„Ich will niemanden gefährden“79-Jähriger aus Wiehl gibt freiwillig Führerschein ab

Manfred Hoffmann gibt seinen Fuehrerschein aus Altersgruenden an die Polizei ab (Polizist Klaus Richter) an der Polizeiwache Homburger Straße.
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Wiehl – „Ich will niemanden gefährden! Deshalb gebe ich heute meinen Führerschein ganz offiziell ab.“ Manfred Hoffmann ist fest entschlossen, nicht mehr Auto zu fahren. Immer wieder hat der 79-jährige als eifriger Leser dieser Zeitung von Unfällen gelesen, an denen Senioren beteiligt waren. Zuletzt, als kurz vor Weihnachten eine 84-Jährige ihre 82-jährige Schwester beim Rangieren in er abschüssigen Grundstückszufahrt mit dem Auto überrollte und tödlich verletzte. So etwas soll ihm nicht passieren.
Er könne nicht mehr gut sehen, sagt Hoffmann selbst. Obendrein hätten seine Frau und seine Tochter ihn zu dem Schritt ermutigt – damit er gar nicht erst mehr in Versuchung kommt, sich doch noch ans Steuer zu setzen und sich damit auch selbst zu gefährden. Aber ein bisschen Wehmut ist schon im Spiel, als er das Formular unterschreibt, mit dem er „freiwillig und unwiderruflich“ auf seine Fahrerlaubnis verzichtet. Immerhin gibt er damit ein gutes Stück Selbständigkeit und Unabhängigkeit auf, dabei spielt gerade hier auf dem Land das Auto eine wichtige Rolle. Das weiß auch der Wiehler Bezirkspolizeibeamte Klaus Richter, als er den kostbaren „Lappen“ von Manfred Hoffmann entgegen nimmt.
Nicht immer ist das Alter entscheidend
„Der Entschluss verdienst höchsten Respekt“, lobt er. Oft müsse erst etwas passieren, zum Glück oft nur ein Bagatellschaden, ehe manch ein Senior zur Einsicht käme. „Natürlich hängt das nicht immer mit dem Alter des Fahrers zusammen“, räumt er ein. Aber manchmal eben doch, etwa weil der Schulterblick mit steifen Gelenken Mühe bereitet, weil die Reaktionsfähigkeit nachlässt, oder wie bei Manfred Hoffmann das Augenlicht schlechter wird. „Ich rate dann manchmal, zum Test eine Fahrstunde in einer Fahrschule zu machen, dann merken die Betroffenen meist sehr schnell, woran es hapert“, verrät der Polizist.
„Senioren sind oft sehr vorsichtige Fahrer mit viel Erfahrung und verursachen in der Regel gemessen an ihren Anteil an der Bevölkerung nicht überdurchschnittlich viele Unfälle,“ weiß auch Kreispolizeisprecher Tietze. Oft seien es aber schleichende Prozesse, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Der Wiehler Senior hat das selbst erkannt. Auch das Straßenverkehrsamt als Führerscheinbehörde begrüße dieses verantwortungsvolle Handeln, sagt Kreissprecherin Iris Trespe auf Anfrage. „Ich möchte auch ein Vorbild für andere sein“, begründet der 79-jährige seinen Schritt.
Testreisender für Süßwaren
58 Jahre lang war er im Außendienst in ganz Deutschland unterwegs, „zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen“. Einige Jahre davon als Testreisender für Süßwaren. Vor 60 Jahren hat er in Waldbröl seinen Führerschein gemacht, nach acht Fahrstunden.
Führerscheinabgabe
59 Personen haben im Jahr 2019 ihren Führerschein freiwillig abgegeben, laut Kreisverwaltung waren es 2012 mit 65 Personen noch ein paar mehr. 2020 dagegen waren es nur 17 Personen, möglicherweise bedingt durch die Coronapandemie. Sie stimmten der Weitergabe ihrer Daten an die Ovag zu für die Ausstellung eines Aktiv60-Tickets.
427 Personen über 65 waren im Jahr 2019 an Verkehrsunfällen beteiligt. Senioren waren mit einem Anteil von 10,6 Prozent aktiv am Unfallgeschehen beteiligt. 77 Senioren wurden dabei leicht verletzt, 35 schwer, fünf getötet, davon drei als Fußgänger. Fünf Senioren wurden als Motorradfahrer verletzt.
Mit einer Quote von 15,8 Prozent waren dagegen 18 - 24-jährige Verkehrsteilnehmer aktiv an allen Verkehrsunfällen beteiligt. 212 junge Erwachsene (18-24 Jahre) wurden 2019 bei Verkehrsunfällen verletzt, zwei getötet. (ms)
Ihn jetzt abzugeben war allerdings – bedingt durch die Corona-Pandemie – gar nicht so einfach. Denn eigentlich ist dafür die Führerscheinstelle im Straßenverkehrsamt zuständig. „Einen Termin machen, nach Niederseßmar gelangen, dann ohne Auto und Führerschein zurück, alles organisieren – dafür bin ich zu alt“, seufzt er. „Da war damals die Fahrprüfung ja noch leichter.“
Unterstützung fand er beim Bezirksbeamten Klaus Richter in der Wiehler Polizeiwache. Der machte sich schlau, nahm Kontakt zum Straßenverkehrsamt auf und konnte dann den Führerschein ganz unkompliziert in Wiehl vor Hoffmanns Wohnung entgegen nehmen. Der freut sich schon auf das Ovag-Ticket „Aktiv60“ , dass er demnächst zum Dank bekommt und mit dem er ein Jahr lang kostenfrei in Wiehl und den angrenzenden Tarifgebieten Bus fahren kann. „Überall, wo ich bisher in Oberberg mit dem Auto unterwegs war, fahre ich dann hin“, schwärmt er und hofft, dass Cafés und Wirtschaften bald wieder öffnen dürfen. Denn nur zu Hause sitzen will er auf keinen Fall.
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„Hoffentlich geht das gut mit dem Busfahren“, schmunzelt seine Frau Marianne. „Wenn demnächst in Nümbrecht oder Waldbröl ein alter Anhalter am Straßenrand steht, den Daumen raus hält und mitgenommen werden möchte, dann ist das mein Mann!“