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Arzt der WeltmeisterMit den Stars auf Ballhöhe

Lesezeit 4 Minuten

Im Theater-Café lässt Josef Schmitt die aufregende Zeit in Brasilien entspannt Revue passieren.

Bergisch Gladbach – Dr. Josef Schmitt sitzt entspannt im Theater-Café. Vor ihm stehen ein schwarzer Kaffee und reichlich Mineralwasser. Er kommt gerade vom Tennisplatz – Ausgleich für fünf Wochen harte Arbeit, um die ihn doch so mancher beneiden würde. Der ehemalige Chefarzt des Bergisch Gladbacher Marien-Krankenhauses war in Brasilien, zusammen mit der deutschen Nationalelf. Und er war hautnah an den Stars des Weltmeisters – als Mannschaftsarzt. Zusammen mit Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Prof. Dr. Tim Meyer war Schmitt für die medizinische Versorgung der Topkicker verantwortlich, und das Tag und Nacht. „Man sollte schon fußballaffin sein, wenn man mit der Nationalmannschaft unterwegs ist“, sagt der gebürtige Saarländer, den die Fußballer Sepp nennen – man duzt sich halt unter Kickern.

Von Ribbeck geholt

Seit 1982 arbeitet Schmitt für den DFB, zunächst für die Olympiaauswahl, die U 18 und die U 19. Seinen ersten Einsatz bei einem Länderspiel hatte der Bergisch Gladbacher Arzt am Buß- und Bettag 1982. In einem Sichtungsspiel für die Olympiaauswahl standen sich Deutschland und Holland in Emden gegenüber – Trainer der Mannschaft war Erich Ribbeck. Und dieser Ribbeck holte Schmitt zum DFB. Der Trainer wechselte vom 1 FC. Kaiserslautern zur Olympiaauswahl und nahm den Mannschaftsarzt gleich mit.

1990 folgten die ersten Einsätze in der A-Nationalmannschaft. Bei der Europameisterschaft 1996 gehörte Schmitt zum festen Ärzteteam des DFB. Seitdem hat der 1944 in Wadern im Saarland geborene Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Unfallchirurgie kein großes Turnier versäumt.

Auf die kurzen Genesungszeiten der Leistungsspieler angesprochen, die für medizinische Laien oft wie Wunderheilungen wirken, antwortet Schmitt sachlich: „Die frühzeitige Diagnostik und die sofortige Einleitung der Therapie sind der Schlüssel zum Erfolg. Das hat nichts mit Wunderheilungen zu tun sondern mit seriöser Arbeit.“ Wichtig für den Heilungserfolg sei natürlich auch der körperliche Zustand der Patienten und die Bereitschaft, bei Therapie und Reha-Behandlung mitzumachen. „Da haben Nationalspieler natürlich die idealen Voraussetzungen. Die Spieler sind jung und trainiert“, erklärt der Mediziner. Schmitt führt das Beispiel Sami Khedira an, der viereinhalb Monate nach seinem Kreuzbandriss erste Übungen mit dem Ball absolvierte: „Das war das Resultat harter Arbeit des Jungen und hoher Disziplin.“

An den Erfolg der Nationalelf glaubte der Mannschaftsarzt schon nach dem Trainingslager in Südtirol. Die Spieler seien alle fokussiert gewesen, hätten alle Weltmeister werden wollen, und alles habe gepasst.

Auch die Diskussionen in der Presse um das Quartier in Brasilien habe er nicht ernst genommen. „Wenn der DFB so etwas plant, haut es immer hin“, sagt Schmitt. „Das Quartier war ruhig, das Personal unglaublich freundlich, und die Fahrt mit der Fähre über den Fluss war ein landschaftlicher Traum.“

Keine Urlaubsgefühle

Das Leben habe sich zum großen Teil im Freien abgespielt – entspannt, aber immer zielgerichtet. Trotz aller Annehmlichkeiten kämen Urlaubsgefühle allerdings nie auf. Es sei halt immer der gleiche Ablauf bei großen Turnieren: Spiel, Ruhephase, Training und dann wieder das nächste Spiel. Die Anspannung legte sich nach dem ersten Spiel. „Darauf fiebert das ganze Team hin. Danach sind alle in einem Rhythmus, der sich bis zum Finale wiederholt.“

Drei Erlebnisse rund um das große Fußballfest in Brasilien haben den Bergisch Gladbacher beeindruckt: die brasilianischen Zuschauer, die nach dem sechsten deutschen Tor im Halbfinale gegen die Heimmannschaft den deutschen Fußballern applaudierten, die Heimfahrt nach dem Spiel durch ein Spalier von Brasilianern, die die Leistung der deutschen Elf honorierten, und die Weltmeisterschaftsfeier in Berlin. „Das waren tolle Gefühle, und so etwas empfinde ich dann schon als Geschenk“, sagt Schmitt.

Ansonsten hält sich der Mediziner mit überschwänglichen Emotionen zurück. Auftritte in der Öffentlichkeit gehören nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Bescheiden sagt Schmitt: „Es ist meine Arbeit, die ich dort mache. Genauso gerne und mit Freude, wie ich auch jahrelang im Marien-Krankenhaus gearbeitet habe. Die Arbeit beim DFB ist von hoher Fachkompetenz in der Zusammenarbeit mit den Kollegen der medizinischen Abteilung geprägt. Es macht einfach Spaß.“ Wie auch für die Spieler ist der Titel für ihn „durch nichts zu ersetzen“.