Lehrer ohne SchülerReferendare in Marienheide lernten Handwerk während des Lockdowns

Erfolgreich unter schwierigen Bedingungen (v.l.): Nicole Rama, Josefine Wortmann und Selina Stöver haben ihr Examen bestanden und sofort eine Festanstellung bekommen.
Copyright: Gesamtschule
Marienheide – Mathias Deger erinnert sich an eine skurrile Examensprüfung im März. Damals konnte eine Unterrichtsstunde wegen fehlender Schüler nur simuliert werden: Vorne stand die Lehrerin, hinten saßen die Prüfer. Dazwischen die leeren Bänke mit Schildchen mit Namen der Schüler darauf.
Deger ist Ausbildungsbeauftragter der Marienheider Gesamtschule und erinnert sich noch gut an den Ablauf der seltsamen Schulstunde: „Die Referendarin begrüßte die nicht vorhandenen Schüler und simulierte etwa 40 Minuten lang die möglichen Reaktionen der nicht vorhandenen Schüler, bis die Prüfung zu Ende war“, schreibt Deger in einer Mitteilung der Schule.
Beginn unter normalen Bedingungen
Am Ende waren alle drei Referendare, die ihre Ausbildung noch unter normalen Bedingungen begonnen hatten, erfolgreich. Die Absolventinnen Nicole Rama, Josefine Wortmann und Selina Stöver haben sofort an anderen Schulen eine Festanstellung bekommen, Rama ist in Marienheide geblieben.
Vor wenigen Tagen hat Deger zusammen mit Kollegin Petra Petri und Schulleiter Wolfgang Krug die neuen Referendare begrüßt. Die Marienheider zeigten den drei jungen Kollegen die Klassen- und Fachräume, machten sie mit den Gegebenheiten vertraut und übergaben ihnen die Schlüssel. Alles war gut vorbereitet, nur zweierlei fehlte, berichtet Deger nüchtern: „Die Schüler, die es zu unterrichten gilt, sowie die Lehrer, von denen man etwas lernen soll.“
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Nach Pfingsten wird der Schulbetrieb voraussichtlich auch in Marienheide wieder starten. Wegen der bis zuletzt hohen Corona-Fallzahlen im Kreis war die Schule in den vergangenen Wochen aber durchgehend für die meisten Schüler geschlossen gewesen. Um dennoch irgendeine Ausbildung für die neuen Lehramtsanwärter zu gewährleisten, mussten die Betreuer Petri und Deger improvisieren.
Zum Glück seien einige Abschlussklassen noch dagewesen, die trotz Corona in der Schule beschult wurden, und einige wenige der mehr als 100 Lehrer der Gesamtschule Marienheide, bei denen die Referendare hospitieren konnten. „Für eine qualifizierte Ausbildung ist das jedoch viel zu wenig“, bedauert Deger.
Unterricht im Blindflug
Also wurden Kolleginnen und Kollegen gesucht, die die Anfänger mit in ihren Online-Unterricht nehmen. Hier konnten die Lehramtsanwärter immerhin erfahren, wie der Distanzunterricht abläuft – nämlich nicht sehr persönlich, bedauert Deger: „Man sieht die Schüler in der Regel am PC nicht und lernt, wenn überhaupt, nur ihre Namen und ihre Stimmen kennen.“
Die neuen Referendare legen jetzt erst richtig los, sagt Mathias Deger: „Es bleibt die Hoffnung, dass wenigstens am Ende der Ausbildung alles wieder normal sein wird.“