Beratung wegen KurzarbeitArbeitsagentur hat Personal umgeschult

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Nicole Jordy ist seit Februar diesen Jahres die Chefin der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach.

Nicole Jordy ist seit Februar diesen Jahres die Chefin der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach.

  • Die Kurzarbeit hat viele Branchen getroffen.
  • Die Arbeitsagentur musste ihr Personal dadurch wegen der Bearbeitung und Auszahlung des Geldes verstärkt
  • Das Personal wurde auch geschult, um Betroffene zu beraten und zu helfen.

Frau Jordy, Kurzarbeit in Betrieben, mehr Arbeitslose, weniger Ausbildungsstellen – welches ist für die Arbeitsagentur zurzeit die größte Baustelle? Nicole Jordy: Ganz klar: die Bearbeitung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes. Dafür mussten wir mit Beginn der Pandemie vor allem das Personal verstärken. Zunächst sollte das Personal verfünffacht werden. Letztlich sind bundesweit 14-mal so viele Kräfte damit befasst, wie in der Zeit vor Corona.

So viele Fachleute stehen nicht gerade Schlange bei der Agentur. Wie haben Sie es hier in Bergisch Gladbach gelöst?

Noch bevor wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt haben, haben etliche von sich aus angeboten, sich schulen und qualifizieren zu lassen. Es gibt bei uns eine große Solidarität unter den Kollegen und vor allem gegenüber den hiesigen Unternehmen.

Wie drückt sich das in Zahlen aus?

Bis zu 300 Kräfte waren in der Spitze im Mai und Juni im Abrechnungsbereich Köln – der auch das Kurzarbeitergeld für unsere Arbeitsagentur bearbeitet – mit dem Thema Kurzarbeitergeld befasst.

Nicole Jordy hat seit Februar den Vorsitz

Als Juristin mit Zweitem Staatsexamen fing Nicole Jordy im Jahr 2000 bei der Agentur für Arbeit an. Studiert hat die gebürtige Frechenerin in Köln und Kopenhagen. Sie war in mehreren Agenturen tätig und wechselte 2016 als Geschäftsführerin operativ zur Gladbacher Agentur. Den Vorsitz der Geschäftsführung hat die 48-Jährige seit Februar 2020. Mit ihrer Familie lebt sie seit 17 Jahren in Bergisch Gladbach. (dr)

Anfangs gab es zusätzlich beim Arbeitgeberservice hier in der Agentur pro Woche 1500 Telefonate allein mit Anfragen der Unternehmen. Aus der Arbeitsvermittlung, der Berufsberatung und dem Arbeitgeberservice sind Beschäftigte eingesprungen.

Das klingt nach wichtigen Regeln, die die Unternehmer einhalten müssen.

Ja, denn zuerst müssen Betriebe bei uns anzeigen, dass Arbeit wegfällt und Kurzarbeit notwendig ist. Wir prüfen und bewilligen die Anzeige. Im dritten Schritt, wenn Kurzarbeit geleistet und bezahlt worden ist, beantragt das Unternehmen monatlich bei uns die Erstattung des Kurzarbeitergeldes.

Ist der Missbrauch von Kurzarbeit ein Thema?

Nein, zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Aber es gibt aufmerksame Mitarbeiter in den Betrieben. Ein paar anonyme Anzeigen haben wir schon bekommen.

Und wenn Sie Fehler entdecken?

Die meisten Betriebe haben ihre Unterlagen vollkommen korrekt vorgelegt. Bevor wir Anträge auf Erstattung ablehnen, nehmen unsere Mitarbeiter telefonisch Kontakt auf und versuchen die Details zu klären. Oft fehlen nur einzelne Angaben, Betrugsfälle sind die absolute Ausnahme.

Hat das Homeoffice für die Beschäftigten in Zeiten von Corona auch in Ihrer Behörde mehr Bedeutung bekommen?

Absolut. Knapp 60 Frauen und Männer von rund 250 Beschäftigten in unserer Agentur haben in den vergangenen Wochen ausschließlich vom Homeoffice aus gearbeitet. Zum Vergleich: 13 Beschäftigte waren schon vorher teilweise von zu Hause aus tätig.

Als Juristin mit Zweitem Staatsexamen fing Nicole Jordy im Jahr 2000 bei der Agentur für Arbeit an.

Als Juristin mit Zweitem Staatsexamen fing Nicole Jordy im Jahr 2000 bei der Agentur für Arbeit an.

Für Familien mit kleinen oder schulpflichtigen Kindern ist das Angebot ins Homeoffice zu wechseln wegen der Betreuung sehr wichtig. Sie nutzen es auch jetzt noch an einigen Tagen in der Woche.

Dann hat die Arbeitsagentur mit der notwendigen IT-Ausstattung schnell reagiert.

Das stimmt. Das System ist von Nürnberg aus auf die hohe Zahl der Nutzer angepasst worden. Damit sich die Nutzer über den Tag zu verteilen, haben wir die Arbeitszeiten ausgeweitet: während der Woche von 6 bis 22 Uhr und zusätzlich am Samstag von 7 bis 13 Uhr.

Fehlt denn nun das Personal in anderen Bereichen?

Ja, wir brauchen unbedingt die Leute in der Beratung und Vermittlung. Vor allem für die jungen Menschen, die in die Ausbildung wollen, aber auch die Berufsberatung insgesamt. Wir müssen das mit allem, was wir haben, angehen.

Sie appellieren im Arbeitsmarktbericht, für eine Ausbildung ist es nicht zu spät.

Richtig! Auch wenn im August die Berufsschule losgeht, man kann dieses Jahr auch noch später im Herbst die Lehre beginnen. Da setze ich auch auf Angebote unserer Unternehmen. Für viele Jugendliche sind in der Corona-Pandemie Lebenspläne und Berufswünsche geplatzt. Das müssen wir auffangen.

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