Der kleine Mazen aus dem LibanonWaldbrölerin erinnert sich an Flüchtlingsfamilie

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Vom Libanon ins Oberbergische und dort nach Waldbröl führte im Januar des Jahres 1977 die abenteuerliche Flucht der Familie Darwiche.

Vom Libanon ins Oberbergische und dort nach Waldbröl führte im Januar des Jahres 1977 die abenteuerliche Flucht der Familie Darwiche.

Waldbröl/Berlin – „Ich wüsste so gern, was aus meinem kleinen Mazen geworden ist!“ Noch heute kämpft Dorothea Habib mit den Tränen, wenn sie an das winzige Baby mit den riesigen Augen denkt, das ihr anvertraut worden war. Das ist jetzt 46 Jahre her.

Dorothea Habib war damals eine junge Kinderkrankenschwester und der drei Wochen alte Mazen das jüngste Kind der Familie Darwiche: Der war mit neun Kindern eine abenteuerliche Flucht aus dem vom Bürgerkrieg erschütterten Libanon nach Deutschland gelungen.

Zunächst kam die Familie nach Berlin. „Mazens Mutter konnte ihr jüngstes Kind nicht stillen, der Kleine war stark unterernährt und musste monatelang in unserem Krankenhaus aufgepäppelt werden“, erinnert sich die heute 73-Jährige. Als die Eltern mit den Geschwistern nach Waldbröl verlegt und dort in einer Unterkunft im Stadtteil Eichen untergebracht wurden, blieb Baby Mazen zunächst in Berlin zurück, weil er zu schwach für die Reise war.

Auf Fotos und einen Bericht in der Zeitung gestoßen

„Das war damals so“, sagt die frühere Kinderkrankenschwester Habib und beschreibt die Situation: „Vorher durften die Eltern ihn auch nur zweimal in der Woche besuchen. Zu der Zeit gab man noch nicht so viel um die Psyche.“ Für Mazens Mutter Hohad müsse das nur sehr schwer zu ertragen gewesen sein, ahnt Habib. „Beim Abschied hat sie mir ihr Kind anvertraut. Immer wenn ich Dienst hatte, war der kleine Mazen mein Baby, das mir ganz besonders am Herzen lag.“

Beim Kramen in alten Kartons stieß Dorothea Habib jetzt auf Fotos und auf einem Bericht aus der Zeitung vom 6. Januar 1977. Unter dem Titel „Arabische Laute in der Siedlung in Eichen“ beschreibt der Reporter die „mit Betten vollgestopfte Unterkunft“, das Mobiliar, das im Wesentlichen aus einem nicht funktionierenden Fernseher besteht, die Habseligkeiten der Familie, die in zwei Pappkartons Platz finden, und ruft „warme Herzen und helfende Hände“ dazu auf, „den Start zu erleichtern“.

Mazen ist auf den Fotos der Reportage nicht zu sehen, er wurde erst Wochen später von Dorothea Habib persönlich im Krankenwagen nach Eichen gebracht, dort wurden die beiden freudig empfangen. „Es war so eine nette Familie“, schwärmt sie noch immer ganz gerührt. „Verständigt haben wir uns mit Händen und Füßen. Ich habe da dann auch übernachtet, und seine Mutter bestand darauf, dass Mazen in der Nacht bei mir blieb, damit wir beide uns verabschieden konnten, bevor ich am nächsten Tag mit der Bahn nach Berlin zurück gekehrt bin.“

Ein gutes Jahr später besuchte die Familie Darwiche Dorothea noch einmal in Eichen, eine Zeit lang standen Familie und Krankenschwester noch in Kontakt, später schlief dieser ein. Ob Vater Mohammed wohl als Koch Arbeit gefunden hat? Was die älteren Geschwister wohl heute machen?, fragt sich Dorothea Habib.

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Und vor allem, was aus dem kleinen Mazen geworden ist, der immer noch einen Platz im Herzen seiner früheren Kinderkrankenschwester hat. „Ich würde mich so sehr freuen, wenn jemand die Familie kennt und mir helfen kann, einen Kontakt herzustellen.“

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