ArbeitsmarktWunsch nach früherem Renteneintritt könnte Fachkräftemangel in Oberberg verstärken

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Ein Mitarbeiter der Terrot GmbH, hier im Dezember 2022 in Chemnitz, verdrahtet die Steuerung einer Großrundstrickmaschine. Dass Fachkräfte in Deutschland rar sind, ist lange bekannt. Auch die Agentur für Arbeit ermuntert Unternehmen, dem Mangel auf verschiedenen Arten zu begegnen.

Fachkräftemangel im Oberbergischen Kreis: Auch die Agentur für Arbeit ermuntert Unternehmen, dem Mangel auf verschiedenen Arten zu begegnen.

Der Fachkräftemangel im Oberbergischen Kreis erstreckt sich laut Agentur für Arbeit nahezu über alle Branchen. 

Der Facharbeitermangel ist eins der Themen, auf das die Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach in ihrem in dieser Woche veröffentlichten Jahresbericht den Fokus gelegt hat. „In naher Zukunft“, heißt es in dem Papier, „wird sich die demografische Entwicklung weiter und nachdrücklich bemerkbar machen.“

Denn allein im Oberbergischen Kreis vollenden 23,5 Prozent der Beschäftigten innerhalb der kommenden zehn Jahre das 65. Lebensjahr.

Agentur für Arbeit: „es sind besonders die Fachkräfte, die fehlen“

„Da nach der aktuellen Berichterstattung viele der ,Babyboomer’ die vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen, wird die Zahl derer, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden, schneller größer werden als vielleicht gedacht“, heißt es wörtlich im Bericht. „Hierbei sind es in absoluten Zahlen besonders die Fachkräfte, die fehlen – prozentual sind es vor allem die Spezialisten und die Experten.“

Im Arbeitsmarktbericht wird Ralf Steinhauer, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, die auch für Oberberg zuständig ist, zitiert: „Viele von uns haben den Fachkräftemangel bereits am eigenen Leib verspürt, denn er erstreckt sich über nahezu alle Branchen – neben Erziehung und Pflege sind es vor allem das Verarbeitende Gewerbe – hier vor allem die Metallerzeugung und -verarbeitung – die Energie- und die Wasserversorgung, die Gastronomie, Verkehr und Lagerei, aber auch die Grundstücks- und Wohnungswirtschaft oder die Finanzdienstleistungen, wo besonders viele ältere Menschen arbeiten.“

Was kann man dagegen tun? Der Fokus liege schon seit einigen Jahren auf der Qualifizierung Geringqualifizierter, auf der Erschließung zusätzlicher Potenziale, etwa bei der Erwerbstätigkeit von Frauen, oder auch auf die Integration schwerbehinderter Menschen.

Die Bundesagentur für Arbeit engagiere sich schon lange bei der Rekrutierung von Beschäftigten aus dem Ausland – „dies auch mit Erfolg“, wie Steinhauer betont. „Unternehmen, die Interesse daran haben, dieses vielversprechende Potenzial mit all seinen positiven Impulsen, aber natürlich auch Herausforderungen für sich zu erschließen, beraten wir/berät unser Arbeitgeber-Service gerne bei der Umsetzung“, wird er zitiert.

Die neuen, nach und nach einsetzenden Regelungen des Bürgergeldes würden es den Jobcentern gestatten, ihre vielfältigen Bemühungen um Integration „noch fokussierter fortzusetzen“ – seien es Aktivitäten für Langzeitarbeitslose mit unterschiedlichen Einschränkungen oder solche zur Integration geflüchteter Menschen.

Unternehmen werden gefordert: Attraktive Ausbildungsbedingungen und Weiterbildungsangebote

„Die Zahl der Insolvenzen ist bislang gering geblieben“, schreibt die Arbeitsagentur. Es stehe jedoch zu befürchten, dass die Auswirkungen der globalen Entwicklungen sowie der Strukturwandel insbesondere im Automotive-Bereich Arbeitsplatzverluste mit sich bringen. Auf der anderen Seite werde die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften nicht nur hoch bleiben, sondern weiter zunehmen.

Dies wiederum werde die Unternehmen zunehmend fordern, mehr Kreativität und Initiative zu entwickeln. „Althergebrachte Rekrutierungsaktivitäten werden immer weniger ausreichen, den eigenen Fachkräftebedarf zu decken“, warnt die Agentur vor Untätigkeit.

„Attraktive Ausbildungsbedingungen und Weiterbildungsangebote für die bereits Beschäftigten, maßgeschneiderte Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Möglichkeiten der Gewinnung, aber auch des ,Festhaltens’ von Fachkräften.“ Die Pläne der Bundesregierung, die Regeln für die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland zu erleichtern, seien ein zusätzlicher wichtiger Beitrag.

Die Agentur für Arbeit setze weiterhin auf die Förderung der beruflichen Weiterbildung und wolle auch in diesem neuen Jahr den Fokus auf diesen Bereich legen. „Unser Arbeitgeber-Service steht jedem interessierten Unternehmen für individuelle Beratungen zur Verfügung, und zwar unter der kostenlosen Service-Nummer 0800/4555520.“


Ausblick aufs neue Jahr

Für das neue Jahr deutet sich aus Sicht der Agentur für Arbeit eine uneinheitliche Entwicklung des Arbeitsmarktes an. Bereits 2022 hatte es regional spürbare Unterschiede gegeben.

Während in Leverkusen im Dezember 5,3 Prozent weniger Menschen arbeitslos waren als ein Jahr zuvor, waren es im Rheinisch-Bergischen Kreis nur 0,2 Prozent weniger – im Oberbergischen Kreis hingegen seien es sogar 2,9 Prozent mehr gewesen als im Vergleichsmonat 2022.

Schlussfolgerung der Arbeitsagentur: „Dies deutet darauf hin, dass der produktionsorientierte Arbeitsmarkt stärker von den Auswirkungen der globalen Krisen getroffen wird, als die eher dienstleistungsorientierten Regionen.“ (sül)

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