Endspiel im LöwenGladbacher Rat entscheidet über Zanders-Mietvertrag

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Das Ortsschild von Bergisch Gladbach steht am Ortseingang. (Symbolbild)

  • Heute entscheidet sich im Rat die Zukunft um den Zanders-Mietvertrag.
  • Die Belegschaft der Papierfabrik hat Demonstrationen angekündigt.
  • Wir erklären die Situation rund um die Ratsentscheidung.

Bergisch Gladbach – Heute wird der Rat in seiner letzten Sitzung vor den Kommunalwahlen über den Pachtvertrag der Stadt mit Zanders entscheiden.

Die Belegschaft der Papierfabrik will vom Werk zum Bergischen Löwen ziehen, wo die Ratssitzung stattfindet. Es werden, weil auch Familienangehörige mit dabei sein sollen, weit über 500 Menschen erwartet. Die Gewerkschaft IG BCE unterstützt die Aktion. Wir erklären die Situation rund um die Ratsentscheidung.

Was ist das für ein Pachtvertrag zwischen Stadt und Zanders?

Die Stadt ist Eigentümer der gesamten Zanders-Immobilie. Als Zanders die Immobilie verkaufte, wurde das auch als Unterstützung für die Fabrik gewertet. Mit dem Geld – es waren rund sieben Millionen Euro – erhielt Zanders dringend benötigte Liquidität. Seitdem zahlt Zanders 85 000 Euro im Monat Pacht an die Stadt. Der Investor drängt auf einen langfristigen Mietvertrag.

Das klingt doch erst mal sehr verständlich. Was hat denn die Stadt dagegen?

Das Hauptargument ist, dass man wissen müsse, ob der Mieter auch langfristig in der Lage sei, seine Miete zu zahlen. Genau das solle ein Gutachten belegen. Die Stadt argumentiert, dass dieses Gutachten im Januar 2020 eingefordert wurde und Zanders nicht liefere. Im Werk wird darauf verwiesen, dass es bereits ein Gutachten gebe, die Stadt aber ein komplett neues verlange. Eine Aktualisierung des alten Gutachtens reiche nicht.

Und was stimmt denn nun?

Richtig ist sicher, dass die Geschäftsführung von Zanders schon sehr lange – fast zwei Jahre – weiß, dass die Stadt gutachterlich belegt haben will, dass eine Fortführung der Produktion wenn nicht gesichert, dann doch wahrscheinlich ist. Um es freundlich zu sagen: Das Hauptaugenmerk des Investors lag nicht darauf, die Stadt zu überzeugen. Auf der anderen Seite ist auch klar, dass der Investor mit Zanders keine leichte Aufgabe übernommen hat und von der Stadt Unterstützung erwartet und nicht die Forderung nach Gutachten.

Aber der private Investor will mit Zanders Geld verdienen.

Richtig, aber ist er auch bereit, eigenes Geld zu investieren? Das ist immer noch eine offene Frage. Der Investor hat angekündigt, ohne einen langfristigen Mietvertrag auszusteigen – was dann wohl das Ende von Zanders bedeuten würde.

Wofür demonstrieren die Zanders-Mitarbeiter konkret?

Sie unterstützen den SPD-Antrag, der Papierfabrik einen langfristigen Mietvertrag zu geben – allerdings einen mit aufschiebenden Bedingungen. Bis Ende Oktober hätte die Papierfabrik dann Zeit, das geforderte Gutachten zur positiven Unternehmensbewertung vorzulegen. Allerdings hätte sich die Stadt festgelegt und auch keine Mehrheit im neuen Rat könnte daran etwas ändern. In der Vorlage der Verwaltung wird dieser Weg kategorisch abgelehnt. Er berge juristische Risiken. Die CDU schlägt nun vor – und folgt damit Bürgermeister Lutz Urbach –, in einer Sondersitzung des jetzigen Rates bis Ende Oktober über den Zanders-Pachtvertrag zu entscheiden. Bis 7. Oktober müsste dafür das Gutachten vorliegen.

Was spricht gegen diesen Weg?

Aus Sicht von Zanders wäre die Annahme des SPD-Antrages ein deutliches Bekenntnis zum Produktionsstandort. Ein solches verlangt der Betriebsratsvorsitzende Taner Durdu von der Politik. „In anderen Städten unterstützt die Politik und der Bürgermeister die Menschen bei ihrem Kampf um die Arbeitsplätze. Meine Leute und ich fühlen uns im Stich gelassen.“ Der CDU-Antrag würde eine Entscheidung ein weiteres Mal verschieben.

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Wird die Politik ohne das geforderte Gutachten Zanders einen Mietvertrag verweigern?

Eindeutig ja. Bei aller unterschiedlichen Rhetorik im augenblicklichen Wahlkampf verlangt auch die SPD das Gutachten. Aber kein Politiker will als Totengräber von Zanders in die Geschichte eingehen. Und erst recht nicht der Bürgermeister. Sollte der Investor darauf setzen, dass die Stadt angesichts des drohenden Verlustes der Arbeitsplätze einknickt, pokert er sehr hoch.

Alles zusammengenommen hört es sich nicht so an, als würden Zanders und Stadt vertrauensvoll und gut zusammenarbeiten. Wie ist denn die Perspektive?

Im Augenblick steht die SPD mit ihrem Antrag allein. Grüne und FDP – die ja im neuen Rat mit der SPD zusammenarbeiten wollen – folgen bislang der Verwaltung. Vor allem wegen der vorgebrachten juristischen Bedenken. Ob es im Rat noch ein Umdenken gibt, bleibt abzuwarten. Möglich jedenfalls, dass es nur Verlierer geben wird. Ein Investor, der sich aus Bergisch Gladbach zurückzieht, eine Papierfabrik die vor der zweiten Insolvenz steht und deren rund 400 Mitarbeitern die Arbeitslosigkeit droht sowie ein Bürgermeister und Ratspolitiker, in deren Amtszeit die Schließung des Traditionsunternehmens Zanders fällt.

Irgendetwas Positives?

Vielleicht besinnen sich ja alle im Rat darauf, dass bisher in Sachen Zanders Einstimmigkeit herrschte.

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