VfL-Gummersbach-Geschäftsführer„Möchten ein Zeichen für junge Spieler setzen“

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Will den VfL Gummersbach nachhaltig weiter entwickeln: Christoph Schindler.

Will den VfL Gummersbach nachhaltig weiter entwickeln: Christoph Schindler.

  • Wie es für den VfL Gummersbach in der Zweiten Handball-Bundesliga weitergeht, ist immer noch unklar.
  • Wir sprachen mit VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler über die schwierige Situation.

Gummersbach – Trainer Torge Greve und Jugendkoordinator Alois Mraz haben sich gestern offiziell verabschiedet, doch wann es in der Zweiten Handball-Bundesliga weitergeht, dahinter steht noch ein Fragezeichen. Über die Auswirkungen von Corona auf den VfL sprach Andrea Knitter mit Geschäftsführer Christoph Schindler.

Vor über drei Monaten fand das letzte Spiel in der 2. Liga statt. Wann findet das erste Spiel der neuen Saison statt?

Schindler: Ich gehe davon aus, dass die Saison in der Zweiten Liga im September spätestens Anfang Oktober startet. Es gibt aber Pläne der Handball-Bundesliga, dass sie je nach Bedarf auch später beginnen kann. Geisterspiele sind für uns keine Alternative, auch wenn einige Kollegen dies befürworten. Wir müssten bei Geisterspielen unsere Spieler bezahlen und würden trotzdem keine Einnahmen im Ticketing generieren. Das ist wirtschaftlich nicht tragbar.

Am 1. Juli beginnt der Vertrag des neuen Trainers Gudjon Valur Sigurdsson und seines Co Anel Mahmutefendic. Dazu gibt es mit Jörg Bohrmann einen neuen Jugendkoordinator in der Akademie. Widerspricht das nicht der Aussage, dass der VfL in der neuen Saison weniger Geld ausgeben will als in der abgelaufenen?

Dabei bleibe ich. In der Summe sparen wir bei den Personalkosten und legen trotzdem mehr Wert auf Trainerarbeit und Infrastruktur, weil wir nachhaltiger arbeiten wollen.

Was bedeutet das?

Wir wollen den VfL für die Zukunft fit machen und auf die nächsten Jahre ausrichten. Dazu haben alle Lust – egal, ob es ein Weltklassehandballer wie Goggi Sigurdsson ist, Anel Mahmutefendic, der von den Füchsen Berlin kommt, oder Jörg Bohrmann, den ich seit zweineinhalb Jahren bearbeite, nach Gummersbach zu kommen. Wir hätten auf die Investitionen in Trainer und Infrastruktur verzichten und dafür einen Bundesligaspieler verpflichten können, das haben wir bewusst nicht getan. Trotzdem haben wir in der Bundesliga auch die Personalkosten angepasst und haben beispielsweise im Tor einen jungen Nachwuchstorhüter verpflichtet.

Warum haben Sie sich für diese Variante entschieden?

Weil wir ein Zeichen für junge Spieler setzen möchten, die von außerhalb kommen, egal ob in der Akademie oder in der Bundesliga. Sie verdienen hier zwar nicht das meiste Geld, haben dafür aber die bestmöglichen Ausbildungsbedingungen. Ein Beispiel ist unser neuer junger Torhüter Diogo Valério. Wir haben ihm nicht umsonst einen Dreijahresvertrag gegeben. Bei uns kann er mit Torwarttrainer Marko Markis arbeiten und sich entwickeln. Eben weil wir viel Wert auf die Trainingsbedingungen legen.

Neben dem Platz

Gestern mittag wurde es bestätigt: Alois Mraz, Co-Trainer des VfL-Zweitligateams und Trainer der A-Jugend-Bundesliga, wechselt zu Bundesliga-Aufsteiger HSC Coburg. Dort wird der 41-Jährige, der im Sommer 2018 zum VfL kam, Trainer der Bundesliga-Mannschaft.

