Uta Wirths (72) liebt ihren Job: Seit 2004 bringt sie den Mitarbeitenden in Waldbröler Betrieben belegte Brötchen und allerhand andere Snacks.
Auf Tour mit dem BrötchenmobilIn Waldbröl hupt das Frühstück einmal lang und zweimal kurz

Seit dem Jahr 2004 ist Uta Wirths (72) aus Waldbröl mit „Uta's Brötchenmobil“ unterwegs und beliefert Firmen in der Stadt Waldbröl und seltener auch in der Gemeinde Morsbach mit Frühstück.
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Claudia Lange weiß, was sie will – diesmal fällt die Wahl auf ein Brötchen mit Rührei und eins mit dicker Fleischwurst. Kurz nach neun ist es, auf dem Betriebsgelände von GC-heat in Waldbröl-Hermesdorf ist prompt Schlangestehen angesagt. Denn Uta ist endlich da. Mit ulkigem, weithin hörbarem Hupton hat sich Uta Wirths vor wenigen Minuten angekündigt, einmal lang und zweimal kurz. Jetzt steht die Klappe von „Uta's Brötchenmobil“ weit offen – es gibt Frühstück. Und nicht nur das: An Bord des grauen VW Caddy findet ein ganzer Kiosk Platz, Snacks, Süßkram und Getränke gibt es zudem.
„Ich kaufe oft bei Uta ein, weil alles super schmeckt und frisch ist – mittwochs komme ich aber immer“, verrät Claudia Lange (61). Denn der Mittwoch ist stets der „Warme Mittwoch“, dann serviert die Rossenbacherin Wirths ihrer Kundschaft auch Schnitzel, Spießbraten, Bock- und Siedewurst, Frikadellen, Fleischkäse. „Immer Fleisch und Wurst wochenweise abwechselnd“, erklärt die selbstständige Unternehmerin – 72 Jahre alt ist sie und seit 2004 sitzt sie am Lenkrad des Brötchenmobils.

Vertraute Gespräche an der offenen Caddy-Klappe sind für Brötchenlieferantin Uta Wirths (links) und Kundin Claudia Lange immer eine schöne Abwechslung auf dem Gelände von GC-heat in Waldbröl.
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Ihr Arbeitstag beginnt früh. Gegen vier, spätestens halb fünf, steht sie in der Küche und fängt an, Brötchen fertigzumachen. Die kommen als Rohlinge aus der Feinbäckerei Dück in Rossenbach, Wirths schiebt sie in den Ofen. Wurst und Fleisch kauft sie bei Metzger Gregor Rosenbaum in Reichshof-Denklingen. Danach ist Uta Wirths auf Achse – um 7.50 Uhr ist der erste Halt, gegen 9.40 Uhr der letzte. 20 Stationen hat ihre Brötchen-Tour diesmal, große Betriebe bekommen 15 Minuten und zwei oder gar drei Stopps, fast zwei Stunden dauert die Frühstücksfahrt.
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„Ich muss ja immer die Pausen erwischen“, erklärt Wirths und verrät, dass so manches Unternehmen die Pause den Brötchentakten angepasst habe, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den ersten Hunger des Tages bequem stillen können. Die Zeit ist knapp, ein Plausch aber geht immer. „Ich weiß so viel Privates, das ist schön“, findet Wirths.

Der Metzgermeister Gregor Rosenbaum aus Denklingen, Gemeinde Reichshof, legt auf Regionalität großen Wert. So beliefert er in Waldbröl etwa auch Uta Wirths und ihr Brötchenmobil.
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Auch Christian Radtke schiebt bei GC-heat schon mächtig Kohldampf, in der Papiertüte landen ein Ei-Brötchen und eins mit kaltem Fleischkäse. „Ich bin faul“, erklärt Radtke (33) lachend, warum der Henkelmann zu Hause bleibt. „Deswegen kaufe ich bei Uta.“
Die Kooperation mit Metzger Gregor Rosenbaum in Reichshof währt bereits zwei Jahrzehnte
Sein Kollege Marco Schadzitheodosiou hat dagegen die Arme voll mit Getränken, der 54-Jährige ist ebenfalls Stammkunde. 1,60 Euro kostet ein einfaches Brötchen, etwa mit Salami, Käse oder Haselnusscreme, vier Euro dagegen der große Magenfüller – mit Spießbraten, zum Beispiel. „Die jungen Beschäftigten kaufen heute mehr ein als die älteren“, beobachtet Wirths.
20 Jahre bereits währt die Kooperation mit Metzger Rosenbaum, in Denklingen hat der 51-Jährige seine Schlachterei. Einmal in der Woche bestellt die Brötchenfrau dort ihre Ware. „Es ist sehr beeindruckend, wie sich das Brötchenmobil etabliert hat – ohne viel Werbung“, zollt ihr Rosenbaum Respekt und ergänzt: „Für uns geht es darum, unsere regionalen Produkte auch hinaus in die Region zu bringen.“

In Morsbach gehört auch Thomas Kötting zu den Stammkunden von Uta Wirths. Er freut sich, dass es einen solchen Service überhaupt noch gibt.
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Denkt die gelernte Speditionskauffrau an den ersten Tag im Brötchenmobil, muss sie sich schütteln: „Der war furchtbar – ich hatte 80 Brötchen, verkauft habe ich zehn, vielleicht 15. Niederschmetternd!“ Zuvor arbeitet sie als Textilverkäuferin, danach baut sie mit Ehemann Günther (vor vier Jahren verstorben) eine Spedition auf. „Der hatte tolle Kontakte zu den Firmen in Waldbröl – und die habe ich abgeklappert und um Erlaubnis gefragt“, blickt Uta Wirths zurück. Ihr Mann habe ihr immer Mut gemacht.
Am Ende ist das Brötchenmobil aus Waldbröl doch ein Erfolgsmodell – doch dann komm Corona
Und so wird das Brötchenmobil doch ein Erfolgsmodell – „bis Corona kam, danach sind mir zwei Drittel des Umsatzes weggebrochen“, sagt die quirlige Chefin. „Aber ich kann nicht zu Hause auf dem Sofa liegen, ich muss was machen, ich muss arbeiten.“
Das tut sie an diesem Morgen auch in der Morsbacher Ortschaft Eugenienthal, der einzigen Adresse außerhalb der Marktstadt. Da ist der Holz- und Kunststoffhandel ZEG ihr Ziel und André Klöppel (58) einer der Wartenden an der Lagerhalle: Heute dürfen es auch Donuts sein, die sind hausgemacht. Klöppel schwärmt: „Alles schmeckt.“ Und sein Kollege Thomas Kötting (59) freut sich, dass es diesen Service überhaupt (noch) gibt. „So etwas ist doch meist bereits ausgestorben.“
Ab 2028 muss Kötting aufs Brötchenmobil wohl verzichten. „Dann ist Schluss“, kündigt Uta Wirths an, längst gönnt sie sich einen „Renten-Freitag“, dann fährt sie nicht raus. „Ich hasse das frühe Aufstehen, und das schon seit dem Anfang.“ Wobei – nichts tun, gar nichts? Wirths grübelt. „Ich könnte mir vorstellen, meine Brötchen an Automaten zu verkaufen, die sich selbst befülle.“

