang in den Herbst habe sich die Situation allerdings wieder geändert. Möglich, dass die Stunde der Corona-Schutzkabine made in Lindlar noch schlägt.

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