Mit dem 51-jährigen Jörg Bohrmann hat der VfL den Posten des Nachwuchskoordinators in der Handballakademie neu besetzt. Der A-Lizenz-Trainer erhält einen Drei-Jahres-Vertrag. Einhergehend mit der Aufgabe als Nachwuchskoordinator übernimmt Bohrmann die Leitung der Handballakademie. „Jörg ist einer der besten Nachwuchsförderer, die wir in Deutschland haben“, freut sich VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler über die Verpflichtung. Bohrmann leitete von 2006 bis 2012 beim TSV Bayer Dormagen den Jugendbereich und wurde mit der B-Jugend Deutscher Meister. Mit den Dormagener Männern stieg er anschließend in die Zweite Liga auf. Zuletzt trainierte er die HG Saarlouis und die RheinVikings. (r)

Damit ist Matthias Puhle die Nummer eins in der neuen Saison. Ist das nicht riskant?

Es ist ja kein Geheimnis, dass er in den letzten Spielen vor der Corona-Pause wegen gesundheitlicher Probleme mehrfach nicht antreten konnte. Matthias hat noch einen Vertrag für ein Jahr, deshalb gehen wir im Moment davon aus, dass er auch in der nächsten Saison das VfL-Trikot tragen wird.

Sie setzen auf die Nachwuchsarbeit. Bleibt da nicht das Ziel Wiederaufstieg in die Erste Liga auf der Strecke?

Nein, das Ziel geben wir auch weiterhin aus. Aber sicherlich ist es eine besondere Herausforderung, mit weniger Personalkosten sportlich noch mehr aus dem Verein herauszuholen. Und dabei spielt die Nachwuchsarbeit und damit die Akademie eine große Rolle.

Ist das gerade durch Corona und die wirtschaftlichen Entwicklungen nicht sehr schwierig geworden?

Sicher, vor allem ist es viel schwieriger geworden zu planen, weil man noch nicht absehen kann, wie viele Leute sich schlussendlich für Dauerkarte oder Sponsoring entscheiden.

Wie ist die aktuelle finanzielle Lage beim VfL?

Mit der Entwicklung der vergangenen Monate sind wir sehr zufrieden und haben dies ja auch schon kommuniziert. Trotz alledem, wenn wir keine Rechnungen schreiben können, haben wir keine Einnahmen, da wir von Sponsoring und Ticketverkäufen leben. Wir haben keine Rücklagen und können im Moment auch keine Förderung erwarten. Einzig mit dem Kurzarbeitergeld können wir gegensteuern.

Sie haben im Mai einen Aufruf gestartet, dass die Dauerkarteninhaber auf eine Rückerstattung der ausgefallenen Spiele verzichten möchten. Wie groß war die Resonanz?

Sehr groß, so gut wie alle haben verzichtet. Das gilt auch für die Sponsoren. Aber wie gesagt, das war die abgelaufene Saison, jetzt laufen die Planungen für die neue. Und auch da gibt es viele positive Signale.

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Trotz aller Unsicherheiten, wie sehen die Planungen für die kommenden Wochen aus?

Die Spieler werden in den nächsten Wochen nach Gummersbach kommen, um in verschiedenen Tests ihre Form zu zeigen. Anschließend werden wir unter Berücksichtigung aller Auflagen sehen, was an Training möglich ist. Die Kurzarbeit bleibt ein Thema. Wir können aber nicht erst irgendwann sagen, jetzt hatten wir sechs Monate kein Training und in vier Wochen fängt die Saison an.

Gerade mit der starken Reduzierung der Schulden haben Sie persönlich für viel Aufsehen gesorgt und Begehrlichkeiten anderer Clubs geweckt. Ist das ein Thema für Sie?

Nein, natürlich freue ich mich, wenn unsere Arbeit anerkannt wird, das ist auch eine Bestätigung für das, was wir hier tun. Es liegt aber noch viel Arbeit vor uns. Für mich ist der VfL eine Herzensangelegenheit. Wir sind mitten im Prozess der Konsolidierung und Professionalisierung, und da denke nicht daran, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

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