IHK-Umfrage in OberbergUnternehmen fürchten Folgen des Ukraine-Kriegs

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Fallende Kurven, Pfeile nach unten: IHK-Chef Michael Sallmann berichtete von pessimistischer Stimmung bei den Unternehmern.

Fallende Kurven, Pfeile nach unten: IHK-Chef Michael Sallmann berichtete von pessimistischer Stimmung bei den Unternehmern.

Oberberg – Kaum hat sich die oberbergische Industrie von der schwierigen Zeit der Pandemie erholt, muss sie nun die Folgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine fürchten. Dementsprechend pessimistisch fällt das Stimmungsbild aus, das die Industrie- und Handelskammer (IHK) bei ihrer Frühjahrs-Konjunkturumfrage ermittelt hat. Und darin spiegelt sich das drohende Gasembargo gegen Russland noch gar nicht richtig wider.

Embargo würde Edelstahlwerke treffen

Zwischen März und April hat die IHK Köln in ihrem gesamten Kammerbezirk die Antworten von 530 Unternehmen gesammelt und ausgewertet, davon 94 aus dem Oberbergischen Kreis. Schon in diesem Befragungszeitraum waren die steigenden Energie- und Rohstoffpreise der mit Abstand größte Sorgentreiber. Bei der Frage nach den Hauptrisiken fürs Geschäft lagen sie bei der vergangenen Umfrage im Winter noch gleichauf mit dem Fachkräftemangel, sagte Oberbergs IHK-Geschäftsstellenleiter Michael Sallmann am Donnerstag bei der Vorstellung des Berichts: „Wenngleich sich die Fachkräftesituation kein bisschen verbessert hat, wird sie von den Unternehmern jetzt nur noch als zweitgrößtes Risiko angesehen.“

Produktion im Wandel

Erst Corona, jetzt der Krieg in der Ukraine haben dazu geführt, dass auch in oberbergischen Unternehmen neu über die Produktionsplanung nachgedacht wird, sagt IHK-Geschäftsstellenleiter Michael Sallmann. Die Produktion ohne große Lagerhaltung und „just in time“, bei der von anderen Unternehmen gelieferte Produkte unmittelbar weiterverarbeitet werden, sei zwar höchsteffizient – aber eben auch höchstanfällig, wenn Lieferketten etwa durch chinesische Städte und Häfen im Corona-Lockdown abreißen.

„In allen Unternehmen wird derzeit darüber nachgedacht, wie sie diese Verletzlichkeit reduzieren können, etwa durch eine zweite Bezugsquelle“, so Sallmann. Für Europa und für auch Oberberg würden die Krisen aber auch die Chance bieten, dass ein Teil der Produktion wieder aus fernen Ländern zurückgeholt wird. (ag)

Die Energiepreise steigen bereits seit vergangenem Jahr, ein Gas-Einfuhrstopp aus Russland könnte die Situation auch für oberbergische Betriebe weiter verschärfen. Wie genau ein Embargo die Industrie treffen könnte, kann Sallmann nicht sagen: „Sollte es zu Gasknappheit kommen, wird die Bundesnetzagentur die Gasverteilung regeln.“ Klar ist: In Oberberg wären vor allem die großen Edelstahlwerke, die mit gasbetriebenen Öfen arbeiten, von diesem Problem betroffen, weiß Sallmann: „Die versuchen derzeit über ihre Verbände nachzuweisen, dass sie bei einem Lieferengpass großen Schaden erleiden würden.“

Krieg sorgte für eine Schocklage

Der sich ausbreitende Krieg und die folgenden Sanktionen mitten im Befragungszeitraum habe bei der Wirtschaft für eine Schocklage gesorgt, so Sallmann: „Einige Unternehmen haben in den ersten Kriegswochen unerwartet erfahren müssen, dass Vorlieferanten plötzlich nicht mehr liefern können.“ Das habe auch zu Dominoeffekten geführt. Ein Beispiel: Ein deutsches Unternehmen, das Kabelbäume auch in ukrainischen Werken produzieren ließ, konnte nicht länger Automobilhersteller in Süddeutschland beliefern. Und weil dort die Produktion stockte, waren auch Automobilteilehersteller in Oberberg betroffen. Nicht nur diese unmittelbar zu spürenden Folgen durch den Krieg in Europa, sondern auch die allgemeine Stimmungslage haben bei der Befragung zu deutlichen Dämpfern geführt. In Zahlen drückt sich das so aus: Hatten die Unternehmen bei der vergangenen Befragung ihre Lage noch zu 44 Prozent mit gut und nur zu 16 Prozent mit schlecht angegeben, sank der Gut-Wert nun auf 33 Prozent und der Schlecht-Wert stieg auf 23 Prozent.

Bleibt die Verunsicherung?

Ihre Geschäftserwartungen gaben nun 34 Prozent der Befragten mit „schlechter“ an (+19 Prozentpunkte), 45 Prozent mit „gleichbleibend“ (–17 Prozentpunkte). Zudem haben mehr Befragte ihre Investitionspläne zurückgeschraubt. Bei der Frage nach Beschäftigungsplänen zeige sich der Negativtrend nicht, so Sallmann: „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels warten die Unternehmen die weitere Entwicklung der Lage ab, bevor sie sich von ihrer Stammbelegschaft trennen.“

Ob die Ergebnisse der nächsten Konjunkturumfrage das derzeitige Stimmungsbild bestätigen, bleibt abzuwarten. Sallmann merkt an, dass die jetzige Umfrage besonders stark unter dem Eindruck des Krieges steht: „Vielleicht ist die Verunsicherung bei den Unternehmern bereits wieder etwas gesunken.“

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Trotzdem hänge die weitere Konjunkturentwicklung klar von der Situation in der Ukraine ab, sagt der IHK-Chef: „Wenn es eine Lösung für den Krieg gibt, ist die Chance groß, dass Unternehmer wieder optimistischer sind, dementsprechend investieren und die Lage sich wieder verbessert.“ Stabile Rahmenbedingungen und ein Gefühl der Sicherheit seien gerade in der globalisierten Wirtschaft Grundvoraussetzungen.

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