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WasserbelastungBrunnen in Linde enthält coliforme Bakterien

Lesezeit 4 Minuten

Landwirt Stefan Hagen an dem Brunnen, dessen Wasser mit Keimen belastet ist.

Linde – Zoff ums Wasser gibt es in Linde-Reudenbach. Im Brunnenwasser von Stefan Hagen wurden sogenannte coliforme Bakterien festgestellt. Den Landwirt wundert das nicht, wie er betont. Bereits im Frühjahr habe er die Behörden vor der Gefahr einer Wasserverschmutzung gewarnt – passiert sei allerdings wenig.

Die Ausgangslage

Nahe seinem Hof in Linde-Unterschümmerich besitzt Stefan Hagen drei Tiefbrunnen, deren Wasser er als Trink- und Brauchwasser für die Bewohner von zwei Häusern und das Vieh nutzt. Auch der Gartenbau wird mit diesem Wasser versorgt. Im Februar 2021 entdeckte er am Waldrand oberhalb dieser Brunnen – Hagen spricht von 150 Metern Luftlinie Entfernung – ungewöhnlich viele Knochen und wenige Schritte später ein Erdloch, in dem Überreste und Innereien von Wildtieren lagen. Hagen fertigte Fotos an.

Was ist passiert?

Im Oktober dieses Jahres stand die Routineprüfung der drei Brunnen an. Im Wasser eines Brunnens – er fördert Wasser aus einer Tiefe von knapp 100 Metern – stellten die Experten eine Bakterien-Konzentration fest, die über dem Wert lag, den die Trinkwasserverordnung zulässt. Mitte Oktober erließ das Gesundheitsamt des Kreises deshalb eine Verfügung, nach der Hagen das Wasser abkochen muss, zumindest soweit es von Menschen getrunken wird oder zur Zubereitung von Essen dient. Für das Vieh sieht das Amt keine Probleme, ebenso wenig etwa für die Nutzung zum Duschen. Zeitgleich ordnete der Kreis die erneute Prüfung des betroffenen Brunnens bis Ende November an. Das Ergebnis dieses zweiten Tests liegt nun vor – der Brunnen ist erneut durchgefallen.

Das sagt der Landwirt

Stefan Hagen sieht zwischen der Kadavergrube und der nun festgestellten Belastung seines Wassers einen Zusammenhang. Er spricht von „illegaler Kadaververklappung“ und erhebt den Vorwurf der „vorsätzlichen Verseuchung und somit gesundheitlichen Gefährdung von Menschen“.

Bereits im Februar und März dieses Jahres wandte sich Hagen mündlich und schriftlich an zahlreiche Behörden mit dem Ziel, die Überreste entfernen zu lassen. Entsprechende Dokumente liegen der Redaktion vor. Neben mehreren Adressen bei der Gemeinde- und der Kreisverwaltung versuchte Hagen auch die Polizei und das Regionalforstamt ins Boot zu holen. Oft erhielt er den Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit als Antwort. Vor allem stellte Hagen seine Sorge dar, dass Starkregen zu einem Überlaufen der Grube führen und die Verwesungsflüssigkeit sich dann mit dem Brunnenwasser vermischen könnte.

Das sagt der Jagdpächter

Der damalige Pächter des Jagdreviers ist der Redaktion namentlich bekannt. Seinen Namen möchte er allerdings nicht in der Zeitung lesen. Er betont aber, dass eine solche Grube durch das Jagdrecht gedeckt und „seit Jahrhunderten gängige Praxis“ sei. Die Überreste, die nach dem Aufbrechen der Wildtiere zurückbleiben, würden schon nach kurzer Zeit von Füchsen und Wildschweinen gefunden und gefressen.

Das sagt der Kreis

Die oberbergische Kreisverwaltung habe reagiert und gleich mehrere Ämter mit Hagens Meldung beschäftigt, erklärt Kreissprecherin Iris Trespe auf Nachfrage unserer Zeitung. Beim Kreis-Ordnungsamt und der Lebensmittelüberwachung habe die Grube genauso eine Rolle gespielt wie beim Umweltamt, dem Gesundheitsamt, der Wasser- und Abfallbehörde und nicht zuletzt der Jagdbehörde.

Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien auch vor Ort gewesen, hätten aber „für ihre Zuständigkeit keinen Handlungsbedarf gesehen haben“, so Trespe. Die Kreissprecherin betont zudem die Einschätzung des Veterinäramtes. „Danach dürfen verendete Wildtiere in der Natur verbleiben, es gibt keine Beseitigungspflicht für den Jäger. Erlegte Tiere und Teile davon dürfen im Revier beseitigt werden“, so die Kreisverwaltung. Vorschriften für die Art der Beseitigung gebe es nicht. Möglich sei neben dem Vergraben zum Beispiel auch der Einsatz auf einem Luderplatz oder das Verfüttern an aasfressende Vögel.

In der Ordnungsverfügung von Mitte Oktober legt der Kreis außerdem dar, dass „die Verunreinigung des Wassers darauf schließen lässt, dass ggf. Fäkalien (Ausscheidungen von Menschen und Tieren) in das Grundwasser oder in die Wasserversorgungsanlage eingedrungen sind“.

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Das sagt die Gemeinde

Das Lindlarer Rathaus sieht Stefan Hagen besonders in der Pflicht, denn der Boden, in den die Grube gegraben wurde, ist Teil eines alten Weges, der im Eigentum der Gemeinde steht. Die Besitzverhältnisse bestätigt Bürgermeister Dr. Georg Ludwig. „Wir waren nicht erpicht auf diese Grube, aber sie ist durch das Jagdrecht gedeckt“, betont Ludwig. Die Gemeinde habe mit mehreren Entsorgern gesprochen, um die Überreste aus dem zwischenzeitlich mit Erde bedeckten Loch zu heben. Vergeblich. Auch die Umlagerung auf ein anderes Grundstück sei nicht möglich gewesen.

„Letztlich blieb uns nichts anderes übrig als die Körperteile dort zu belassen“, so Ludwig. Nach fast einem Dreivierteljahr rechne das Rathaus zudem nicht damit, dass noch viel übrig sei. Der von Hagen ins Spiel gebrachte Zusammenhang zwischen der Grube und der Belastung seines Wassers sei eine Mutmaßung, für die es keine Belege gebe, stellt der Bürgermeister klar.

So geht es weiter

Stefan Hagen will weiter die Bergung der Überreste fordern und notfalls gerichtlich durchsetzen. Der Gemeinde wirft er vor, mit zweierlei Maß zu messen. „Einen privaten Grundstücksbesitzer hätte die Verwaltung längst zwangsverpflichtet, die Grube zu räumen“, glaubt der Landwirt. Ein Vorwurf, dem Bürgermeister Ludwig deutlich widerspricht.