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Regelmäßiges TrainingPflicht für alle Polizisten - Auch Chefs müssen treffen

3 min

Stefan Nahrgang legt an: Dreimal jährlich muss der Polizeihauptkommissar im Schießkino üben.

  1. Der Waffeneinsatz im Arbeitsalltag ist für die Kollegen nur die Ultima Ratio, sagt Holger Dominique, Sachgebietsleiter Aus- und Fortbildung bei der Kreispolizeibehörde Oberberg.
  2. Die 330 Polizisten müssen trotzdem mindestens einmal im Jahr im Schießkino in Gummersbach trainieren.
  3. Wie läuft so ein Schießtraining ab? Wir haben die Beamten begleitet.

Gummersbach – Im Alltag müssen Oberbergs Polizisten nur selten zur Waffe greifen – und noch seltener wirklich abdrücken. Geschossen wird in der Regel auf Tiere, um sie nach Verkehrsunfällen schwer verletzt von ihrem Leiden zu erlösen. Lebensbedrohliche Situationen für sich und andere, die den Waffeneinsatz rechtfertigen würden, kommen zum Glück nur selten vor. Trotzdem muss der Umgang mit Pistole und Maschinenpistole regelmäßig trainiert werden. Die 330 oberbergischen Polizisten tun dies im Schießkino ihrer Behörde hinter dem ehemaligen Polizeigebäude an der Gummersbacher Karlstraße.

Wer im Außendienst arbeitet, muss dreimal im Jahr antreten, „Bürohengste“ immerhin noch ein Mal. Auch für den Polizeichef wird keine Ausnahme gemacht: „Wer Polizist ist, muss schießen können“, sagt Holger Dominique, der Sachgebietsleiter Aus- und Fortbildung bei der Kreispolizeibehörde.

Handhabung, Haltung und Treffsicherheit

Die rechtlichen Voraussetzungen, wann es zum Schusswaffeneinsatz kommen darf, haben die Polizisten während ihrer Ausbildung gelernt, in der „Raumschießanlage“, wie der Schießstand im Polizeideutsch heißt, zählen nur noch die richtige Handhabung und Haltung der Waffen – und natürlich die Treffsicherheit.

Nicht nur scharfe Munition werden von den Trainern in die Waffen gesteckt. Das soll beim Training helfen.

Geschossen wird auf eine Distanz von maximal 25 Meter, die meisten Trainingseinheiten spielt sich im Nahbereich zwischen 5 und 10 oder bis zu 15 Metern ab. Die Schießanlage ist schallisoliert, bei geschlossener Türen hört man die Schüsse außerhalb kaum. Eine Filteranlage saugt den Feinstaub ab, ein Altmetallhändler entsorgt die leeren Partionenhülsen ab. Die Treffer auf der Videoleinwand werden mit Schießpflaster abgeklebt, alle zwei Monate sind es zu viele Löcher und Pflaster, dass die Leinwand ausgewechselt werden müssen.

Leinwand muss regelmäßig ausgetauscht werden

Die Schießbahn ist schmal, mehr als zwei Beamte nebeneinander können nicht gleichzeitig schießen. Was sie treffen sollen, erscheint am Ende der Bahn auf einer Videoleinwand: Farbige Kreise oder Rechtecke, auch Einsatzszenen werden dargestellt.

Polizeihauptkommissar Stefan Nahrgang macht sich fertig für seine erste Einheit: Gehörschutz und Brille sind Pflicht für den Schützen und jeden anderen auf dem Schießstand. Jeder Schütze hat einen der vier Trainer an seiner Seite, der die Ziele per Fernbedienung auf die Leinwand projiziert und dem Beamten ansagt, wann und aus welcher Entfernung er schießen soll und wann er die Waffe wieder in den Holster stecken muss.

Wann stehend oder knieend geschossen werden soll oder ob rechts oder links hinter einer Deckung vorbei, legt der Trainer fest.

Auch wann stehend oder knieend geschossen werden soll oder ob rechts oder links hinter einer Deckung vorbei, legt der Trainer fest. Zum Ablauf gehört auch, dass die Trainer den Schützen nicht nur scharfe Munition in die Magazine stecken, sondern mittendrin auch einen Blindgänger platzieren, der die Waffe blockiert und die der Schütze durch Repetieren des Schlittens schnell aus der Kammer entfernen muss, um weiterschießen zu können.

„Das kann ich sonst besser!“

Was Nahrgang treffen und wie er anlegen soll, können ihm die Trainer vom PC aus auf der Videoleinwand vorgeben.

Sechs Übungen sind pro einstündiger Trainingseinheit zu absolvieren. Stefan Nahrgang ist an diesem Vormittag mit seinem ersten Ergebnis nicht zufrieden: Wäre jeder Schuss ein Treffer gewesen im Ziel eingeschlagen, hätte er 20 Patronen gebraucht, 23 sind es geworden: „Das kann ich sonst besser“, sagt er. 28 Schuss hätte er sich erlauben können. Noch einen mehr und er hätte „nachsitzen“ müssen. Dann arbeiten die Trainer an Handhabung und einer besseren Körperhaltung des Schützen, um dessen Trefferquote zu erhöhen. Das hilft, wegen zu vieler „Fahrkarten“ hat aber noch kein oberbergischer Polizist seinen Job verloren.

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Der Waffeneinsatz im Arbeitsalltag, unterstreicht Holger Dominique, sei für die Kollegen nur die Ultima Ratio, das letzte Mittel. Kommunikation ist meistens das bessere Einsatzmittel.