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Sozialarbeit in WaldbrölNachbarschaftsbüro in Eichen muss neuem Familienbüro Platz machen

4 min
Das 2009 gegründete Nachbarschaftsbüro in Waldbröl-Eichen soll zum Jahresende geschlossen werden. Damit braucht auch die Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“ eine neue Bleibe.

Das 2009 gegründete Nachbarschaftsbüro in Waldbröl-Eichen soll zum Jahresende geschlossen werden. Damit braucht auch die Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“ eine neue Bleibe.

Mit Finanzierung durch den Oberbergischen Kreis richtet die gemeinnützige IB West in der Stadtmitte zum Jahreswechsel eine Beratungsstelle ein.

Bevor die gemeinnützige Gesellschaft IB West im Internationalen Bund (IB) zum Jahreswechsel in Waldbröl ein neues Familienbüro eröffnet, gehen im Eichener Nachbarschaftsbüro am 31. Dezember 2025 die Lichter aus. Geplant ist, dass die beiden dort tätigen Beratungskräfte von Eichen in die Stadtmitte und da an die Vennstraße umziehen. Ein direkter Nachbar dort ist die Postbank.

„Die Gespräche mit den Beschäftigten laufen“, bestätigt Regionalleiterin Maya Dauth auf Nachfrage dieser Zeitung. Im vergangenen September hat die IB West in Morsbach das kreisweit erste Büro dieser Art in Betrieb genommen, acht weitere sollen im Kreisgebiet folgen – nun eben auch in der Marktstadt. Die Einrichtung bezahlt der Oberbergische Kreis, seit 2021 ist er Teil des Projekts „Kinderstark – NRW schafft Chancen“, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen den Auf- und Ausbau von Präventionsketten fördert.

Der Kreis wiederum will diese Beratungsstellen als Ankerpunkte in dieser Kette und vor allem als verlängerten Arm seines Jugendamtes etablieren – und zwar in jenen neun Kommunen Oberbergs, die kein eigenes unterhalten.

Der Stadt Waldbröl waren die Räume an der Mecklenburger Straße einst mietfrei zur Verfügung gestellt worden

Dafür muss nun das Eichener Nachbarschaftsbüro weichen. Eingerichtet worden ist es 2009, seither wird dort integrative Stadtteilarbeit mit den Schwerpunkten Familien- und Erziehungsarbeit sowie Kinder- und Jugendarbeit geleistet. Diese Zeitung schrieb damals von einem „Märchen“, hatte doch der Eigentümer die Räume dafür der Stadt zur mietfreien Nutzung angeboten.

„Im vergangenen Jahr aber wurde das Gebäude von einer Wohnungsbaugesellschaft verkauft“, schildert Kreissprecher Philipp Ising. Danach sei die Entscheidung gefallen, den Standort dichtzumachen. „Die neue Eigentümerin verlangt nun eine reguläre Miete, was den Betrieb seitdem erheblich verteuert.“ Finanziert worden ist die Einrichtung gemeinsam von Kreis (zu 53,5 Prozent) und von der Stadt (46,5).

„Hier gibt es Arbeit mehr als genug, wie die Zahl der Kontakte und Beratungen zeigt“, sagt Helmut Rafalski (74), der scheidende Vorsitzender der Waldbröler Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“.

„Hier gibt es Arbeit mehr als genug, wie die Zahl der Kontakte und Beratungen zeigt“, sagt Helmut Rafalski (74), der scheidende Vorsitzender der Waldbröler Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“.

Partner unter dem Dach des Büros ist seit dem Beginn die örtliche Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“. Deren Vorsitzender Helmut Rafalski spricht von einem harten Schlag gegen die Sozialarbeit in dem Viertel der Marktstadt, das als recht problematisch gilt und in dem fast 3400 Menschen aus mehr als 30 Nationen leben: „Hier gibt es Arbeit mehr als genug, wie die Zahl der Kontakte und Beratungen zeigt.“

Helmut Rafalski glaubt nicht, dass die Nutzerinnen und Nutzer des Nachbarschaftsbüros in Waldbröls Mitte fahren

Er glaube nicht, dass die Nutzerinnen und Nutzer des Nachbarschaftsbüros den Weg ins Zentrum finden. „Daher planen wir, unsere alten Bürocontainer an der Eichener Straße wieder aufzumöbeln und darin künftig Beratungen, wenn auch in sehr kleinem Rahmen, anzubieten“, kündigt der 74-jährige Waldbröler an.

Die Bürgergemeinschaft wurde 1994 gegründet, sie zählt derzeit rund 70 Mitglieder und bekommt voraussichtlich am 11. Dezember einen neuen, wahrscheinlich deutlich jüngeren Vorstand, weil auch Helmut Rafalski aus Altersgründen seinen Posten abgibt. Im April 2012 hatte er diesen angetreten.

„Hier in Eichen muss es einfach eine offene Tür geben“, betont er und denkt auch an die Unterstützung bei Behördengängen, bei Problemen mit der Rente oder an den Internet-Laptop mit Drucker, den sein Verein bereitstellt. Auch finden dort Sprachkurse und Freizeitprogramme statt.

2024 etwa arbeiteten dem Jahresbericht zufolge 774 Menschen im Gewächshaus der Bürgergemeinschaft, nahmen an den Kreativgruppen teil oder besuchten das Sprachcafé, 497 Kinder und Jugendliche lernten derweil Arabisch. „Das Nachbarschaftsbüro hat großartige Arbeit geleistet und war ein wichtiger Ort des Miteinanders“, sagt Kreissprecher Philipp Ising. Daran wolle der Kreis anknüpfen und die Familienarbeit an zentraler Stelle in der Stadt weiterentwickeln.

Familienbüros sind zudem geplant für Bergneustadt, Engelskirchen, Nümbrecht und Reichshof. In Hückeswagen, Lindlar und Marienheide, den übrigen Kommunen ohne ein eigenes Jugendamt, übernimmt der Caritas-Verband diese Aufgabe.


Zahlen zur Einrichtung an der Mecklenburger Straße in Waldbröl

Eröffnet worden ist das Nachbarschaftsbüro in Eichen im November 2009 – als ein zunächst auf drei Jahre befristetes Sozialprojekt. Damals haben die Stadt Waldbröl und das Jugendamt des Oberbergischen Kreises haben die Bürgergemeinschaft „Wir in Eichen“ und den Internationalen Bund mit der Trägerschaft der Einrichtung an der Mecklenburger Straße 47 beauftragt.

Der Jahresbericht des Nachbarschaftsbüros, erfasst werden stets die Monate Januar bis September, weist für 2024 insgesamt 2124 Kontakte aus – auf den unterschiedlichsten Wegen, per Telefon etwa oder per E-Mail sowie persönlich. Die Zahl der Gespräche im Büro wird auf 267 beziffert, bei den Beratungen waren insgesamt 45-mal auch Kinder dabei. Es fanden elf zur Sprachförderung bei Erwachsenen statt, zum Beispiel als Vorbereitung auf Sprachprüfungen. Und: „Es kamen deutlich mehr Frauen als Männer zur Beratung, sowie signifikant mehr Menschen mit Migrationshintergrund und ohne deutsche Staatsangehörigkeit“.

Die Heimatsprachen der dort Ratsuchenden waren zuletzt: Russisch, Afghanisch, Marokkanisch, Nigerianisch, Eritreisch, Türkisch, Rumänisch, Mazedonisch, Polnisch sowie Ukrainisch (Reihenfolge nach Häufigkeit).