Einsatzbilanz 2022Warum alle 19 Minuten in Rhein-Berg die Polizei gerufen wird

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Zwei Streifenwagen stehen mit Blaulicht in der Bergisch Gladbacher Fußgängerzone. Polizeibeamte stehen bei einer Ansammlung von Menschen.

Ob Schlägerei, Festnahme nach einem Einbruch, oder Verkehrskontrolle – die Kreispolizei hat im zurückliegenden Jahr 47 245 Einsätze absolviert.

Die Kreispolizei verzeichnete 2022 deutlich mehr Demonstrationen, weniger Ruhestörungen – und hatte mit einem Schuss mit besonderen Folgen zu tun.

Im Durchschnitt jede Stunde sind die Polizeibeamtinnen und -beamten der Kreispolizei im vergangenen Jahr zu einem Unfall gerufen worden, alle 4,5 Stunden zu einer Ruhestörung und alle 16,5 Stunden waren sie bei einer Körperverletzung oder größeren Schlägerei im Einsatz.

Ein Diensthund der Polizei Rhein-Berg sitzt neben seinem Herrchen und schaut zu diesem hinauf.

Auch zwei Diensthunde wie Bope (Foto) unterstützen die Polizei Rhein-Berg. Ein dritter soll in diesem Jahr hinzukommen.

Auch warum einer von 32 bei den mehr als 47 000 Polizeieinsätze abgegeben Schüssen ein besonderes Nachspiel hatte, erläuterten Landrat Stephan Santelmann, der Leiter der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz, Thomas Zobel, und Polizeihauptkommissarin Stefanie Schenke am Mittwoch (29. März 2023) bei der Jahreseinsatzbilanz der Polizei Rhein-Berg. Dabei stellten sie eine Reihe markanter Zahlen vor.

47 245 Einsätze zählte die Polizei Rhein-Berg im vergangenen Jahr, 453 mehr als im Jahr zuvor (siehe Grafik). Davon wurde sie 27 624 Mal gerufen und wurde 19 621 Mal selbst tätig, etwa bei Verkehrskontrollen, nach eigenen Beobachtungen auf Streifenfahrten oder im Rahmen von Hausdurchsuchungen.

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Eine Polizeibeamtin hält einen Maßstab an ein Unfallauto, das mit einem weiteren zusammengestoßen ist.

Unfallaufnahme an der Ecke Odenthaler Straße/Oberborsbacher Straße in Odenthal-Voiswinkel.

27 Prozent der Notrufe über die Notrufnummer 110 betrafen Verkehrsunfälle, insgesamt waren dies im vergangenen Jahr 7513. In 22 Prozent der Fälle (5952) ging es den Anrufern um Hilfeersuchen an die Polizei oder um verdächtige Wahrnehmungen. Letztere bestanden unter anderem darin, dass die Anrufer verdächtige Personen beobachtet hatten (25 Prozent der Fälle), verdächtige Fahrzeuge (15 Prozent) oder Geräusche (14 Prozent).

3381-mal wollten die Anrufer Diebstähle oder andere Eigentumsdelikte melden (12 Prozent der gesamten Notrufe), 2090-mal (8 Prozent) Ruhestörungen, 1296-mal (5 Prozent) ging es um Gewaltdelikte.

Eine Polizei-Warnbake steht auf einer Straße. Im Hintergrund ist ein Polizeifahrzeug mit Blaulicht zu sehen.

Nach einer guten Viertelstunde ist die Polizei im Durchschnitt vor Ort, bei Einsätzen mit Priorität wie Verkehrsunfällen, bei denen es Verletzte gab, auch deutlich schneller.

16,41 Minuten dauerte es im Durchschnitt, bis die Polizei nach einem Notruf über die 110 am Einsatzort war. Das war zwar etwas langsamer als im Jahr zuvor (16,18 Minuten), wenn ein Einsatz besonders brenzlig ist und die Polizei ihn entsprechend mit Priorität bearbeitet, ist sie auch deutlich schneller vor Ort. So etwa wenn ein Täter noch vor Ort gemeldet wird, wie Polizeihauptkommissarin Stefanie Schenke erläutert: „Dann dauerte es im Schnitt lediglich 6,12 Minuten von der Einsatzaufnahme bis jemand vor Ort war.“ Und auch diese Fälle hätten 2022 im Vergleich zum Vorjahr noch um 62 Einsätze zugenommen. 9,16 Minuten dauerte es im Schnitt, bis die Polizei bei einem Verkehrsunfall, bei dem Menschen verletzt wurden, an der Einsatzstelle eintraf.

