Volksbank OberbergScheidender Vorstand betont Wert von Zuversicht

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Manfred Schneider, Volksbank Oberberg vor einem Holzschrank im Anzug

Manfred Schneider, Volksbank Oberberg, geht zum Jahresende in Rente.

Zum Jahresende scheidet Manfred Schneider bei der Volksbank Oberberg aus. Mehr als 48 Jahre lang hat er für das Haus gearbeitet, davon 24 als Vorstandsmitglied. Reiner Thies blickte mit ihm zurück und voraus.

Haben Sie noch Bargeld im Portemonnaie? Und wissen Sie wie viel?

Manfred Schneider: Ich sehe zu, dass ich immer mindestens 150 Euro dabei habe, damit ich bar zahlen kann, etwa wenn ich im Restaurant essen gehe. Das ist wahrscheinlich eine Frage der Generation, meine Kinder bezahlen viel mehr mit der Karte. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das Bargeld irgendwann ganz verschwindet. Ich habe jedenfalls selbst gesehen, dass die Bundesbank immer noch Hochregallager braucht, um ihr frisch gedrucktes Geld aufzubewahren.

Wir schlittern in eine Wirtschaftskrise, die Inflation ist hoch, es droht eine Rezession. Sind Sie beunruhigt?

Die Inflation kann einem natürlich Sorgen machen. Aber ich habe schon viele Krisen erlebt und bin zuversichtlich, dass wir auch diesmal irgendwann wieder zur Normalität zurückkehren werden. Ohne diese Zuversicht könnten wir unser Geschäft auch gar nicht betreiben. Wenn ich mir die Wirtschaft in der Region anschaue, kann ich überhaupt keine Verwerfungen erkennen. Es gibt keine Liquiditätsprobleme, die Konten werden nicht überzogen. Und in kaum einem Fall wird durch die hohen Energie- und Materialkosten die Substanz eines Unternehmens verbraucht. Schon in der Pandemie hat sich gezeigt, dass unsere familiengeführten Unternehmen stabil sind. Und es gibt in jeder Krise auch Gewinner. In den vergangenen Monaten etwa im Handwerk, im Kfz-Handel, aber auch in der Kunststoff- und Metallbranche.

Aber sind die Leute nicht verunsichert und sparen ihr Geld lieber als es auszugeben?

Es gibt eine Unsicherheit und Zurückhaltung bei Firmen und Privatkunden. Kein Wunder, wir haben im zurückliegenden Jahr auf dem Zinsmarkt echte Kapriolen erlebt, da gab es bei den Immobilienkrediten Schwankungen um drei Prozentpunkte. Für einen durchschnittlichen Neubau für 500 000 Euro kann das bei der monatlichen Belastung mal schnell einen Unterschied von 700 bis 1000 Euro ausmachen. Da kann ich gut nachvollziehen, wenn man abwartet. Ich kann mich aber noch daran erinnern, wie wir Anfang der 1980er Jahre 14 Prozent Zinsen in Darlehensverträge eingetragen haben. Und auch in dieser Zeit wurden Häuser gebaut. Überhaupt ist es aus unserer Sicht besser, wenn wir über Zinsen reden und nicht über Verwahrentgelte.

Sie sprechen von Negativzinsen, die die Volksbank für gespartes Geld verlangt hat.

Das haben wir nur in Ausnahmefällen und mit der Einräumung erheblicher Freibeträge umgesetzt und müssen es seit Juli überhaupt nicht mehr machen.

Sie haben 1974 mit der Ausbildung begonnen. Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag erinnern?

