Mut zum alten FachwerkSylvia und Michael Hanisch erhalten Julius-Kraft-Preis

Im Jahr 2009 kaufte die Familie um Sylvia und Michael Hanisch das 1809 errichtete Fachwerkhaus in Nümbrecht-Niederelben.
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Niederelben – Die meisten Menschen, die auf einem Spaziergang ein altes, verwahrlostes Haus, vollkommen zugewachsen und mit undichtem Dach entdecken, denken vermutlich „Wie schade um die schöne alte Bausubstanz“ – und gehen ihres Weges. Nicht so Sylvia und Michael Hanisch: Die beiden Diplom-Restauratoren für Möbel und Holzobjekte spazierten an eben solch einem Haus in Nümbrecht-Niederelben vorbei und wussten sofort: Das ist es – dieses Haus erwecken wir zu neuem Leben!
Julius-kraft-Preis
Der Julius-Kraft-Preis der Interessengemeinschaft Bauernhaus wird zum elften Mal ausgelobt und am heutigen Donnerstag an die Familie Hanisch übergeben. Das Motto ist: „Denkmal nachhaltig und preiswert instand setzen“. Die Hausbesitzer erhalten ein Preisgeld in Höhe von 1500 Euro, eine Trophäe in Form eines Ziegelsteins sowie eine Emaille-Plakette für die Hauswand.
Die Interessengemeinschaft ist seit Anfang der 1970er Jahre bundesweit tätig. Rund 6000 Mitglieder zählt sie derzeit. Ziel ist der „Erhalt historischer Baukultur auf dem Land und in der Kleinstadt“. (kpo)
2009 kaufte das Paar, das während des Studiums in Köln gelebt hatte, das 1809 erbaute, denkmalgeschützte Haus der Kölner Bezirksregierung ab. Jetzt, knapp zehn Jahre und ungezählte Arbeitsstunden später, werden die Hanischs am heutigen Donnerstag für die umfassende und kostensparende Sanierung mit dem Julius-Kraft-Preis der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IgB) ausgezeichnet.
In den ersten Jahren des Wiederaufbaus vertieften sie sich vor allem in die Theorie der Sanierung, lasen sich viel Wissen an, entschieden sich für Materialien, konnten von ihrem Studium profitieren. Michael Hanisch erklärt die Faszination, die das Projekt Haussanierung auf ihn und seine Frau ausübte: „Wir hatten hier Gelegenheit, das, was wir im Studium gelernt hatten, von A bis Z durchzuarbeiten.“
Fotos dokumentieren den Weg
Viele Fotos dokumentieren den Weg seit 2009. Auf den ersten Bildern wirkt das Haus wie ein Dornröschenschloss hinter einer grünen Hecke. Heute ist es die Heimat, der um drei Töchter gewachsenen Familie, mit Stockrosen im Garten und gemütlich eingerichteten Wohnräumen, die der alten Aufteilung exakt entsprechen.
Dazwischen liegen Tage und Wochenenden, an denen das Paar sein Haus vom Grün befreite, das undichte Dach abdeckte, die Ziegel sortierte, es neu deckte. Die Restaurierung der Fenster nahm einen ganzen Herbst und Winter in Anspruch. Michael Hanisch hat es ausgerechnet: „Da stecken etwa 2000 Arbeitsstunden drin.“

Das Haus war damals in abbruchreifem Zustand, wie ein Foto des Anbaus zeigt.
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Mit einem Zimmermann wurde das ursprüngliche Fachwerk rekonstruiert und wo es eben ging, die Gefache zwischen den Eichenbalken mit ursprünglichem Material aufgefüllt. „Der alte Mix aus Stroh und Lehm kann mit Wasser wieder verbaubar gemacht werden. Wir nennen das ,Aufsumpfen’. Auch diese Methode hilft, Kosten zu sparen.“ Und seine Ehefrau Sylvia ergänzt, dass sie jetzt gerade den Außenwänden mit dem typisch-bergischen schwarz-weißen Anstrich den letzten Schliff verpasst. Denn genau das ist es, was die Hanischs anstreben: Alte Bausubstanz so authentisch wie möglich zu erhalten. Sylvia Hanisch: „Wir sehen mit Bedenken, wie viele bergische Fachwerkhäuser verschwinden und damit ja auch ein Teil der Kulturlandschaft. Wir möchten mit unserem Beispiel Mut machen, mehr historische Substanz zu erhalten.“

Heute ist es urig eingerichtet und ein wirkliches Zuhause.
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Natürlich könnte man einwenden, dass ausgebildete Restauratoren ungleich mehr Fachkenntnis besitzen als viele andere Hauseigentümer, doch Michael Hanisch relativiert auch dies: „Auch wir sind Mitglieder der Interessengemeinschaft geworden, um uns von anderen Input zu holen, etwa zu Fördermitteln. Und wir haben uns anfangs viele Dinge angelesen.“
Zudem lerne man während der Arbeiten ungemein viel, betont auch Sylvia Hanisch. Die Vorbesitzer des Hauses, Helmut und Helga Dax, hätten das Wiedererwachen ihres Hauses vermutlich gerne gesehen – denn heute ist es wieder ein typisch-bergisches Haus voller Leben.