443 Einsätze wegen häuslicher Gewalt verzeichnete die Kreispolizei Rhein-Berg im zurückliegenden Jahr. „Einsätze, die eine hohe Sensibilität erfordern“, so Polizeihauptkommissarin Schenke. Nach wie vor seien die meisten Tatverdächtigen männlich. Eine Erklärung, warum die Zahl dieser Fälle gegenüber dem Vorjahr deutlich um 62 Fälle zugenommen hat und mit 443 höher ist als in jedem anderen Jahr seit 2015, haben die Ermittler nach eigenen Angaben bislang nicht.

Auf einem Wärmebildkameravideo sind Polizeibeamte bei der Festnahme eines Tatverdächtigen zu sehen, der sich in einem Gebüsch versteckt hat.

Spektakuläre Festnahme von mutmaßlichen Geldautomatensprengern vor wenigen Wochen in Odenthal.

2090 Ruhestörungen riefen die Kreispolizei im vergangenen Jahr auf den Plan, das waren 152 weniger als im Jahr davor. „In der Hauptsache ein Thema in den Sommermonaten“, erläutert Polizeihauptkommissarin Schenke. Mehr als die Hälfte der Ruhestörungseinsätze entfallen auf die Monate Mai bis August.

68 Fälle von tätlichen Angriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte zählte die Kreispolizei im vergangenen Jahr. Das seien zwar acht weniger als im Jahr davor, jedoch seien dabei mehr Beamtinnen und verletzt worden, wie Landrat Santelmann aufschlüsselte. Ihm bereite diese Zunahme Sorge. Waren 2021 noch 43 Beamtinnen und Beamte verletzt worden, so waren es im vergangenen Jahr 56, wie Polizeihauptkommissarin Schenke bilanzierte.

Das Straßenschild mit der Aufschrift „Langemackweg“ weist in eine Straße in Bergisch Gladbach.

Im Bergisch Gladbacher Langemarckweg gab eine Polizeibeamtin im August 2022 einen Schuss auf einen Mann ab, der mit mehreren Messern auf die Polizeibeamtin und ihre Kollegen losgegangen war.

32 Schüsse gaben Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Rhein-Berg vergangenes Jahr ab. 30 davon gegen Tiere, um eine von diesen ausgehende Gefahr abzuwehren oder sie aus Tierschutzgründen beispielsweise nach einem schweren Autounfall zu „erlösen“, wie es Polizeihauptkommissarin Schenke formulierte. Die beiden Schusswaffengebräuche gegen Personen betrafen im einen Fall eine Schlägerei in der Gladbacher Stadtmitte am 27. Mai, bei der ein Beamter einen Warnschuss in eine Wiese abgab, als ein Flüchtender plötzlich eine Schusswaffe zog. „Der Mann konnte so in Gewahrsam genommen werden“, so Schenke.

Im zweiten Fall hatte eine Polizeibeamtin einen Schuss auf einen Mann am Langemarckweg abgegeben, der zunächst randaliert und dann – nachdem die Polizei die Tür geöffnet hatte – mit mehreren Messern auf die Polizisten losgegangen war. Der Mann wurde schwer verletzt. Wie berichtet, hatten die von der Kölner Polizei und der Staatsanwaltschaft durchgeführten Ermittlungen am Ende ergeben, dass die Polizeibeamtin in Notwehr gehandelt hatte.

108 Einsätze wegen Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen zählte die Kreispolizei im vergangenen Jahr – das waren mehr als viermal so viele wie noch 2019. Dazu beigetragen haben laut Polizei unter anderem Demonstrationen gegen den Ukrainekrieg, aber auch die sogenannten „Montagsspaziergänge“ von mutmaßlichen Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen.


„Einsatzuhr“ der Polizei Rhein-Berg

Durchschnittlich ist der Kreispolizei im vergangenen Jahr gemeldet worden . . .

  • alle 1,5 Stunden eine verdächtige Wahrnehmung (Person/Fahrzeug/Geräusch) oder ein Hilfeersuchen
  • alle neun Stunden eine (Zahlungs-)Streitigkeit
  • alle 11,5 Stunden eine Sachbeschädigung
  • alle 19,5 Stunden ein Tier in Gefahr
  • alle 20 Stunden eine Verkehrsbehinderung
  • alle 24 Stunden eine vermisste Person
  • alle 28 Stunden ein Fall von häuslicher Gewalt
  • alle zehn Tage ein Raub im Kreisgebiet. (wg)
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