Der Verein ist der erste im Kreis, der einen solchen Leitfaden vorweisen kann. Er möchte sich für potenzielle Täter „unattraktiv“ machen.
Auch gegen sexualisierte GewaltSV Morsbach stellt facettenreiches Schutzkonzept vor

Das Jugendschutzkonzept des SV Morsbach vorgestellt haben Marion Kamieth (von links), Irina Stricker, Christian Baumgart, Vereinsvorsitzender Reinhard Langen, Tim Bubenzer, Michael Fenstermacher und Thomas Eiteneuer.
Copyright: Michael Kupper
„Damit sind wir Vorreiter im Oberbergischen“, freut sich Michael Fenstermacher, Mitglied im Vorstand des SV Morsbach. Sein Verein hat ein Jugendschutzkonzept entwickelt und dieses jetzt vorgestellt: Damit ist der SV Morsbach der erste Sportverein, der einen detaillierten Handlungsleitfaden für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen vorweisen kann. „In jeder Schulklasse gibt es heute ein bis zwei Kinder, die bereits negative Erfahrungen in dieser Richtung gemacht haben“, schildert Irina Stricker, die das Konzept gemeinsam mit Marion Kamieth federführend erarbeitet hat.

Hier zu sehen ist eine der vier gleichartigen Umkleiden im Morsbacher Sportstadion „Auf der Au“ mit eigenen Duschen (l.) und barrierefreier Toilette.
Copyright: Michael Kupper
Die Frauen haben einen beim Kreissportbund (KSB) einen Lehrgang zum Umgang mit sexualisierter und interpersoneller Gewalt absolviert, im Verein sind sie nun die Ansprechpartnerinnen dafür. Kamieth, im Hauptberuf Erzieherin und Leiterin einer Morsbacher Kindertagesstätte, berichtete, dass der Bedarf für eine solche Richtlinie vor zwei Jahren erkannt worden sei. Im Dezember 2023 hat der Verein eine Koordinationsgruppe gebildet und die Umsetzung mit Unterstützung des KSB und von Nancy Friske, Referentin beim Landessportbund, in Angriff genommen. In diesem Jahr sind der Vorstand und die Übungsleiter geschult worden.
„Das Schutzkonzept beinhaltet Maßnahmen, die den Verein unattraktiv für potenzielle Täter machen“, erklärt Stricker. Sie ist Mutter von drei Kindern, die im SV Morsbach aktiv sind. Dies sei das zentrale Ziel, denn derartige Menschen zu erkennen, sei schwierig: „Wir können ihnen nur vor den Kopf sehen.“
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SV Morsbach wird künftig ein erweitertes Führungszeugnis verlangen
Vereinschef Reinhard Langen ergänzte, dass das Konzept die Unterzeichnung eines Ehrenkodexes vorsieht und ebenso, dass Bewerber um Übungsleiterstellen ein erweitertes Führungszeugnis beibringen müssen: Das soll dann auch mögliche Delikte erfassen, die in einem gewöhnlichen Zeugnis wegen Geringfügigkeit nicht erscheinen. Zudem sind für das erweiterte Zeugnis wesentlich längere Löschungsfristen vorgesehen.
„Besonders wichtig ist ein wertschätzender Umgang mit den Kindern und Jugendlichen“, betont Marion Kamieth. Das umfasse nicht nur sexualisierte Übergriffe, sondern meine etwa auch ein Anbrüllen oder Bloßstellungen. Das aber betrifft nicht nur den Kontakt zu Übungsleitern, die Kinder und Jugendlichen seien im Umgang untereinander ebenfalls zu einem respektvollen Verhalten aufgerufen.
„Es muss möglich sein, dass ein Sporthelfer auch mal ein Kind in den Arm nimmt, wenn es das nötig hat und es möchte“, betont Tim Bubenzer vom KSB. Wichtig sei eine differenzierte Betrachtung: „Es soll keiner unter Generalverdacht gestellt werden.“ Lobend erwähnt er die Einrichtung eines eigenen Jugendvorstands im Verein um den Vorsitzenden Marko Luketic als Bindeglied zwischen dem Vereinsvorstand und den Abteilungen.
Neubau des Sportlerheims ist ebenfalls eine Hilfe bei der Umsetzung des Morsbacher Konzepts
Als sehr hilfreich bei der Umsetzung des Jugendschutzkonzepts wertete Vizevorsitzender Thomas Eiteneuer, dass für das im Bau befindliche Sportlerheim am Sportplatz „Auf der Au“ vier getrennte Umkleiden geplant seien, von denen jede über eigene Duschen und barrierefreie Toiletten verfügt. Die Sporthallen der Gemeinde hätten ohnehin separate Umkleiden.
Irina Stricker berichtet, dass ein wesentlicher Beitrag zur Erarbeitung des Konzepts eine Risikoanalyse gewesen sei, bei der die Kinder individuell und altersgerecht befragt worden seien, wobei sie sich sicher und wobei unwohl fühlen. Dabei sei etwa herausgekommen, dass es einige unangenehm berührt, wenn ein Übungsleiter direkt über soziale Medien den Kontakt aufnimmt.
Christian Baumgart, Fachkraft für Jugendarbeit beim KSB, sagt, dass derzeit etwa 20 Vereine kreisweit ebenfalls an solchen Konzepten arbeiten. Besonders wichtig sei das für Vereine, bei denen etwa Menschen in einem Freiwilligen Sozialen Jahr tätig sind. Für diese sei ein Jugendschutzkonzept nach dem Kinderschutzgesetz bereits ab dem Schuljahr 2026/27 verpflichtend. Und Tim Bubenzer wagt einen Blick in die Zukunft: „Es wird die Zeit kommen, in der Eltern ihre Kinder nicht mehr in einem Verein ohne Jugendschutzkonzept anmelden.“

