Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

ZukunftskonzeptWiehl will seine Bücherei auf Vordermann bringen

Lesezeit 4 Minuten
Büchereileiterin Tanja Draube übergibt einer Kundin ein Buch.

Mit besten Empfehlungen: Büchereileiterin Tanja Draube hat am neuen Konzept mitgewirkt. Umgesetzt wird es Schritt für Schritt. Foto: Dierke

Eine Arbeitsgruppe der Stadt Wiehl hat ein Zukunftskonzept für die Stadtbücherei entwickelt. Die Bielsteiner Filiale wird bald geschlossen.

„Schock deine Eltern, lies ein Buch!“ Der alte Werbespruch hat an Aktualität gewonnen, seit die nächste digitale Generation herangewachsen ist. In Wiehl wurden vor drei Jahren die Öffnungszeiten der Bücherei aus Kostengründen eingeschränkt, Hintergrund waren auch zurückgehende Besucherzahlen. Die SPD-Fraktion drängte aber schließlich mit Erfolg darauf, in die Offensive zu gehen. So wurde in den vergangenen Monaten ein „Zukunftskonzept“ entwickelt. Nun wurde es im Schulausschuss vorgestellt und auch gleich abgesegnet. Es sieht eine sowohl räumlich-technische als auch inhaltliche Modernisierung der Bücherei in den kommenden fünf Jahren vor.

Filiale im Bielsteiner Burghaus soll schließen

Dabei will man sich auf den Standort an der Wiehler Hauptstraße konzentrieren. Mit dem Umbau des Stadtteilhauses ist die Nebenstelle in Drabenderhöhe bereits aufgegeben worden, nun soll auch die Filiale im Bielsteiner Burghaus schließen. Diese ist ohnehin nur einmal im Monat geöffnet, die Besucherzahl sehr überschaubar. Der städtische Beigeordnete Peter Madel weist darauf hin, dass es in NRW nur fünf weitere Städte von der Größe Wiehls gibt, die sich einen zweiten Bücherei-Standort leisten.

Madel betont aber: „Wir werden das nicht machen, ohne eine Alternative anzubieten.“ Denkbar sei beispielsweise ein offener Bücherschrank. Im Zukunftskonzept ist zudem von „Medienboxen“ die Rede, die in Schulen, Bürgerzentren oder Seniorentreffs aufgestellt werden.

Wir werden das nicht machen, ohne eine Alternative anzubieten
Peter Madel zur Schließung der Bielsteiner Außenstelle

Entwickelt wurde das Konzept in einem aufwendigen Prozess, den die Landesregierung mit 18.500 Euro gefördert hat. Der zuständige Fachbereich der Stadtverwaltung und die beiden Büchereileiterinnen Tanja Draube und Jessica Steinert trafen sich im August zu einem ersten Workshop. Es folgten zwei weitere Treffen und eine Bürgerwerkstatt. Federführend war der Recklinghausener Experte Andreas Mittrowann, der das Ergebnis nun auch im Schulausschuss vorstellte.

Um die Lese- und Medienkompetenz zu fördern und die Vermittlung von Wissen und Information zu stärken, soll das Haus Kooperationen suchen. Als eine der ersten Maßnahmen steht im kommenden Jahr die Gründung eines Fördervereins an.

Die Stadt Wiehl spekuliert auf Fördermittel

Erst danach geht es an die Bausubstanz. Man möchte das Haus als „Wohlfühlort für alle Generationen“ entwickeln und dafür die barrierearme Zugänglichkeit verbessern. Der teure Um- und Ausbau sowie die Digitalausstattung stehen im Ausschussbeschluss unter einem Finanzierungsvorbehalt. Um nicht von der Kassenlage abhängig zu sein, spekuliert die Stadt auf Fördermittel und will sich darum erst 2028 an die Umgestaltung machen. Und erst im Jahr danach steht die Installation eines Sender-Empfänger-Systems zur automatischen Ausleihe an. Damit könnte die „Open Library“ Wirklichkeit werden. Dieser Selbstbedienungsbetrieb unter elektronischer Kontrolle ermöglicht eine erhebliche Ausweitung der Öffnungszeiten. Mit dem Bibliotheksausweis würden sich die Nutzer die Türen selbst öffnen, Medien eigenständig ausleihen und zurückgeben und sich dabei von Sicherheitskameras beobachten lassen, damit kein Mitarbeiter vor Ort sein muss.

Derzeit ist die Bücherei an 24 Stunden in der Woche geöffnet und liegt damit eine Stunde unter dem Durchschnitt. Der Dachverband der Bibliotheken   hält es für ideal, wenn die Öffnungsstunden einer kommunalen Bibliothek   mindestens 75 Prozent der durchschnittlichen Öffnungsstunden des örtlichen Einzelhandels ausmachen. Wenn also in Wiehl die Buchhandlung Hansen & Kröger 39 Öffnungsstunden hat, müsste die Stadtbücherei   an 29 Stunden geöffnet sein.

Die geplante Automatisierung der Ausleihe soll natürlich nicht dazu führen, dass die Bibliothek ein Geisterhaus wird. Im Gegenteil soll schon in diesem Jahr die Zahl der Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene um ein Fünftel zulegen. Im Konzept ist ein Anstieg der Besucherzahlen von derzeit jährlich 22.000 auf wieder 25.000 angepeilt.

Der Bibliotheksstratege Mittrowann legt die Latte hoch: In seiner Zukunftsvision ist die Wiehler Stadtbücherei im Jahr 2030 ein „lebendiger, beliebter und inklusiver Begegnungsort für alle Generationen, an dem Werte wie Vielfalt, Toleranz und Respekt gelebt werden“.


Altes Haus

Die Wiehler Stadtbücherei befindet sich seit dem Jahr 1990 in einem Fachwerkgebäude an der Hauptstraße, dem früheren Kaufhaus Schumacher aus dem 18. Jahrhundert, das zuvor vom Eigentümer Christian Peter Kotz für diesen Zweck aufwendig saniert wurde. Davor war die Bücherei lange im neuen Rathaus und zuvor im Provinzialhaus untergebracht.

Aus dem Jahr 1990 stammen auch die wesentlichen Elemente der Einrichtung. Das Zukunftskonzept stellt fest, dass an der Regalausstattung und an den bisher noch nicht modernisierten Sitz- und Arbeitsplätzen Renovierungsbedarf deutlich werde. Dieser wurde auch von den Bürgerinnen und Bürgern in der Zukunftswerkstatt angemahnt. Schwachpunkte seien das unzureichende Leitsystem, fehlende Arbeitsplätze und gemütliche Sitzecken sowie die eingeschränkte Barrierefreiheit.