Alternative zum ElterntaxiImmer mehr Jugendliche in der Region mit Micro-Cars unterwegs

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Eine Jugendliche sitzt auf dem Fahrersitz eines Micro-Cars, das Mini-Auto ist eine Alternative zum Mofa.

Sarah Scherer aus Lindlar fährt ein Micr-Car.

Gerade im ländlichen Raum wie im Oberbergischen sind Micro-Cars bei Jugendlichen sehr beliebt. Doch es gibt Kritik an der Mofa-Alternative.

Sie sind klein, wendig und in Lindlar oft rund um das Gymnasium zu finden: die sogenannten Micro-Cars. Die kleinen Vehikel dürfen mit dem Führerschein AM ab 15 Jahren gefahren werden. Und diesen Vorteil nutzen immer mehr Jugendliche.

So wie Till Bergmann aus Lindlar-Brochhagen. In dem kleinen Dorf zwischen Hartegasse und Frielingsdorf ist er Kummer gewöhnt, was die Mobilität angeht. „Der Schulbus ist schon voll, wenn er hier ankommt. Und er ist morgens so früh, dass ich eine halbe Stunde vor Schulbeginn an der Schule bin. Jetzt, wenn ich mit dem Micro-Car fahre, stehe ich zu der Zeit auf, als ich früher in den Bus einsteigen musste“, erzählt der 16-Jährige erleichtert.

Oberberg: Mit dem Micro-Car ins Kino oder Freibad

Und weil es zwei Plätze gib, nimmt er noch einen Freund mit zur Schule. Insgesamt sei er nun deutlich flexibler in seiner Freizeitgestaltung. Ob zum Fußballtraining, zu Spielen oder zu seinen Jobs bei der Taschengeldbörse. Alles könne er nun planen, ohne lange nach Busverbindungen suchen zu müssen oder eben ein Problem zu haben, wenn ein Bus ausfalle.

Zudem fühle er sich im kleinen Auto sicherer als auf einem Moped. Genau das sagen auch Leni von der Heyde und ihre Freundin Leonie Schwarzrock. Auch sie fahren mit dem Auto zur Schule und in der Freizeit. Mit dem Mini-Auto seien sie meistens in Lindlar und der nahen Umgebung unterwegs, aber die Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche seien im Ort sehr begrenzt.

Mit dem Micro-Car könnten sie eben auch zum Schlittschuhlaufen, Freibad oder Kino fahren, ohne auf Eltern oder unzuverlässige Busse angewiesen zu sein. Sarah Scherer sieht neben dem Sicherheitsaspekt und der besseren Freizeitgestaltung auch noch den Luxus bei den bergischen Wetterverhältnissen.

Ich bekomme schon gute Fahrpraxis und bin vorbereitet, wenn ich demnächst mit meinem Auto-Führerschein anfange.
Sarah Scherer

Sie jobbt in Linde und verkauft dort samstags Brötchen für eine Bäckerei – Arbeitsbeginn: 6 Uhr morgens. Gerade im Winter bei Eis und Schnee könne sie anders nicht selbstständig dorthin kommen. Ein weiterer Vorteil für sie: „Ich bekomme schon gute Fahrpraxis und bin vorbereitet, wenn ich demnächst mit meinem Auto-Führerschein anfange.“

Alle vier Jugendlichen wurden von ihren Eltern in dem Wunsch nach einem Mini-Auto unterstützt, denn auch diese sehen die größere Sicherheit für ihre Kinder. Weil der Führerschein auf einem Zweirad gemacht wird, haben alle Jugendlichen mit ihren Eltern auf Privatgelände noch etwas fahren geübt, bevor sie sich auf die Straße gewagt haben.

Umstellung vom Moped auf ein Auto ist groß

Denn die Umstellung von Moped auf Auto sei schon groß, auch da sind sich alle einig. Die kleinen Flitzer haben eine Höchstgeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde. Dadurch würden sie sicherlich manchmal als Verkehrshindernis wahrgenommen, aber sie würden auch in den Bushaltestellen anhalten, um die hinter ihnen fahrenden Autos vorbeizulassen, das sagen alle.

Insgesamt sind die Micro-Cars schon deutlich teurer im Vergleich zum Motorroller. Doch das ist es ihnen wert. „Till ist viel selbstständiger geworden und kann auch mal einkaufen fahren oder seine Schwester mitbringen, das erleichtert vieles“, erzählt Tills Mutter Antje Bergmann.

Da bleibt noch die Frage, wie gemütlich es in so einem kleinen Auto ist. „Man fühlt sich ein bisschen wie ein Affe auf dem Schleifstein, aber man gewöhnt sich dran“, zitiert Sarah lachend ihren großen Bruder Andy.

Kritik von Unfallforschern an Micro-Cars

Micro-Cars dürfen von 15-Jährigen mit dem Führerschein AM gefahren werden. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 45, das Gewicht maximal 425 Kilo, sie werden als Moped eingestuft. Sowohl in der maximalen Höchstgeschwindigkeit als auch im Gewicht sehen Verkehrsexperten aber Sicherheitsprobleme: Vor allem auf kurvigen Landstraßen seien Micro-Cars Hindernisse, die schlecht überholt werden können.

Das geringe Gewicht verhindere, dass die in Pkw übliche Sicherheitsstandardtechnik in die Fahrzeuge, die zwischen 10.000 und 20.000 Euro kosten, eingebaut werden. Gesetzliche Sicherheitsanforderungen gibt es dafür nicht. Die Ergebnisse von Crash-Test seien nicht so, „dass man diese Fahrzeuge guten Gewissens empfehlen könnte“, sagt darum Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer. (lz)

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