BrandstiftungMann aus Reichshof soll Pfarrkirche angezündet haben

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Weihbischof Ansgar Puff (r.) und Dechant Martin Kürten stehen in der zerstörten Pfarrkirche Kreuzerhöhung und betrachten das Ausmaß der Schäden. Für den Brand im Februar vergangenen Jahres muss sich jetzt ein Reichshofer vor dem Landgericht in Koblenz verantworten.

Nach dem Brand in der Pfarrkirche Kreuzerhöhung in Wissen an der Sieg besuchte Weihbischof Ansgar Puff (r.) den Tatort und ließ sich von Dechant Martin Kürten das Ausmaß der Schäden zeigen.

Zwei Millionen Euro Schaden angerichtet haben soll ein Reichshofer, indem er in der Pfarrkirche Kreuzerhöhung in Wissen (Sieg) Feuer legte.

Wer zu viel trinkt, kann einen Filmriss bekommen. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die Erinnerung an am Vorabend Gesagtes und Getanes – teils wie weggeblasen. Doch kann das Gehirn tatsächlich ein so einschneidendes Ereignis wie das Anzünden einer Kirche „vergessen“? Genau das behauptet ein 39-Jähriger aus Reichshof seit Dienstag vor dem Landgericht in Koblenz.

Dort muss er sich wegen Brandstiftung verantworten: In Wissen an der Sieg (Landkreis Altenkirchen) soll der Angeklagte in der Nacht zum 10. Februar dieses Jahres die katholische Pfarrkirche Kreuzerhöhung angesteckt und einen Schaden in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro verursacht haben. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, gegen 2.28 Uhr mit einem Bimsstein die Scheibe am Notausgang der Kirche eingeschlagen und sich Zugang zum Gebäude verschafft zu haben. Dann sollen Kreuze, Teppiche, Bänke zusammengeschoben und mit einem Feuerzeug in Brand gesteckt worden sein.

Reichshofer sitzt zurzeit in Koblenz hinter Gittern

Der Reichshofer sitzt zurzeit in der Koblenzer JVA in der Untersuchungshaft. An die angeklagte Tat könne er sich nicht erinnern, diese Gedächtnislücke schiebt er auf einen „alkoholbedingten Blackout“. Zuvor hatte sich der Beschuldigte nahezu lethargisch sich den Weg quer durch den Gerichtssaal gebahnt.

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Danach muss ihm der Vorsitzende Richter Vieles aus der Nase ziehen. Einen Schulabschluss? Hat der Angeklagte nicht. Er gibt an, dass er seit der Pubertät bereits an Depressionen leide. Vor dem Feuer in Wissen will er ordentlich getrunken haben. Gemeinsam mit seinen Anwälten hat er ein Statement zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft vorbereitet, es wird vor Gericht schließlich verlesen.

Angeklagter aus Reichshof will vor der mutmaßlichen Tat ordentlich gebechert haben

Darin heißt es, er habe wegen psychischer Probleme in der Wohnung eines Freundes zur Flasche gegriffen – der Kumpel habe versucht, ihn davon abzuhalten. In weniger als einer halben Stunde will der 39-Jährige ein Sixpack Bier heruntergekippt und danach allein in einer Kneipe weitergetrunken haben. Mehr Bier und Schnaps habe er sich später in einer Tankstelle gekauft – dann: Blackout: „Hier endet meine Erinnerung“. Erst in der Wissener Psychiatrie will er zu sich gekommen sein. Dort waren einem Gutachten zufolge 1,6 Promille Alkohol im Blut gemessen worden, heißt es vom Koblenzer Landgericht.

Bei der mutmaßlichen Tat ist der Reichshofer offenbar gefilmt und danach rasch identifiziert worden, noch am selben Tag konnten ihn Beamte der Betzdorfer Polizei-Inspektion aufspüren. Vor Gericht entschuldigte er sich: „Für den entstandenen Schaden möchte ich mich entschuldigen. Wieso ich da drin war, kann ich nicht erklären.“ Und er wisse auch nicht, warum er das getan habe, fügte er hinzu. Die Flammen zerstörten unter anderem einen Hochaltar aus dem 18. Jahrhundert. Der Schaden am und im Gotteshaus soll sich insgesamt auf rund zwei Millionen Euro belaufen.

Zurzeit ist die Pfarrkirche Kreuzerhöhung geschlossen, die Instandsetzung soll bis 2025 andauern. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, fünf Verhandlungstage sind für den Prozess bisher angesetzt.

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