Unterrichtsbeginn in Rhein-BergSo erlebten die Grundschüler den Corona-Neustart

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Keine Umarmungen für Clara, Luise und Marlene (von links) von der GGS Heidkamp.

Keine Umarmungen für Clara, Luise und Marlene (von links) von der GGS Heidkamp.

  • Am Donnerstag ist an den 20 Grundschulen in Rhein-Berg der Unterricht für Viertklässler gestartet.
  • Schüler, Eltern und Lehrer machen sich zum Neustart viele Gedanken um die Hygiene-Regeln.
  • Damit die Hygiene-Regeln eingehalten werden können, mussten die Lehrer einiges vorbereiten.

Bergisch Gladbach – Neustart an den 20 Grundschulen nach dem Lockdown. Die Viertklässler durften am Donnerstag wiederkommen. Es ist aber keine Rückkehr zur Normalität. Die Kinder müssen Versäumtes nachholen und dabei scharfe Hygieneregeln beachten.

Lehrerin Ann Christin Tenhonsel steht um 8 Uhr an der Klassentür der GGS Heidkamp und muss aufpassen, dass die Schüler ihr nicht um den Hals fallen. Sieben Wochen haben sie sich, die Schule und ihre Lehrer, nicht gesehen. Aber sich umarmen, genau das dürfen die Kinder nicht.

Marlene ahnt schon, dass vieles anders sein wird in dem Gebäude, das sie sonst doch so gut kennt. „Ich bin ein bisschen aufgeregt“, sagt die Neunjährige, aber sie freue sich, alle wiederzusehen. „Das ist besser als Homeschooling“, meint Mitschülerin Clara. Auch wenn sich die Gruppe von Grundschülern nicht näher aneinanderwagen darf als mit 1,5 Meter Distanz zwischen ihnen.

So sollen die Hygieneregeln eingehalten werden

Ob das ohne Pannen funktionieren wird, ist kaum vorstellbar. „Wir werden unser Möglichstes tun“, sagt Schulleiter Andreas Schmitz. Mit seinen Kollegen hat er einen ausgeklügelten Plan entworfen, damit die Hygieneregeln zur Eindämmung des Coronavirus eingehalten werden. Die 70 Kinder, aufgeteilt in sechs Lerngruppen, kommen zeitversetzt zu festgelegten Zeiten durch drei verschiedene Eingänge ins Gebäude. Mit rot-weißem Flatterband gekennzeichnete Gassen leiten sie zu ihren Klassen. Im Idealfall begegnen sie sich dabei nicht.

Keine Umarmungen für Clara, Luise und Marlene (v.l., Bild oben) von der GGS Heidkamp. Schulleiter Andreas Schmitz hat einen Plan erarbeitet, damit die Hygieneregeln eingehalten werden. Möbel wurden aussortiert und Wege zu den Klassen ausgewiesen.

Keine Umarmungen für Clara, Luise und Marlene (v.l., Bild oben) von der GGS Heidkamp. Schulleiter Andreas Schmitz hat einen Plan erarbeitet, damit die Hygieneregeln eingehalten werden. Möbel wurden aussortiert und Wege zu den Klassen ausgewiesen.

In den Klassenzimmern zeigen Klebemarkierungen auf dem Boden die Laufwege zu den Tischen an, damit der Mindestabstand jederzeit eingehalten werden kann. Elf Schüler pro Raum, das ist hier die Obergrenze. So kann jeder für sich lernen, auch wenn das „nicht zeitgemäß ist“, wie Schmitz sagt. Sonst war im Klassenraum alles auf Begegnung ausgerichtet, auf Kommunikation, auf Gruppenarbeit.

