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AnfrageBergisch Gladbach muss Entscheidung für oder gegen Autobahnzubringer treffen

Lesezeit 5 Minuten
Grünes Zeichen vor den Gleisen des alten Bahndamms. 

Viele Jahre war es ruhig um den alten Bahndamm als möglichen Autobahnzubringer – die Verwaltung hält das Projekt für tot und will das auch dem Düsseldorfer Verkehrsministerium so mitteilen.

Die Bergisch Gladbacher Verwaltung will den Autobahnzubringer über den Bahndamm beerdigen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Heute steht in der Ratssitzung von Bergisch Gladbach der Autobahnzubringer über den alten Bahndamm auf der Tagesordnung. Hintergrund ist die Anfrage des Düsseldorfer Verkehrsministeriums, ob diese Straße - offiziell L286n - weiter im Landesstraßenbedarfsplan stehen soll. Die Verwaltung schlägt vor, diese Anfrage aus Düsseldorf mit „Nein“ zu beantworten. Wir erklären, was dieses „Nein“ bedeuten würde und wie es politisch einzuordnen ist.

Fangen wir mal mit der wichtigsten Frage an: Ist eine mögliche Bebauung des alten Bahndamms mit einer Straße mit einem „Nein“ nach Düsseldorf endgültig vom Tisch?

Nein, ist sie nicht. Die Geschichte des Autobahnzubringers zeigt sehr deutlich, dass, so lange die Verkehrsprobleme von Bergisch Gladbach, insbesondere die Anbindung des Zentrums, nicht gelöst sind, die Diskussion um die Nutzung des alten Bahndamms immer wieder neu aufkommt. Auf einem anderen Blatt steht, ob diese Straße jemals wieder in den Landesstraßenbedarfsplan aufgenommen wird.

Der Beigeordnete Ragnar Migenda (Grüne) argumentiert, dass die Straße derzeit keinerlei Chance auf eine Realisierung habe und sich außerdem in Bergisch Gladbach die Beschlusslage zur Nutzung des Bahndamms geändert habe.

Er hat in beiden Punkten recht. Die Landesregierung würde niemals Bergisch Gladbach eine Straße finanzieren, die in der Stadt umstritten ist. Gefördert und unterstützt werden nur Projekte, die vor Ort eindeutig gewollt sind. Selbst die größten Verfechter einer Autobahnanbindung über den Bahndamm müssen einräumen, dass in dieser Frage die Stadt tief gespalten ist. Und richtig ist auch, dass zuletzt die politische Mehrheit in der Stadt in Richtung Fahrradstraße auf beziehungsweise neben dem Bahndamm unterwegs war.

Was passiert, wenn - sagen wir in zehn Jahren - eine Mehrheit in der Stadt Bergisch Gladbach diese Straße aber doch will?

Dann muss sie sich erneut darum bemühen, in die Planung des Landes aufgenommen zu werden. Genau das ist das Argument von allen, die die Straße einfach weiter im Bedarfsplan stehen lassen wollen. Dann könnte - zumindest theoretisch - auf all die Planungen zurückgegriffen werden, die jetzt noch in den Schubladen des Ministeriums schlummern. Vieles sicher unbrauchbar, aber das Projekt startet nicht bei null.

Was ist planerisch der letzte Stand für die Straße?

Eine ganz schwer zu beantwortende Frage. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Variantenuntersuchungen, Linienbestimmungsverfahren, Verkehrszählungen und Umweltgutachten. Ungeklärt ist, wie die Straße an die Autobahn angeschlossen werden soll. In einer Variante endet der Zubringer an der Kölner Straße, in einer anderen an der Brüderstraße und wieder in einer anderen gibt es einen ganz neuen Autobahnanschluss. Es gibt keinen Beschluss, keine Festlegung - soweit ist es nie gekommen.

Was bringen denn die Befürworter der Straße für Argumente?

Eine Anbindung über den Bahndamm würde das bestehende Straßennetz - insbesondere die Dolmanstraße in Refrath – entlasten. Deshalb ist auch offiziell von einer „Umgehungsstraße“ die Rede. Die Situation wird sich mit der Erschließung des Zanders-Geländes (1900 neue Bewohner, 1900 neue Arbeitsplätze) noch einmal verschärfen. Mit der Anbindung an die A 4 würde - so die Perspektive - die Innenstadt schnell erreichbar sein. Die Innenstadt würde an Attraktivität gewinnen, die Menschen müssten weniger oder gar nicht mehr im Stau stehen, der Güterverkehr könnte aus den Wohngebieten ferngehalten werden. Besonders aktiv ist etwa Wolfgang Maus von der CDU. Der Ingenieur rechnet vor, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen die neue Straße haben würde - beziehungsweise welcher volkswirtschaftlicher Schaden durch die jetzige Stau-Situation entsteht.

Und die Gegner der neuen Straße?

Ein bunter Strauß an Argumenten. Die Machbarkeit einer Anbindung wird technisch infrage gestellt. Tunnellösung, Abtragung des Damms - alles ist extrem aufwendig und, wenn überhaupt machbar, extrem teuer. Ungeklärt sind die Fragen der Altlasten im Boden. Einer direkten Anbindung mit neuem Autobahnanschluss hatte das Bundesautobahnamt zuletzt (auch schon viele Jahre her) eine Absage erteilt. Der zusätzliche Verkehr auf der Kölner Straße ist ebenfalls ein Argument der Gegner. Selbstredend kommt auch das Argument, dass neue Straßen den bestehenden Verkehr nicht umleiten, sondern neuen Verkehr produzieren. Neue Straßen passen auch nicht zu einer Mobilitätswende. Besonders erbittert ist der Widerstand der unmittelbaren und nahen Anrainer. Alt-Frankenforst ist ein exklusiver Wohnort - da passt eine neue Straße gar nicht ins Bild.

Wie sieht das politische Meinungsbild aus?

Die CDU will das Nein nach Düsseldorf stoppen, Grüne und SPD befürworten die formale Beerdigung und folgen damit der Bergisch Gladbacher Stadtverwaltung. Die FDP war in der Vergangenheit – trotz aller Nähe zu den Industrie – und Handwerksverbänden - auf Seiten der Straßengegner. In der Ampelkoalition (Grüne, SPD, FDP) hatte man sich auf ein Moratorium geeinigt: Nicht dran rühren.

Wie wird es heute im Rat ausgehen?

Erwartet wird eine erneute, heftige Diskussion. Und am Ende wird es wohl auch eine geheime Abstimmung geben. Abzuwarten bleibt, ob das Argument „Wir vertun uns doch nichts, wenn wir die Straße im Bedarfsplan stehen lassen“ am Ende verfängt. Oder ob ein „totes Projekt“ auch offiziell in Düsseldorf aus der Schublade in den Papierkorb fliegen soll. Die Mehrheiten sind denkbar knapp.