Ich hatte in der neunten Klasse ein Betriebspraktikum bei der Kreissparkasse Waldbröl gemacht, und es hat mir gefallen. Weil dort später keine Lehrstelle frei war, bin ich schließlich bei der Volksbank Oberberg gelandet. Ich hatte meinen Schreibtisch in der Gummersbacher Filiale, die damals an der Moltkestraße lag. Vieles war ganz anders als heute. Die Volksbank hatte eine Bilanzsumme von umgerechnet 44,1 Millionen Euro, heute ist es 100 mal so viel. Wir hatten noch keine EDV, allenfalls einen Taschenrechner. Jeden Morgen bekamen wir aus dem Rechenzentrum eine Riesenmenge Kontoauszüge und Belege, die ich zusammenheften und in Karteikästen einsortieren musste. Nach der Ausbildung habe ich mich beim Vorstand erfolgreich darum bemüht, in die Kreditabteilung versetzt zu werden. Und diesem Geschäft bin ich bis heute treu geblieben.

Worin liegt der Reiz Ihres Jobs?

Es ist eine sehr vielseitige Aufgabe. Ich habe in der Beratung erst mit Privatkunden, dann mit Unternehmern zu tun gehabt und mit ihnen alle Höhen und Tiefen erlebt. Einige musste ich leider auch bis in die Insolvenz begleiten. Mir hat es immer gefallen, Berufsanfänger in diese Themen einzuführen. Und wir haben hier ein sehr kollegiales Arbeitsumfeld, das es mir erleichtert hat, mich morgens aufzumachen.

Sie sind seit 24 Jahren im Vorstand, seit 16 Jahren stellvertretender Vorsitzender, aber nicht Chef geworden. Ist ihre Karriere unvollendet?

Nein, so empfinde ich es nicht. Ich bin damals zusammen mit Ingo Stockhausen in den Vorstand berufen worden. Er ist ein toller Kollege, mit dem ich mich blind verstehe. Da gibt es keinen Grund traurig zu sein.

Hätten sie noch gern weitergemacht?

Ich hätte eigentlich schon vor zwei Jahren mit 63 aufgehört. Weil nach dem Ausscheiden eines jüngeren Vorstandskollegen unklar war, ob die vom Aufsichtsrat angedachte Nachbesetzung aus den eigenen Reihen sich zeitlich zügig realisieren lässt, habe ich auf Bitten des Aufsichtsrates noch einmal verlängert. Auch in der Rückschau für alle Beteiligten eine gute Entscheidung, und so hatte ich wenigstens Gelegenheit, mich vernünftig von Kunden und Kollegen zu verabschieden. Das hätte ja in der Pandemie so nicht funktioniert.

Was haben Sie im Ruhestand vor?

Da gibt es keinen Generalstabsplan. Ich werde ein bisschen Golf spielen und mich um den Garten kümmern. Erstmal will ich im Ruhestand ankommen und mich zurechtfinden, dann sehen wir weiter. Auf jeden Fall werde ich aber nicht bis um 9 Uhr im Bett bleiben, sondern ich werde es genießen mit meiner Frau in Ruhe zu frühstücken, da mich nichts mehr drängt, um 7 Uhr im Büro zu sein. Außerdem bin ich vor kurzem Opa geworden. Ich denke, auch das wird mich ein bisschen fordern. Meinem Enkel habe ich an seinem Geburtstag natürlich gleich ein Konto bei uns eröffnet.


Zur Person

Manfred Schneider wurde 1957 in dem Reichshofer Örtchen Hamig geboren, er kam zur allgemeinen Überraschung als unerwarteter Zwilling seines eine Dreiviertelstunde älteren Bruders Reinhard zur Welt. Nach der Volksschule in Bergerhof und der Handelsschule in Waldbröl trat er 1974 seine Ausbildung bei der Volksbank Oberberg an.

Nach der Bundeswehr arbeitete sich Schneider hoch und qualifizierte sich zum Diplom-Bankbetriebswirt, bis er 1999 in den Vorstand berufen wurde. Seit 2007 ist er stellvertretender Vorsitzender der Volksbank. Manfred Schneider lebt in Marienheide-Müllenbach, ist in zweiter Ehe verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder und seit kurzem Großvater. (tie)

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