„Die Kinder müssen erst einmal emotional ankommen“

Lesen, Schreiben, Rechnen lernen soll erstmal nicht oberste Priorität haben. „Die Kinder müssen erst einmal emotional hier ankommen“, sagt Schmitz. Am ersten Tag reden die Pädagogen mit den Kindern, wie sie die vergangenen Wochen verbracht haben und besprechen mit ihnen, was in der Schule jetzt anders ist und warum. „Das Redebedürfnis war sehr groß“, erzählt Tenhonsel. Schule sei eben viel mehr als nur Deutsch und Mathe. Eben auch ein Ort des Miteinanders. Auch ihr als Lehrerin gehe das so. Die Rückkehr ihrer Schüler habe sie als „überwältigend“ empfunden.

Die Lehrer haben einen Plan erarbeitet, damit die Hygieneregeln eingehalten werden.

Die Lehrer haben einen Plan erarbeitet, damit die Hygieneregeln eingehalten werden.

„Die meisten Eltern freuen sich über den zweiten Schulstart in diesem Schuljahr“, erzählt Bettina Raschka-Erfeling, Vorsitzende der Elternpflegschaft. Da sind die, die Homeschooling für unpersönlich und abstrakt halten und die, die Angst haben, die Kinder könnten nicht genug lernen. Oder die, die Sonderurlaub nehmen mussten, um zu Hause bleiben zu können.

Eltern ärgern sich über kommunikatives Chaos

Andere wiederum sorgen sich aber auch um die Ansteckung, weiß Birgit Raschka-Erfeling. Denn welche Rolle Kinder bei der Übertragung des Coronavirus spielen ist ja noch gar nicht klar. Mutter Sandra Bott ärgert sich immer noch über das kommunikative Chaos, das das NRW-Kultusministerium in der vergangenen Woche angerichtet habe: „Das Hin und Her hat für viel Unsicherheit gesorgt.“ Sie freue sich jetzt aber für ihre Tochter, dass sie ihre Freundinnen wiedersehen könne.

Möbel wurden aussortiert und Wege zu den Klassen ausgewiesen.

Möbel wurden aussortiert und Wege zu den Klassen ausgewiesen.

Zum Glück gibt es in der Heidkamper Grundschule in jedem Klassenzimmer ein Waschbecken, das ist nicht in allen Schulen so. „Händewaschen, das war das erste, was wir gemacht haben. Das dauerte lange, bis alle dran waren“, berichtet Luisa. Die Maske, die die Zehnjährige morgens in ihren Ranzen gesteckt hatte, hat sie aber nicht aufgesetzt: „Wir konnten das selbst entscheiden“, sagt sie. Keiner von den anderen habe eine aufgehabt. Wirklich sehr schade sei, dass sie ihre Klassenlehrerin nicht wiedersehen werde. „Sie gehört zur Risikogruppe und kann deshalb nicht in die Schule kommen“, erzählt Luisa und klingt dabei schon sehr erwachsen.

Corona-Krise: Montag wird die Schule wieder voll

Ab Montag sollen dann auch die Kinder aus den anderen Jahrgängen zurück in die Grundschulen kommen. Das sei möglich , wenn auch „nur mit einem großen Kraftaufwand“, sagt Schulleiter Schmitz. Schichtbetrieb mit täglichem Wechsel zwischen Schulpräsenz und Fernunterricht zu Hause sei nötig.

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„Unsere räumlichen und personellen Kapazitäten sind dann absolut ausgeschöpft“, betont Schmitz. Für die Schulen sei dies eine absolute Mammutaufgabe. Bis dahin muss der Schulhof noch in drei getrennte Bereiche unterteilt werden. Ein Großteil der aus Platzgründen aussortierten Tische und Stühle stapelt sich bereits im Medienraum. Ein Möbelcontainer zur Lagerung ist bei der Stadtverwaltung bereits bestellt.

Schule im Corona-Modus. Das ist nicht nur eine Herausforderung, die Hygiene betreffend, sondern auch ein soziales Experiment. Die Nähe zu den Kindern soll hergestellt werden, obwohl gleichzeitig Distanz gefordert ist. Nach zwei Stunden ist für Luisa, Clara und Marlene schon wieder Schluss. Zumindest eins war aber so wie an Tagen in der Vor-Coronazeit: „Wir haben Hausaufgaben auf“, sagt Luisa.

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